Champions Hockey League:Keine Kleinigkeit

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Ob in der Champions League oder wie hier in der Deutschen Eishockey Liga: Justin Schütz, 19, ist zurzeit einer der auffälligsten Münchner Stürmer. (Foto: Markus Fischer)

München dreht in Minsk einen Rückstand und gewinnt 3:2. Auffälligster Mann ist dabei ein 19-Jähriger.

Von Christian Bernhard, Minsk/München

In Gesprächen mit Eishockeyspielern und Trainern fällt regelmäßig der Begriff "Kleinigkeiten": Man müsse sich auf diese konzentrieren. Sie machten den Unterschied aus. Auch Yannic Seidenberg griff am Dienstagabend darauf zurück. "Aufgrund von Kleinigkeiten" habe sein Team den Faden verloren, sagte der Verteidiger des EHC Red Bull München.

Justin Schütz machte in einer entscheidenden Szene im 1300 Kilometer entfernten Minsk gleich mehrere Kleinigkeiten richtig. Der 19 Jahre junge Angreifer des EHC blockte in Minute 34 erst einen Schuss im eigenen Drittel, flitzte dann allen davon und platzierte die Scheibe aus vollem Lauf gekonnt unter die Latte. Das Kopf-Tätscheln des wieder genesenen Philip Gogulla auf der Münchner Bank hatte er sich redlich verdient. Schütz' Treffer zum 1:2 war die Münchner Initialzündung im Achtelfinal-Hinspiel der Champions Hockey League (CHL) bei Yunost Minsk: Aus einem 0:2-Rückstand machte das Team von Trainer Don Jackson noch einen 3:2-Sieg. "So weit, so gut", sagte Jackson hinterher - viel mehr könne er vor dem Rückspiel nicht sagen. Die Ausgangsposition für die Partie am 20. November in München ist jedenfalls sehr gut, dem EHC würde bereits ein Unentschieden nach 60 Minuten zum Einzug ins Viertelfinal reichen.

"Wir mussten uns den Hintern aufarbeiten, um uns die Führung zu ergattern", sagt Jackson

In Minsk sah es einige Zeit alles andere als danach aus. Die Weißrussen überstanden eine frühe Münchner Druckphase und gingen dank zweier schneller, direkter Angriffe und den Toren von Yegor Gainetdinov (9.) und Ivan Drozdov (17.) mit 2:0 in Führung. Sie waren wie erwartet technisch und läuferisch stark und räumten vor ihrem Tor rigoros auf. Kurz vor Ende des Startdrittels lag die Scheibe zum dritten Mal im Münchner Tor, doch die Schiedsrichter nahmen den Treffer nach langem Videostudium zurück: Torhüter Danny aus den Birken sei behindert worden - eine vertretbare, aber knappe Entscheidung.

Jackson bemängelte die Arbeitsmoral bei seinem Team, das vom starken Yunost-Auftritt "etwas überrascht" gewesen sei. Deshalb wurde der Weißrussland-Trip zu einem harten Stück Arbeit: "Wir mussten uns den Hintern aufarbeiten, um uns die Führung zu ergattern." Aus den Birken, der in der laufenden CHL-Spielzeit überragende 96 Prozent aller Schüsse abgewehrt hat, war vor dem ersten Münchner Treffer mehrfach zur Stelle. Erst gegen Ende des Mitteldrittels schaffte es der EHC, die Weißrussen früher zu stören und sie so daran zu hindern, Tempo aufzunehmen. In dieser Phase ging der 19-jährige Schütz, der schon in den vergangenen Wochen mit seiner Spritzigkeit und Dynamik positiv aufgefallen war, voran: Erst verkürzte er auf 1:2, dann servierte er in Überzahl Trevor Parkes, dem wertvollsten Spieler der vergangenen CHL-Saison, die Scheibe zum 2:2 (42.). Schütz und Parkes führen nun mit jeweils drei Treffern die teaminterne Torjägerliste an. 120 Sekunden später markierte Yasin Ehliz nach Vorarbeit von Kapitän Patrick Hager mit einer wuchtigen Direktabnahme den 3:2-Siegtreffer.

Die erfolgreiche Aufholjagd war nicht die erste der Münchner. Immer wieder schaffen sie es, trotz Rückstand ruhig zu bleiben und an ihrem Plan festzuhalten. Frank Mauer erklärt diese Gabe so: "Wir lassen uns einfach nie aus der Ruhe bringen, erarbeiten uns Chance um Chance, machen immer weiter. Irgendwann brechen die meisten Mannschaften ein, das ist uns heute auch wieder gelungen." Der EHC habe das Selbstvertrauen, "jedes Spiel gewinnen zu können".

Das zeigte er in der Deutschen Eishockey Liga (DEL) auf beeindruckende Weise. 16 ihrer bisherigen 17 Partien gewannen die Münchner, der Vorsprung auf den Tabellenzweiten Straubing beträgt zwölf Punkte. Nach der Rückkehr am Mittwoch beginnt für den EHC am Donnerstagvormittag die Vorbereitung auf das erste DEL-Spiel nach der Deutschland-Cup-Pause. Am Freitag gastieren die siebtplatzierten Nürnberg Ice Tigers, die zuletzt dreimal in Serie verloren haben, in der Münchner Olympia-Eishalle (19.30 Uhr). Mauer würde es begrüßen, nicht erneut in Rückstand zu geraten, denn auf die fraglos vorhandenen Comeback-Qualitäten "dürfen wir uns natürlich nicht immer verlassen". Erfolgreiche Aufholjagden fallen schließlich nicht unter die Kategorie "Kleinigkeiten".

© SZ vom 14.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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