Mord an Daphne Caruana Galizia:Maltas Premier soll kurz vor Rücktritt stehen

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Proteste gegen die Regierung: Demonstrant hält in Valetta ein Poster mit den Bildern von Stabschef Keith Schembri, Premier Joseph Muscat, Wirtschaftsminister Christian Cardona und Tourismusminister Konrad Mizzi hoch. (Foto: AP)
  • Der Skandal um den Mord an der Enthüllungsjournalistin Daphne Caruana Galizia zieht in Malta immer weitere Kreise.
  • Nach Rücktritten von Ministern will nun auch Premierminister Joseph Muscat Medienberichten zufolge die Konsequenzen ziehen.
  • Auch wird die Anklage eines möglichen Drahtziehers des Anschlags erwartet.

Zwei Jahre nach der Ermordung der Journalistin Daphne Caruana Galizia hat der Fall die höchsten politschen Kreise erreicht: Maltas Premierminister Joseph Muscat steht Medienberichten zufolge vor dem Rücktritt. Eine entsprechende Ankündigung des 45-Jährigen stehe unmittelbar bevor, berichteten die Times of Malta und Malta Today unter Berufung auf ungenannte Quellen. Ein genauer Zeitpunkt wurde nicht genannt. Eine offizielle Bestätigung dafür gab es zunächst nicht.

Der Skandal um die Ermordung der Journalistin Daphne Caruana Galizia 2017 hatte zuvor bereits hochrangige Regierungsvertreter zum Rücktritt bewogen. Der 2013 ins Premierministeramt gewählte Muscat habe Präsident George Vella am Freitag besucht und soll ihn über seine Absichten informiert haben, berichtete die Times of Malta. Muscat werde sich demnach mit einer Fernsehansprache an die Nation wenden. Es werde erwartet, dass sein Nachfolger das Amt im Januar antreten werde. Ob im Falle eines Rücktritts der stellvertretende Premierminister Chris Fearne vorübergehend die Amtsgeschäfte übernehmen werde, sei nicht bekannt. Die regierende Labour-Partei wolle aber bis 18. Januar einen neuen Vorsitzenden wählen, hieß es am Samstag aus Quellen innerhalb der Partei.

Caruana Galizia war am 16. Oktober 2017 in ihrem Auto in die Luft gesprengt worden. Die damals 53-Jährige hatte unter anderem über Korruption bei Regierung und Geschäftsmännern auf Malta recherchiert. Drei Männer wurden festgenommen und angeklagt. Sie sollen den Sprengsatz gebaut und gezündet haben. Wer hinter ihnen steckte, ist bislang unklar.

Vor dem Hintergrund der Mordermittlungen war Keith Schembri, Muscats Stabschef, zu Beginn der Woche zurückgetreten. Dem Geschäftsmann Yorgen Fenech zufolge soll es Schembris Idee gewesen sein, die Journalistin umzubringen. Schembri wurde am Dienstag festgenommen, am Donnerstag aber wieder freigelassen: Die Polizei teilte am Abend mit, derzeit gehe sie nicht davon aus, dass Schembri weiter in Haft bleiben müsse. Gegen den Unternehmer Fenech wurde am Samstag hingegen vor Gericht in Valletta unter anderem die Mittäterschaft an dem Mord und Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen. Fenech weist die Schuld von sich.

Auch Tourismusminister Konrad Mizzi war zurückgetreten. Wirtschaftsminister Chris Cardona ließ mitteilen, dass er sein Amt ruhen lasse. Schembri, Mizzi und Cardona haben bisher bestritten, in den Fall verwickelt gewesen zu sein. Bisher wird ihnen nichts zur Last gelegt. Die Enthüllungsjournalistin hatte unter anderem Schembri und Mizzi bezichtigt, Schmiergelder von Fenech angenommen zu haben. Dabei ging es um den Bau eines Gaskraftwerks, an dem Fenech Anteile hält.

Der Mord an Caruana Galizia sorgt seit 2017 für große Empörung in Malta. Wütende Demonstranten waren in der vergangenen Woche wiederholt gegen die Regierung Muscats auf die Straße gegangen und hatten den Rücktritt des Premierministers gefordert. Sie werfen der Führung ihres Landes Korruption vor und verlangen Gerechtigkeit für Caruana Galizia.

Für kommenden Montag kündigte das Europaparlament die Entsendung einer Delegation nach Malta an. "Wir beabsichtigen, die aktuelle Lage in Malta und den Zustand der Rechtsstaatlichkeit mit Vertretern der Regierung, der Justiz, der ermittelnden Behörden, der Zivilgesellschaft ebenso wie mit Journalisten und der Familie der ermordeten Daphne Caruana Galizia zu diskutieren", teilte die niederländische Abgeordnete und Vorsitzende der Beobachtungsgruppe für Demokratie, Grundrechte und Rechtsstaatlichkeit, Sophie in't Veld, am Freitag der Deutschen Presse-Agentur mit. Alle Fraktionen hätten das Recht, eine Vertreterin oder einen Vertreter zu benennen.

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