Editorial:Liebe Leserinnen, liebe Leser, 

Sueddeutsche Zeitung chief editor Krach poses after an interview at Sueddeutsche Zeitung headquarters in Munich
(Foto: Michaela Rehle/Reuters)

die SZ-Redaktion wünscht Ihnen mit dieser digitalen Ausgabe des Jahresrückblicks gute, spannende und unterhaltsame Lektüre.

Von Wolfgang Krach

Selten ist zwischen der Aufdeckung eines politischen Skandals und dem Auseinanderbrechen einer Regierung so wenig Zeit verstrichen wie im Mai 2019, nämlich nur ein einziger Tag. Die Süddeutsche Zeitung und der Spiegel hatten ein Video veröffentlicht, das offenbar im Juli 2017 in einer Villa auf Ibiza heimlich aufgenommen wurde. Darauf ist zu sehen, wie der damalige FPÖ-Vorsitzende Heinz-Christian Strache und sein Vertrauter Johann Gudenus der angeblichen Nichte eines russischen Oligarchen staatliche Bauaufträge und andere Gegenleistungen in Aussicht stellen, wenn diese sie mit Millionenzahlungen finanziell unterstützt. Kurzum: Die beiden verhielten sich so, als seien sie käuflich. Einen Tag nach der Veröffentlichung trat Strache als österreichischer Vizekanzler zurück, kurz darauf kündigte Regierungschef Sebastian Kurz die Koalition seiner ÖVP mit der FPÖ auf. In diesem Jahresrückblick berichten unsere Investigativreporter, wie sie in den Besitz des Videos kamen und wie sie damit umgingen - natürlich wahren sie dabei den Quellenschutz.

Der Sturz Straches war, über Österreich hinaus, ein Menetekel für die Rechtspopulisten der westlichen Welt. Vielleicht sind sie allzu schnell allzu siegessicher gewesen. In Italien überreizte der Provokateur Matteo Salvini seine Karten, bei den Europawahlen schnitten die rechten Parteien bei Weitem nicht so gut ab, wie sie gehofft hatten. Und in den beiden wichtigsten Staaten, in denen Populisten an die Macht kamen, wuchs der Widerstand massiv: Der Brite Boris Johnson erlitt eine Niederlage nach der anderen, seine kühnen Brexit-Versprechungen konnte er nicht erfüllen. Er suchte sein Heil in Neuwahlen. In den USA bekam Donald Trump die Kraft der demokratischen Institutionen zu spüren, auch wenn ein Erfolg des gerade angelaufenen Impeachment-Verfahrens höchst ungewiss ist.

In Deutschland bestimmte 2019 der Klimawandel - das "Thema des Jahres" in diesem Magazin - die Debatten, bis hinein in die Familien. Viele junge Menschen kämpfen für einen lebenswerten Planeten, das kann eine Chance für uns alle sein. Auch jenseits der Politik befassen sich unsere Autorinnen und Autoren mit einer sich rasch verändernden Welt. Sie schildern, wie die Streaming-Serien den alten Fernsehabend beiseitedrängen und wie die KI voranschreitet, die künstliche Intelligenz - von vielen noch fast unbemerkt. Und im Sport galt es 2019, Abschied zu nehmen von einem der, in jeder Hinsicht, ganz Großen: Basketball-Superstar Dirk Nowitzki beendete seine Karriere, auf die wir im Magazin zurückblicken.

Der Jahresrückblick enthält, wie gewohnt, neu geschriebene Texte aus der SZ-Redaktion, Analysen, Kommentare und Interviews. Das Magazin 2019 gibt es gedruckt sowie, mit zusätzlichen Beiträgen, Fotos, Podcasts und Videos, als digitale Ausgabe in der Zeitungsapp für Smartphones und Tablets oder im Browser unter sz.de/2019. Digital wird das Magazin zum Jahresende aktualisiert. Die SZ-Redaktion wünscht Ihnen gute, spannende und unterhaltsame Lektüre.

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