Vorschlag-Hammer:Die Welt, und wie man sie sehen kann

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Leonie Böhms Inszenierung von "Yung Faust" machte mich eher ratlos. Jetzt sind ihre "Räuberinnen" an den Kammerspielen zu erleben

Kolumne von Egbert Tholl

Um ehrlich zu sein: Als ich damals "Yung Faust" an den Münchner Kammerspielen sah, war ich eher ratlos, was die junge Regisseurin Leonie Böhm mit dem Abend eigentlich wollte. Später sah ich dann beim Eröffnungswochenende des Zürcher Schauspielhauses ihre Diplominszenierung "Kasimir und Karoline". Die machte zwar im Nachhinein den "Faust" nicht überzeugender für mich, aber auf einmal glaubte ich Böhms Interesse an alten Texten und ihre Radikalität im Aufspüren des jeweils einen Aspekts, der sie daran interessierte, verstanden zu haben. Jedenfalls sah man in Zürich unglaublich frei agierenden Schauspielern sehr gern zu. Nun hat Leonie Böhm wieder eine Premiere, Die Räuberinnen, frei nach Schiller und auf der Suche nach Freiheit, an den Kammerspielen und mit den aufsehenerregenden Damen dort (23. November).

Kaum hatte ich vor mehr als 20 Jahren den Aufbaustudiengang Kulturkritik an der Bayerischen Theaterakademie beendet, machte sich dessen Erfinder, Gründer und Leiter mit einer Idee selbständig. C. Bernd Sucher erfand seine Vortragsreihe der Leidenschaften, die seinen Namen tragen, Leidenschaften für Theater, Literatur, Oper und Stil. Am 20. November feiert Sucher nun Jubiläum mit 20 Jahre Suchers Welt, einem von ihm und Philipp Moschitz inszenierten Abend mit illustren Gästen und einer sicherlich geistreichen Reise durch die Welt von Theater, Film und Musik, so wie Sucher sie sieht. Ich war damals übrigens im allerersten Jahrgang dieses Studiengangs, bei dem ich viel lernte, auch und vor allem viel über gute Unterhaltung.

Und noch ein Termin, den sich niemand getrauen sollte zu verpassen, der es mag, wenn jemand Klavier spielt. Dies tut Marc-André Hamelin am Dienstag, 26. November, im Herkulessaal. Hamelin ist einer der bescheidensten und klügsten Pianisten überhaupt. Sein Programm, ein Sammelsurium aus Stücken von Skrjabin, Prokofjew und Enescu, wäre in eben seiner Sammelsuriumhaftigkeit eher etwas, was mich in die Flucht schlüge, wäre da nicht die Gewissheit, dass Hamelin dem Ganzen einen ungeheuren Sinn und Zusammenhang verleihen wird. Spielen kann er ohnehin makellos, bei ihm geht es längst um viel mehr als die Bewältigung für ihn lächerlicher, technischer Anforderungen.

Zum Herkulessaal kommt man ja verhältnismäßig leicht, wenn nicht gerade ein Gelöbnis im Hofgarten stattfindet oder der Nebel dort so dick ist, dass man den Eingang nicht mehr findet. Blöder ist da die Fahrt durchs herbstliche Niederbayern nach Passau. Dort hat gerade Kobie van Rensburg Donizettis "Maria Stuarda" inszeniert. Früher war er ein Sängerstar am Gärtnerplatztheater, heute muss man dorthin, wo er inszeniert.

© SZ vom 20.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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