Stadtratsvorlage:Mehr Leihräder für München - allen Verlusten zum Trotz

Mietradsystem in München, 2018

Die Leihräder sind beliebt, allerdings haben die Stadtwerke für das Angebot bisher etwa 2,3 Millionen Euro draufgezahlt.

(Foto: Robert Haas)
  • Die Stadt will ihr Angebot an Leihrädern deutlich ausweiten. Sie plant, weitere 1200 Räder zu kaufen und 125 dazugehördende Stationen zu bauen.
  • Der Schwerpunkt des Ausbaus soll auf den Gebieten am Stadtrand liegen. Bisher arbeitet der Radverleih trotz vieler Nutzer nicht kostendeckend.
  • Die Pläne gehen aus einer Stadtratsvorlage hervor, die am Dienstag auf der Tagesordnung steht.

Von Heiner Effern

Die Stadt will ihr Angebot an Leihrädern und den dazugehörenden Stationen deutlich ausweiten. Geplant sind der Kauf von weiteren 1200 Rädern und der Bau von 125 Stationen. Die Kosten werden etwa fünf Millionen Euro betragen. Der Schwerpunkt des Ausbaus soll auf den Gebieten am Stadtrand liegen. Dort sollen 80 der 125 zusätzlichen Verleihpunkte errichtet werden.

Insgesamt würden die Stadtwerke als Betreiber dann über etwa 250 Stationen und 4400 Räder verfügen. Dazu will die Stadt über den Landkreis München hinaus Kooperationen mit dem Umland forcieren. Abgeblasen wird dafür aus Kostengründen die deutlich teurere Offensive bei Pedelecs und E-Lastenrädern. Das geht aus einer Stadtratsvorlage für den Wirtschaftsausschuss hervor, die am Dienstag auf der Tagesordnung steht.

Ursprünglich wollten die Stadtwerke ihre Marke MVG-Rad auch als Anbieter von E-Mobilität positionieren. 1200 Pedelecs und 200 Lastenräder mit Elektroantrieb standen auf der Wunschliste. Den Kauf hätte die Stadt auch mit 12,5 Millionen Euro übernommen, nicht jedoch die weiteren Kosten von 16 Millionen Euro für die Jahre 2020 bis 2024. Daher hätten die Stadtwerke "ihre Ausbauplanung revidiert" und würden nun eine Erweiterung mit konventionellen Rädern vorschlagen, heißt es in der Vorlage. Übrig blieben nur zehn Pedelecs, über deren Nutzung ein Pilotversuch nähere Erkenntnisse bringen soll.

Erst im Januar dieses Jahres war der Aufbau des MVG-Radverleihs mit der Inbetriebnahme der letzten Station abgeschlossen worden. Das Fazit fällt zweigeteilt aus: Mit der Annahme des Angebots sind die Stadtwerke zufrieden, mit den Finanzen nicht. Denn trotz der vielen Nutzer arbeitet der Radverleih nicht kostendeckend. Vom Start im Oktober 2015 bis September 2019 zahlten die Stadtwerke 2,3 Millionen Euro drauf.

Neben den Rädern und Verleihstationen schlagen die Computertechnik, Verwaltung und das Personal zu Buche. Viel Spielraum zum Sparen sehen die Stadtwerke offenbar nicht, das Verleihsystem sei "perspektivisch nicht eigenwirtschaftlich zu betreiben", schreibt das Referat für Arbeit und Wirtschaft in der Vorlage. Die Einnahmen würden die Erwartungen derzeit nicht erfüllen. Im kommenden Jahr müssten die Stadtwerke für die Verluste noch aufkommen, danach soll sie die Stadt übernehmen.

Dabei sehen die Stadtwerke die Zahl der Nutzer und der Leihen positiv. Etwa 160 000 Kunden haben seit Oktober 2015 mehr als 1 800 000 Fahrten absolviert. Die Tendenz ist weiter positiv, im Juni 2019 fuhren so viele Radler mit MVG-Material spazieren wie in keinem Monat zuvor. An den besten Tagen verzeichnet die MVG mehr als 7400 Ausleihen. Im Schnitt nutzen die Kunden die Räder zwischen 15 und 20 Minuten. Am liebsten wird dabei der Minutenpreis abgerechnet, aber auch der Preis von 12 Euro für einen ganzen Tag kommt laut Wirtschaftsreferat gut an. Stoßzeiten an den Verleihstationen sind die Zeiten von 7 bis 9 Uhr morgens und am frühen Abend zwischen 17 und 19 Uhr. Die Nutzer, vor allem Pendler und Studenten, schätzen zudem die in der Innenstadt angebotene Möglichkeit, ihr Rad einfach stehen zu lassen. Auch zehn Freiminuten für die Rückgabe an einer festen Station nützen da als Lockmittel wenig.

Das könnte beim Ausbau des Netzes in der gesamten Stadt zu einer Herausforderung werden. Denn dort müssen die Räder an MVG-Stationen auch wieder abgegeben werden. Momentan gibt es dort kaum welche, was zu einer geringen Akzeptanz führt. "Insbesondere die äußeren Stadtbezirke und Stadtrandgebiete sind aktuell noch so gut wie nicht durch MVG Rad erschlossen", heißt es in der Vorlage. Dort bleibe das Verleihgeschäft "weit unter seinen Möglichkeiten". Dieses soll mit 80 neuen Stationen außerhalb des bisherigen Geschäftsgebiets angestachelt werden. Davon erhoffen sich die Stadtwerke auch eine bessere Vernetzung der äußeren Viertel mit dem Landkreis München, der bereits in das städtische Verleih-System eingebunden ist. Ideen und unterschiedlich konkrete Pläne für eine Kooperation gibt es zudem in den Kreisen Starnberg, Fürstenfeldbruck, Dachau, Miesbach, Ebersberg und Freising.

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