Pullach:Der Garten des schwarzen Steinmetzen

Der Höllriegelpark am Isarufer war lange in Vergessenheit geraten. Jetzt sind die Relikte der Skulpturen wieder zugänglich.

Von Michael Morosow, Pullach

Mitunter ist es angebracht, alten Fundstücken ihre Patina zu lassen, das Zeugnis ihres Alters. Im Jahr 2003 entdeckten Arbeiter, die nach einem Sturm das Waldstück am Isarufer ausholzen mussten, ein historisches Juwel, das ein ganzes Jahrhundert lang unbemerkt im Unterholz verborgen geblieben war: den Höllriegelpark, benannt nach seinem Schöpfer, dem Steinmetz Franz Höllriegel, der sich hier ein kleines Paradies eingerichtet hat, eines mit christlicher Prägung, wie es sich für einen frommen Kirchengänger ziemte. An diesem Donnerstag wird die Anlage um 11 Uhr offiziell von Bürgermeisterin Susanna Tausendfreund (Grüne) wiedereröffnet.

Auf dem Programm stehen Führungen mit dem Architekten Justus Thyroff vom örtlichen Agenda-Team, unter dessen Federführung der zerzauste Park wieder manierlich hergestellt worden ist, und von Landschaftsarchitektin Lea Zapf, die die Anlage, ihren Erbauer und dessen Vita vor Jahren zum Thema ihrer Diplomarbeit gewählt hat. Nicht zuletzt auf Grundlage ihrer Recherchen hat die Gemeinde zusammen mit dem Agendateam elf Informationstafeln entworfen, die viel Wissenswertes über den Steinmetz und seinen Märchenpark erzählen.

Die Besucher können nun auf schmalen Pfaden lustwandeln entlang der Relikte eines fast vergessenen englischen Landschaftsgartens aus der Mitte des 19. Jahrhunderts, denen ihre Patina belassen wurde. Kleine Instandsetzungen der Wege sowie die Befreiung einiger Denkmäler vom Bewuchs - mehr ist nicht getan worden. "Alles hat seinen ursprünglichen Charakter behalten", sagt Wolfgang Baumgartner vom Umweltamt. Die Gemeinde konnte dabei erst im Vorjahr loslegen, nachdem sie vom Kraftwerksbetreibers Uniper 55 Hektar am Isarhang gekauft hatte und so Besitzerin des Parks wurde.

Nicht mehr viele Relikte haben die Zeit überdauert, die Mariensäule etwa muss seit mehr als 70 Jahren ohne Maria auskommen, diese war im Zweiten Weltkrieg durch die Detonation einer Bombe in unmittelbarer Nähe umgeworfen und vollständig zerstört worden. Ein Andachtskreuz mit Betbank steht noch da wie einst, und worüber sich Franz Höllriegel, der am 11. Mai 1858 seine letzte Ruhestätte auf dem Alten südlichen Friedhof in München gefunden hat, wohl am meisten freuen würde: Die Kapelle, die er auf einem Vorsprung aus Nagelfluh im neugotischen Stil hatte errichten lassen, steht dort heute noch.

Am 2. September 1862 hatte er darin die Revierförsterstochter Theres Eichheim aus Wolfratshausen geheiratet. Bis ins Jahr 1949, so die Landschaftsarchitektin Zapf, sei am Todestag von Franz Höllriegel am 9. Mai mit einer Prozession zur Kapelle und einer Messe seiner gedacht worden. Dabei war 1980 in Erwägung gezogen worden, das bereits stark beschädigte Gebäude abzureißen. Schließlich aber kaufte die Gemeinde die Kapelle und ließ sie für 90 000 Mark renovieren. Von der sogenannten Bierhütte, der Terrasse oder dem Monopteros stehen heute Rudimente.

Wer sich auf die Spur von Franz Höllriegel begibt, begegnet den Königen Ludwig I. und Maximilian II. sowie großen Baumeistern wie Leo von Klenze, die das Können des Steinmetzen zu schätzen wussten. Der im Oktober 1794 geborene Handwerker machte in Stuttgart seinen Steinmetzmeister und wurde alsbald von dem bayerischen Innenminister Graf Maximilian Emanuel von Rechberg gefördert und dem Architekten Leo von Klenze empfohlen. So tragen unter anderem das Siegestor und die Glyptothek auch seine Handschrift, zumindest was die Materialwahl angeht.

Franz Höllriegel war im Wortsinn steinreich

Franz Höllriegel, so kann man in jedem Fall sagen, war steinreich. In Grundstücken, Gold und Gulden gemessen ohnehin, aber auch an damals für Prachtbauten verwendetem Material: König Ludwig I., der des öfteren zu Gast in Höllriegels Werkstatt gewesen sein soll, beschenkte den jungen Steinmetz zuerst mit einem Basaltsteinbruch im Donautal, später mit einen Steinbruch am linken Isarufer, womit die Grundlage für eine große unternehmerische Karriere geschaffen war. Aus seinen Steinbrüchen belieferte er Baustellen in München und Umgebung, auch die Grünwalder Brücke wurde mit dem Baumaterial des Steinmetzen errichtet, der in München aufgrund seiner Vorliebe für dunkle Gesteinsarten wie schwarzen Marmor, Granit und Basalt den Beinamen "Der schwarze Steinmetz" erhielt, wie Lea Zapf weiß.

Als Vorlage für seinen Park dienten ihm wohl Landschaftsgärten wie der Englische Garten in München, in dem die Natur als Erlebnis betrachtet wurde und der Mensch sich ihr anpasste. Der Höllriegelpark stellt dabei in den Augen von Zapf eine Besonderheit dar, "da er sich den natürlichen Lauf des Flusses als Gestaltungselement aneignete". Franz Höllriegel legte Wert auf Sichtachsen. Wenn also der geniale Steinmetz per mortem noch einen Wunsch äußern dürfte, wäre dies wohl die Wiederherstellung des freien Blicks auf die Grünwalder Burg und die damals im Bau befindliche Burg Schwaneck.

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