Konzertkritik:Harmonische Hausmusik

Konzertkritik: Der Bratschist Giovanni Menna und die Pianistin Serena Chillemi (von links) in Wolfratshausen. Nicht im Bild: Klarinettist Michele Carulli.

Der Bratschist Giovanni Menna und die Pianistin Serena Chillemi (von links) in Wolfratshausen. Nicht im Bild: Klarinettist Michele Carulli.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Das "Trio italiano" zelebriert im Foyer der Loisachhalle Kammermusik mit Werken für Klarinette, Bratsche und Klavier

Von Klaus Peter Volkmann, Wolfratshausen

Wenn Musiker sich in freundschaftlich-geselliger Runde zusammenfinden, ist neben Spaß das gemeinsame Musizieren vorprogrammiert. Das war schon vor über 200 Jahren so, als Mozart sich in Wien wiederholt mit Freunden zum vergnügten Kegeln und zum Musizieren traf - was zur Komposition seines berühmten "Kegelstatt-Trios" geführt haben soll. Nicht viel anders ist es heutzutage. Das hat sich am Donnerstag in der Loisachhalle gezeigt, wo sich als sich nämlich drei hochkarätige Musiker, die ihre Herkunft aus dem Süden Italiens verbindet, zu einem "Hausmusik-Abend" verabredet hatten - mit einem reizvoll gestalteten Programm, das von Nino Rota über Johannes Brahms bis zu Mozart und dem besagtem Kegelstatt-Trio reichte.

Der Begriff "Hausmusik" mag etwas aus der Mode gekommen sein - die Veranstaltung aber passte in dieses Genre. Man traf sich nicht im großen Saal, sondern im für wenige Besucher völlig ausreichenden, mit Couch, Tischen und Gastronomie ausgestatteten Foyer - in lockerer, intim-familiärer Atmosphäre. Das Programm lag nicht gedruckt vor, es wurde mündlich vorgestellt - und statt eines Konzertflügels stand der Pianistin - vielleicht wie oftmals zuhause - leider nur ein bescheidenes, für anspruchsvolle Musik begrenzt taugliches Klavier zur Verfügung.

Dass dieser bedauerliche Umstand den ansonsten äußerst positiven Hörgenuss des Publikums nicht über Gebühr trübte, hat sicher mit dem interessanten, die Neugierde weckenden Programm, der besonderen kammermusikalischen Besetzung des "Trio Italiano" und nicht zuletzt seiner eindrucksvollen Leistung zu tun. Mit dem Klarinettisten Michele Carulli, Dirigent des Symphonieorchesters Wilde Gungl in München - dazu dem Bratschisten Giovanni Menna, Mitglied des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks - und nicht zuletzt mit der renommierten Pianistin Serena Chillemi hatten sich drei Vollblutmusiker zusammengefunden, deren Zusammenspiel den inneren Gleichklang erkennen ließ, mit dem sie Musik empfinden und auf ihren Instrumenten auszudrücken vermögen.

Zu Beginn eine Sonate für Klarinette und Klavier von Nino Rota, dem berühmten Filmkomponisten des vergangenen Jahrhunderts - drei Sätze neoromantischer Musik, zunächst ruhig fließend und träumerisch, sodann mit dunkleren Klangfarben im zweiten Satz, schließlich unbeschwert und heiter mit virtuosen Figuren der Klarinette im dritten. Rotas eher "einfache" Musik bot die ideale Einstimmung auf zwei schwergewichtige Sonaten von Johannes Brahms. Beide Komponisten lassen in vergleichbarer, nahezu verwandter Weise Romantik in Melodien und Ausdruck erwarten - höchst unterschiedlich jedoch sind Expressivität und Reife der vorgetragenen Kompositionen. Brahms widmete seine beiden Sonaten für Klarinette und Klavier wenige Jahre vor seinem Tod dem namhaftesten Klarinettisten seiner Zeit - Richard Mühlfeld. Die vergleichbare Tonlage von Klarinette und Bratsche veranlasste ihn dazu, die Sonaten auch für Streichinstrumente einzurichten.

So war es naheliegend, jeweils eine Sonate mit einem der beiden Instrumente zu Gehör zu bringen. Mit sattem Klang, technisch makellos und ungeheuer expressiv in ruhig fließenden wie in den dramatischen Passagen der f-moll-Sonate faszinierte Giovanni Menna auf seiner Bratsche. Nicht minder eindrucksvoll die klangliche und dynamische Spannweite der Klarinette in der zweiten Brahms-Sonate in Es-Dur, von Michele Carulli souverän und mit voller Hingabe nahezu zelebriert.

Schließlich sind alle drei Musiker zum Abschluss noch gemeinsam zu hören - mit Mozarts berühmtem "Kegelstatt-Trio", das die Zuhörer zurückführt in die eher entspannte Welt der Hausmusik. Eingängigkeit und musikalische Raffinesse sind in diesem Genie-Streich genial miteinander verschränkt - und doch denkt man beim Zuhören eher an Mozart mit der Bratsche, daneben Anton Stadler, den befreundeten Soloklarinettisten der Hofkapelle, dem er sein unvergleichliches Klarinettenkonzert widmete - und erspürt, wie viel stille Übereinstimmung und Intimität im Dialog des gemeinsamen Musizierens zum Ausdruck kommen kann.

Der freundlich-engagierte Applaus der kleinen Zuhörer-Schar am Ende galt allen Mitgliedern des Ensembles - in besonderer Weise jedoch der Pianistin Serena Chillemi, die ihren Part als "Begleitung", mit teils extremen solistischen Herausforderungen, im gesamten Programm bravourös meisterte - trotz ihres ungeeigneten Instruments. Das Ensemble ist derzeit noch mehrfach im Raum München zu hören und zweifellos eine Empfehlung an alle Liebhaber der Kammermusik wert.

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