Irak:Am Abgrund

Der Rücktritt des Premiers war überfällig, löst aber das Problem nicht.

Von Paul-Anton Krüger

Der irakische Premier Adil Abd al-Mahdi hat den längst überfälligen Schritt vollzogen und seinen Rücktritt angekündigt. Er trägt die politische Verantwortung für den Tod von mehr als 400 Demonstranten. Vor zwei Jahren, im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat, war der Irak für eine Zeit geeint durch den gemeinsamen Feind. Jetzt steht das Land am Rand eines Bürgerkriegs. Diesmal würden nicht Sunniten gegen Schiiten kämpfen, zumindest zu Beginn nicht. Es sind die verarmten Schiiten aus dem Süden, die aufbegehren gegen die von Schiiten kontrollierte Zentralregierung.

Wenn die Stämme, im Irak eine mächtige Kraft in der Balance der Macht, sich gezwungen sehen, in dem Konflikt Partei zu ergreifen, dann wird es schwierig, die Dynamik noch zu kontrollieren. Waffen gibt es im Irak im Überfluss. Extremisten werden dann versuchen, die Situation auszunutzen. Schon jetzt gibt es im benachbarten Syrien, aber auch im Irak besorgniserregende Anzeichen für ein Wiedererstarken des IS.

Zudem ist nicht erkennbar, dass Iran bereit ist, auf den wachsenden Einfluss und seine Pfründe im Irak zugunsten einer übergeordneten Aussicht auf Stabilität verzichten. Den berechtigten Forderungen der Demonstranten kann die Regierung nur gerecht werden, wenn sie den Klientelismus abschafft und Rechtsstaatlichkeit durchsetzt. Das ist ein Generationenprojekt. Und der Rücktritt des Premiers ist noch kein Schritt dahin, er schafft allenfalls eine kurze Atempause.

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