AfD:Gedenkstein des Anstoßes

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Der bayerische AfD-Bundestagsabgeordnete Stephan Protschka finanziert ein Denkmal in Polen mit. Unter den Spendern auch: der Nachwuchs der rechtsextremen NPD.

Von Johann Osel, München

Für den Volkstrauertag hat sich der bayerische AfD-Politiker Stephan Protschka in diesem Jahr besonders engagiert. "Mir ist es eine Ehre, diesen Gedenkstein in Oberschlesien mit ermöglicht zu haben. Mögen wir nie vergessen", schreibt er auf Facebook - auf dem Friedhof im polnischen Bytom (deutsch: Beuthen) hat er einen Stein mitfinanziert, "zum Gedenken an die gefallenen deutschen Soldaten im 1. und 2. Weltkrieg, an die Selbstschutz- und Freikorpskämpfer und an die ermordeten und unterdrückten Ostdeutschen".

Initiiert hat das Denkmal die örtliche Jugendorganisation der deutschen Minderheit in Polen, BJDM. Protschka steht auf dem Stein an erster Stelle bei den Stiftern. Der Bundestagsabgeordnete aus Dingolfing ist ein Mann mit Gewicht, Chef der Niederbayern-AfD, die für Wahlerfolge bekannt ist, und er ist Bayerns Stimme im Bundesvorstand der Partei. Es folgen weitere Stifter: der Nachwuchs der Jungen Alternative aus Berlin, die vom Verfassungsschutz beobachtete Burschenschaft Markomannia Wien zu Deggendorf sowie Einzelpersonen. Mittendrin ist eine seltsame Leerzeile, sie ergibt keinen Sinn, der Stein wirkt lädiert. Inzwischen kursieren Bilder, auf denen die Zeile gefüllt ist: "Junge Nationalisten" (JN) steht da - die NPD-Jugend.

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Digital manipuliert habe Protschka das Bild, um seine Gesinnungsgenossen zu verschleiern, meinten Kritiker auf Facebook. Der AfD-Mann schrieb in einer ersten Reaktion, das Bild mit den JN sei "Fake", er fahre jederzeit mit jedem nach Polen, zwecks Lokalaugenschein. Auf Nachfrage verwies Protschka auf ein Statement der Jungen Alternative. Es gebe länger losen Kontakt zum BJDM, da dieser vom Bundesinnenministerium anerkannt werde, engagierte man sich - als man gebeten wurde, beim Stein zu helfen. Von anderen Sponsoren sei keine Rede gewesen, nach Fertigstellung habe man erkannt, dass der BJDM "unehrlich" war und auch die junge NPD einlud. So habe man rechtliche Schritte angekündigt, sollte der Stein nicht sofort geändert werden. Das habe der BJDM getan und die JN "zugespachtelt". Also keine Fotomontage. Er wolle nichts mit der NPD oder deren Jugendorganisation zu tun haben, sagte Protschka der Süddeutschen Zeitung, "kein Mensch braucht Sozialisten! Weder nationale noch internationale". Offiziell zieht die AfD an ihrem rechten Rand eine Grenze.

Das Verhältnis zur NPD ist aber brisant, nicht nur, weil der völkische AfD-"Flügel" rechtsradikale Sprachmuster übernimmt; sondern auch wegen belegter Kontakte. Im Mai hat ein damaliges Mitglied des AfD-Vorstands in Bayern gefordert, die Unvereinbarkeitsliste abzuschaffen, die Ex-NPDlern den Eintritt verwehrt. Im Landtag lösten Mitarbeiter mit NPD-Vergangenheit Zoff aus. Verfassungsschützer wissen bundesweit von Einzelkontakten zur NPD und auch von neurechten Sammelbecken, in denen etwa Jungalternative, JN und Identitäre aktiv sind.

Bei der jungen NPD erachtet man die Debatte und Protschkas Verhalten als "pietätlos". Man spende generell "aus Überzeugung", nicht aus Taktik. Und die Namenslöschung - Fotomontage? Weggespachtelt? Ein Funktionär deutet verschwörerisch an: Wer sich für den "Ist-Zustand" interessiere, dem könne ein Besuch am Friedhof überraschende Einsicht bringen.

Das Chaos perfekt macht am Dienstag der BJDM. Den Stein verantwortet demnach eine Einzelperson in Bytom mit Kontakten zur AfD - ohne Billigung des Vorstands der Organisation. Man habe erst in sozialen Medien "mit Entsetzen" überhaupt von dem Stein erfahren. Der BJDM sei "parteipolitischer Neutralität verpflichtet".

© SZ vom 20.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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