Impeachment:"Die Republikaner und Trumps Basis stehen eisern hinter ihrem US-Präsidenten"

Lesezeit: 3 min

Donald Trump macht sich auf einer Wahlveranstaltung Anfang November über seinen möglichen Herausforderer Joe Biden lustig. (Foto: AP)

Die US-Historikerin Kathryn Olmsted sieht keine Chance, dass Donald Trump des Amtes enthoben wird. Und erklärt, warum der Vergleich mit Nixon so hinkt.

Interview von Thorsten Denkler, New York

Erstmals seit Beginn der Impeachment-Ermittlungen der Demokraten gegen US-Präsident Donald Trump werden Zeugen an diesem Mittwoch im US-Kongress öffentlich befragt. Die Demokraten werfen Trump vor, die ukrainische Regierung gedrängt zu haben, sich zu seinen Gunsten in den US-Wahlkampf einzumischen.

Die US-Historikerin Kathryn Olmsted hat sich intensiv mit der Watergate-Affäre (1972-1974) und dem Fall von Richard Nixon beschäftigt. Und daran anknüpfend das Buch "Real Enemies: Conspiracy Theories and American Democracy" geschrieben, das im Mai in einer Neuauflage herausgekommen ist. Olmsted unterrichtet an der University of California, Davis.

SZ: Frau Olmsted, Sie haben in der New York Times geschrieben, den Demokraten würde für ein Impeachment reichen, dass Trump den ukrainischen Präsidenten gebeten hat, gegen Joe Biden ermitteln zu lassen. Im Austausch für eine "sehr gute Behandlung". Und dann fragen Sie: "Was also brauchen die Demokraten noch?" Was ist Ihre Antwort?

Kathryn Olmsted: Um Trump loszuwerden, deutlich mehr. Das Transkript des Telefonates mit dem ukrainischen Präsidenten reicht sicher, um Trump im Repräsentantenhaus zu impeachen. Aber damit der Senat ihn letztlich des Amtes enthebt, dafür braucht es eine Zweidrittelmehrheit. Die Republikaner und Trumps Basis stehen eisern hinter ihrem US-Präsidenten. Ich kann mir im Moment keine Art von Fehlverhalten vorstellen, das zu einer Amtsenthebung von Trump führen würde.

Kathryn Olmsted ist Historikerin an der University of California. (Foto: privat)

Es geht also mehr um die öffentliche Meinung über Trump als um seine tatsächlichen Vergehen.

Völlig richtig. Impeachment ist in allererster Linie ein politischer Prozess. Die öffentliche Meinung spielt darin eine sehr wichtige Rolle.

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Die Abgeordneten scheinen sich sicher zu sein, genug Beweise gegen den US-Präsidenten in der Hand zu haben. Jetzt kommt es auf die Republikaner an.

Von Thorsten Denkler

Viele Menschen versuchen den Fall Trump mit dem Watergate-Skandal zu vergleichen, der zum Rücktritt von Nixon führte. Ein guter Vergleich?

Nur teilweise. Gemeinsam haben sie nachgewiesen mit klaren Beweisen, dass sowohl Trump als auch Nixon sich schwerer Vergehen schuldig gemacht haben. Der Unterschied aber ist, dass Nixon sich ein Image als ruhiger, fairer, rationaler Staatsmann und Präsident zugelegt hat. Das war seine Maske, die er sich in der Öffentlichkeit aufgesetzt hat. Als aber die Menschen die Abschriften seiner Telefonate und Gespräche im Weißen Haus gelesen haben, waren sie schockiert. Der private Nixon war ein völlig anderer Mensch als der öffentliche Nixon.

Und Trump?

Trump ist in aller Öffentlichkeit unhöflich, polternd, gemein, unfair. Das macht es schwerer für die Demokraten zu zeigen, dass er des Amtes enthoben gehört. Viele Leute sagen, na ja, das ist eben Trump, so wie er ist.

Nixon spielte eine Rolle. Trump ist nur Trump. Und Letzteres ist gefährlicher für die Demokratie?

Beides ist gefährlich für die Demokratie. Trump aber geht weit über alles hinaus, was wir von seinen Vorgängern kennen.

Trump hat sich diverse Verschwörungstheorien zu eigen gemacht, die er von der Ukraine untersuchen lassen wollte, um den Demokraten schaden. Joe Biden soll seinen Sohn vor Ermittlungen geschützt haben. Ukrainer sollen die US-Wahl 2016 beeinflusst haben. Und Russland soll genau das eben nicht getan haben. Alles Behauptungen. Ist es neu, dass ein US-Präsident solche Verschwörungstheorien aufgreift?

Ja. Und es sind nicht die ersten Verschwörungstheorien, die Trump vom Rand in den Mainstream geholt hat. Auch dass so viele Mainstream-Republikaner im Kongress heute Verschwörungstheorien als politisches Instrument einsetzen, ist eine neue Entwicklung in der US-Geschichte. Es ist nicht so, dass Verschwörungstheorien etwas Neues wären in den USA. Sie begleiten uns seit der Staatsgründung. Aber zum ersten Mal werden sie von Menschen in derart zentralen und mächtigen Rollen verbreitet und unterstützt.

Hat Nixon das nie gemacht?

Wir wissen, dass er im Privaten diversen Verschwörungstheorien anhing. Aber er hätte das nie öffentlich zugegeben.

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Von SZ-Autoren

Was denken Sie, glaubt Trump wirklich an diese Verschwörungstheorien? Oder ist das nur eine Taktik, weil er weiß, dass er damit seine Basis erreichen kann?

Das ist schwer zu sagen. Ich habe lange geglaubt, dass er sie nur als strategisches Mittel benutzt. Aber wenn ich sein Telefonat mit dem ukrainischen Präsidenten richtig deute, dann scheint er wirklich daran zu glauben.

Bizarr.

Das ist es.

Ist denn zumindest den Republikanern im Kongress nicht klar, wie gefährlich das für die Debattenkultur ist?

Offensichtlich nicht. Sie sehen das rein als strategischen Vorteil und ziehen ihren Nutzen daraus.

Was sagt das über den Zustand der Demokratie in den USA?

Ich bin besorgt, sehr besorgt. Wir sind auf einem gefährlichen Weg. Der Kongress wäre gut beraten, seine Chance zu nutzen, diesem Spuk ein Ende zu machen. Darum ist es richtig, dass die Demokraten dieses Impeachment anstreben, dass sie die Untersuchungen durchführen. Damit alle Beweise an die Öffentlichkeit kommen und sich die Amerikaner ein Bild von diesem Präsidenten machen können.

Trump wird impeached, aber sehr wahrscheinlich nicht im Senat für schuldig gesprochen und des Amtes enthoben. Ist das nicht am Ende ein Sieg für Trump?

Das glaube ich nicht. Kein Präsident will ein Impeachment-Verfahren über sich ergehen lassen. Auch Trump wird das Verfahren am Ende mehr schaden als nutzen.

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