Vereine:Zwischen Geschäft und Gemeinnutz

Der Bundesfinanzhof zieht die steuerlichen Grenzen für Vereine erneut enger. Diesmal geht es um kommerzielle Aktivitäten von gemeinnützigen Vereinen. Das Urteil dürfte weitreichende Konsequenzen haben.

Der Bundesfinanzhof (BFH) schränkt die Grauzone zwischen Gemeinnutz und Kommerz im Vereinsleben weiter ein. In einem Urteil mit weitreichenden Folgen hat das höchste Finanzgericht entschieden, dass das Bistro einer gemeinnützigen Behindertenwerkstatt nicht automatisch Anspruch auf den ermäßigten Umsatzsteuersatz von sieben Prozent hat. Nun müssen viele gemeinnützige Einrichtungen prüfen, ob sie für die Umsätze ihrer Zweckbetriebe weiter den ermäßigten Steuersatz anwenden können.

Der BFH hat damit zum zweiten Mal in diesem Jahr die Grenzen der Gemeinnützigkeit enger gezogen. Im Frühjahr hatten die Richter dem Politnetzwerk Attac die Gemeinnützigkeit und die damit verbundenen Steuerprivilegien entzogen, weil Politik nicht als gemeinnützig eingestuft ist. Die am Donnerstag veröffentliche Entscheidung geht darüber nun weit hinaus: Das Urteil bezieht sich darauf, dass viele gemeinnützige Vereine gleichzeitig Nebengeschäfte betreiben, beispielsweise Läden oder Cafés. Gemeinnützige Vereine sind aber gegenüber gewinnorientiert arbeitenden Firmen steuerbegünstigt, außerdem erhalten sie in vielen Städten und Gemeinden weitere Vorteile, etwa Förderzuschüsse und günstige Kredite. In der Wirtschaft gibt es seit Jahren Kritik, dass Vereine so zunehmend in kommerzielle Bereiche vorstoßen und dabei von der öffentlichen Hand auch noch privilegiert werden. In den Finanzämtern gilt die Vereinsbesteuerung als unerfreuliche Materie, nicht zuletzt, weil eine klare Abgrenzung von steuerbegünstigtem Zweckbetrieb und rein kommerziellem Wirtschaftsbetrieb kaum möglich ist.

Im konkreten Fall betreibt die Behindertenwerkstatt seit 2007 ein Bistro und eine öffentliche Toilette. Dort arbeiteten laut Urteil auch behinderte Arbeitnehmer. Das Finanzamt sah das Lokal als rein wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, entsprechend verlangten die Steuerprüfer den üblichen Umsatzsteuersatz von 19 Prozent. Dagegen klagte die gemeinnützige Werkstatt, kassierte jedoch schon in der ersten Instanz vor dem Finanzgericht Berlin-Brandenburg eine Niederlage. Der 11. Senat des Bundesfinanzhofs sieht ebenfalls keine Grundlage dafür, dem Bistro eine Steuervergünstigung zu gewähren. Dennoch verwiesen die Münchner Richter den Fall zurück um zu prüfen, ob der ermäßigte Steuersatz aus anderen Gründen in Frage kommt.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: