Wellness:Was Detox-Tees wirklich bewirken

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Ein Tässchen Gutes zur Entgiftung? Stars verkünden, wie sie durch die Tees abgenommen haben. Eine Ärztin allerdings warnt vor der übermäßigen Einnahme.

Von Christina Berndt

Vergiftet fühlt man sich ja leicht in diesen Tagen. Feinstaub rieselt auf die Erde nieder, selbst in Eisbären werden Umweltchemikalien entdeckt, und Donald Trump hat auch schon wieder Twitter-Schwaden in die Atmosphäre entlassen. Den ganzen Dreck will man gerne loswerden - am liebsten mit einem Detox-Tee. Der ist inzwischen in zahlreichen Variationen mit lustigen Namen ein Bestseller, im Drogeriemarkt ebenso wie im Internet.

"Two Week Cleanse" versprechen die Produkte, "Kickstart your metabolism" oder, etwas bescheidener, "Get set for tomorrow". Die Message: Du musst nur einen Tee trinken - und schon kannst du dich von allem Bösen dieser Welt befreien, auch von deinen Plus-Pfunden. Denn die Tees verheißen mehr als nur Entgiftung: Abnehmen soll es quasi als Nebeneffekt der inneren Reinigung ganz ohne Leiden dazugeben. Das Versprechen wirkt auch deshalb, weil garantiert schlanke und total entgiftet wirkende Promis die Tees über Social Media bewerben. Stars wie Kylie Jenner, Lindsay Lohan oder Britney Spears verkünden, wie sie durch Detox-Tees abgenommen haben.

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Nun ist Tee quasi der Inbegriff gesunder Gemütlichkeit. Kann daran etwas falsch sein? "Die allermeisten dieser Tees enthalten Abführmittel", warnt die britische Ärztin Lauretta Ihonor. Deshalb erzielen sie häufig zunächst einen scheinbaren Erfolg: Der Körper verliert Flüssigkeit, der Bauch wird dünner. Aber nachhaltig ist das nicht - und auch nicht ungefährlich. In der Regel limitieren die Hersteller die Einnahme der Tees nicht. "Abführmittel sollte man aber nicht unbegrenzt einnehmen", warnt Ihonor - egal, ob es sich um synthetische Stoffe handelt oder um pflanzliche. Flüssigkeit und damit Elektrolyte zu verlieren, kann krank machen. In den USA wirft die Federal Trade Commission den Herstellern vor, Pseudowissenschaft unters Volk zu bringen und zu Essstörungen beizutragen.

"Übermäßiger Konsum kann sogar den Tod bedeuten"

Ihonor betrachtet vor allem ein Kraut kritisch, das in vielen Detox-Tees enthalten ist: die Pflanze Senna. Ihre Inhaltsstoffe reizen den Darm und wirken abführend. Das Kraut kann, wenn es länger als zwei Wochen eingenommen wird, zu extremer Dehydrierung und zu Schäden an Darm, Leber, Nieren, Herz und Muskeln führen. "Übermäßiger Konsum kann sogar den Tod bedeuten", schreibt Ihonor in einer Petition, die sie auf Change.org gestartet hat: Dort fordert sie die Hersteller von Detox-Tees wie "Flat Tummy Tea Cleanse" und "Happy Detox Tea" dazu auf, Senna nicht mehr zu verwenden.

Und wenn in den Tees keine problematischen Abführmittel wie Senna enthalten sind? Dann handelt es sich in der Regel "nicht um ein besonderes Wundermittel, sondern um gewöhnliche Kräuterteemischungen, die unter dem Namen Detox neu vermarktet werden", fasst die Verbraucherzentrale Bayern trocken zusammen. Der Körper braucht sowieso keine Entgiftungshilfsmittel. Schlacken, von denen man sich befreien müsste? Die gibt es gar nicht, erklärt die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen und betont: Der Körper kann Gifte wunderbar loswerden - dafür hat er hochfunktionale Detox-Organe wie Leber, Nieren, Darm und Lunge.

Denen kann man bei der Arbeit tatsächlich durch Kräutertees helfen (und auch einfach dadurch, dass man genug trinkt). Brennnessel, Pfefferminze und Löwenzahn unterstützen die Ausscheidungsorgane, das ist seit Jahrhunderten bekannt. Solche Tees kosten aber einen Bruchteil der angeblichen Detox-Produkte, die das Portemonnaie schon mal um 36 Euro für ein Zwei-Wochen-Paket erleichtern, selbst wenn nur Allerweltsprodukte wie Fenchel, Anis und Löwenzahn drin sind.

Erfinderin des Detox-Tees macht jährlich einen Millionen-Umsatz

Dass sie mit so einer alten Idee so viele Millionen scheffeln könnte, hat sich wohl nicht einmal die Erfinderin der Detox-Tees träumen lassen, die Australierin Gretta van Riel. Im Jahr 2012 hatte die damals 22-jährige Marketing-Assistentin ihr gesamtes Geld in eine Designerhandtasche investiert. Für den Rest des Monats hatte sie noch 24 Dollar übrig - da musste eine gute Idee her. Und die hieß: Tee! Schließlich weiß doch jeder, dass Tee gut ist.

So mischte Riel ein paar Zutaten in der Küche ihrer Mutter zusammen, nach einem Rezept, das sie online fand: Mate für Energie und Senna wegen der abführenden Wirkung. Sie bewarb ihren SkinnyMe Tea auf Instagram: Energy! Weight Loss! Cleansing! Wer das promotete, bekam ein paar Beutel umsonst. Einen Monat später machte SkinnyMe Tea bereits 1000 Dollar Umsatz am Tag. Heute sind es knapp 40 Millionen Dollar im Jahr, die Konkurrenz Flat Tummy erzielt ähnlich viel - trotz aller Warnungen. Das organisierte Versprechen lässt sich eben kaum wirksam bekämpfen, wenn die Botschaft so verführerisch ist: Einfach abnehmen und Tee trinken.

© SZ vom 23.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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