Geretsried:Wege aus der Klimakrise

SPD und Grüne ergreifen im Stadtrat die Initiative: Geretsried soll sein neun Jahre altes Gutachten auswerten und erneuern. Solarenergie, öffentlicher Personennahverkehr, Radfahrer und Fußgänger sollen stärker gefördert werden

Von Felicitas Amler, Geretsried

Grüne und SPD wollen den Klimaschutz in Geretsried vorantreiben. Im Stadtrat stehen dazu an diesem Dienstag zwei Anträge auf der Agenda. Wenn es nach SPD-Sprecher Wolfgang Werner geht, werden diese zu einem Schwerpunkt zusammengefasst. Die SPD zielt auf eine Auswertung und Erneuerung des neun Jahre alten Klimaschutzkonzepts der Stadt; die Grünen haben einen Katalog konkreter Maßnahmen eingereicht, von der kommunalen Förderung der Photovoltaik oder Solarthermie bis zur Beratung von Bürgern.

Noch zu Zeiten von Bürgermeisterin Cornelia Irmer (Freie Wähler) hatte Geretsried vor neun Jahren ein 305 Seiten starkes Klimaschutzkonzept vorgelegt, aus dem hervorging, dass in der Stadt 220 000 Tonnen Kohlendioxid im Jahr ausgestoßen wurden. Auf dieser Grundlage hatte der Stadtrat beschlossen, bis 2020 die Emissionen des schädlichen Klimagases um 40 Prozent zu reduzieren. Damals wurden Geothermie, Wind, Photovoltaik und Solarthermie als Beiträge zur Energieversorgung der Zukunft erklärt. Dieser Plan wurde allerdings erheblich beschnitten, als sich vor zwei Jahren herausstellte, dass das Geothermie-Projekt der Enex in Gelting gescheitert war. Geretsried stehe vor einer neuen Ausgangssituation, mit der sich der Stadtrat in kommenden Sitzungen beschäftigen werde, kündigte Rathaussprecher Thomas Loibl im November 2017 an. Zahlen zur tatsächlich erreichten CO₂-Reduktion gab es nicht.

Geretsried: Durch Energieeinsparung lasse sich viel erreichen, sagt die Geretsrieder Energiemanagerin Roswitha Foißner. In Gelting hat sie dazu Anfang des Jahres Hausbesitzern eine Wärmebilduntersuchung angeboten, die Schwachstellen sichtbar macht.

Durch Energieeinsparung lasse sich viel erreichen, sagt die Geretsrieder Energiemanagerin Roswitha Foißner. In Gelting hat sie dazu Anfang des Jahres Hausbesitzern eine Wärmebilduntersuchung angeboten, die Schwachstellen sichtbar macht.

(Foto: Bürgerstiftung Energiewende Oberland/oh)

Derweil wollte die Stadt für ihre eigenen Einrichtungen Insellösungen verfolgen: die Entwicklung von kleineren Nahwärmeverbundnetzen an geeigneten Standorten. Ein Beispiel ist die bereits realisierte regenerative Wärmeversorgung über eine Hackschnitzelheizung mit Adalbert-Stifter-Mittelschule, Gymnasium und Realschule, Bücherei, Volkshochschule, Jugendzentrum und dem geplanten interkommunalen Hallenbad. Vor einem Jahr hat der Stadtrat außerdem beim Kompetenzzentrum der Energiewende Oberland (EKO) für 27 000 Euro einen Energienutzungsplan in Auftrag gegeben.

Die SPD-Fraktion verlangt nun eine Evaluierung des alten Klimaschutzkonzepts. Sie fragt, welche Maßnahmen umgesetzt wurden, und regt einen Prioritätenkatalog für weitere Schritte an. "Je nach Ergebnis der Evaluierung kann es (auch vor dem Hintergrund neu wachsender Herausforderungen) notwendig sein, ein neues Konzept in Auftrag zu geben", schreiben die Antragsteller Michael Lasidis und Hans Hopfner. Eine erneute Ausarbeitung soll ergebnisoffen sein, jedoch auch das Potenzial einer dezentralen Energiegewinnung und von Energieeinsparung aufzeigen.

Neue Hoffnung in Gelting

Das eigentliche Geothermie-Projekt der Enex Power Germany in Gelting ist vor zwei Jahren gescheitert. Jetzt aber hat das Unternehmen Aussicht auf ein neues gefördertes Forschungsprojekt am selben Standort. Enex-Geschäftsführer Robert Straubinger erklärt, wenn das Bundeswirtschaftsministerium den Förderantrag bewillige und die Untersuchungen erfolgversprechend seien, könnte Enex die Stadt Geretsried mit Wärme versorgen. Ein Kraftwerk hingegen sei unter den neuen Voraussetzungen nicht denkbar.

Die Stadt Geretsried sei bereits in die Pläne involviert, so Straubinger, denn er habe Anfang November bei einem Termin zur Energienutzungsplanung im Rathaus davon berichtet. Straubinger erklärt, es könnte die Möglichkeit bestehen, den Untergrund des Geltinger Geländes "als Wärmetauscher zu benutzen". Über ein U-Rohr könne man auf der einen Seite kaltes Wasser in den Untergrund pumpen und auf der anderen warmes herausholen. Dies rentiere sich aber nur, wenn die vielen Klüfte - Risse im Untergrund - genutzt würden. "Ein paar Tausend Kubikmeter Wasser" müssten es dazu schon sein, sagt der Enex-Sprecher. Und dazu wiederum sei eine Voraussetzung, dass man die Risse im Untergrund offenhalten kann, indem man Sand einbläst.

Er rechne damit, dass ein Forschungsprojekt - sollte es bewilligt werden, was frühestens im ersten Quartal 2020 zu erwarten sei - etwa zwei Jahre beansprucht. Und sollte es erfolgreich sein: "Dann wäre es wieder ein Potenzial für Wärme.

fam

Die Grünen Beate Paulerberg, Detlev Ringer und Umweltreferent Volker Witte werden in ihrem Antrag "Anerkennung der Klimakrise konkreter. Sie fordern ein jährliches Budget von 30 000 Euro, um Solaranlagen mit je 500 Euro zu fördern. Die Verwaltung soll dazu eine Förderrichtlinie erarbeiten. Der Antrag hebt aber auch darauf ab, dass neben der nachhaltigen Erzeugung von Energie deren Einsparung ein wichtiges Thema sei. Die Stadtverwaltung solle sich daher vermehrt auf die Beratung von Bürgern konzentrieren. "Gegebenenfalls ist hier eine entsprechende Verwaltungsstelle zu schaffen und zu besetzen", schreiben die Grünen.

Derzeit beschäftigt die Stadt eine Energiemanagerin, Roswitha Foißner. Dazu ist aktuell im Sektor Umwelt, den im Rathaus Inken Domany leitet, eine Assistenzstelle ausgeschrieben, wie Geschäftsleiterin Ute Raach kürzlich sagte.

Der Stadtrat, so die Grünen weiter, soll außerdem "seinen Einfluss auf die Stadtwerke nutzen, damit diese vermehrt über den Einsatz erneuerbarer Energien im Stadtgebiet nachdenken und auch entsprechende Konzepte vorlegen und durchführen (zum Beispiel Nahwärmenetze, PV-Freiflächenanlagen)". Die Stadt selbst soll bei künftigen Gebäuden auf Energieeffizienz achten.

In einem zweiten Punkt befassen sich die Grünen mit der Mobilität. Hier wird eine gezielte Förderung des öffentlichen Personennahverkehrs und von Radfahrern und Fußgängern gefordert.

Stadtrat Geretsried, Dienstag, 26. November, 17 Uhr, Rathaus, großer Sitzungssaal

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