Bezirkswahlen:Hongkongs Bürger senden ein wuchtiges Signal nach Peking

Ein siegreicher pro-demokratischer Kandidat diskutiert in Hongkong mit Polizeikräften. (Foto: REUTERS)

Die Menschen lassen sich in ungeahnter Zahl mobilisieren und entsenden zu 85 Prozent demokratisch gesinnte Bewerber in ihre Bezirksvertretungen. Der geballte Wählerwille ist eindringlicher als jeder Straßenprotest.

Kommentar von Stefan Kornelius

Was für eine wuchtige Botschaft: Hongkongs Bürger gehen wählen, sie lassen sich in ungeahnter Zahl mobilisieren, sie entsenden zu mehr als 85 Prozent demokratisch gesinnte Bewerber in ihre Bezirksvertretungen. Sie senden die stärkste Botschaft, die ein Demokrat senden kann: Jede Stimme zählt, der geballte Wählerwille ist eindringlicher als jeder Straßenprotest. Dem demokratiemüden Westen muss man dieses Ergebnis unter die Nase reiben. In existenzieller Not kämpft dieses Hongkong um seine Freiheit.

Freilich stellt sich die Frage, was dies alles nützt. Das Wahlergebnis gepaart mit dem exzessiven und auch gewaltsamen Widerstand der letzten Wochen wird China nicht bekehren. Der prinzipielle Systemkonflikt der Volksrepublik mit dem von ihr beanspruchten Territorium ist nicht aufzulösen. Genauso gilt: Wer Demokratie genossen hat, wird sich nicht zur Einparteienherrschaft bekehren lassen.

Hongkongs Bürger haben erst einmal Zeit gewonnen. Die für 2022 anstehende Wahl der neuen Führung der Sonderverwaltungszone durch ein wenig legitimiertes Gremium kann nach den alten Regeln nicht abgehalten werden. Für die Demokratiebewegung wäre nun der Zeitpunkt gekommen, ihrem Protest Form zu geben: durch Parteien und Strukturen. Die Basis dafür ist gelegt.

© SZ vom 26.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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Die Spaltung zwischen dem prochinesischen und dem prodemokratischen Lager in Hongkong ist tief wie nie. Die Gewalt der Polizei wird von Demonstranten als Rechtfertigung für Gegengewalt genutzt. Für eine Entspannung der Lage sei Kompromissbereitschaft und eine Rückkehr zu einer friedlichen Protestform nötig, kommentiert SZ-Autorin Lea Deuber.

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