Ein Anruf bei...:... Hugues Grimard, Bürgermeister, der Asbestos umbenennen will

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Ein Straßenschild in der kanadischen Provinz Quebec - bald soll es den Namen darauf nicht mehr geben. (Foto: imago stock&people/imago/ZUMA Press)

In der kanadischen Stadt befand sich einst die größte Asbestmine der Welt. Bürgermeister Hugues Grimard will nun das negative Image loswerden - und sucht nach einem neuen Ortsnamen.

Interview von Alan Cassidy, Washington

Die kanadische Stadt Asbestos hat einen Namen aus einer vergangenen Zeit: Einst stand dort die größte Asbestmine der Welt. Bürgermeister Hugues Grimard hat damit seine Schwierigkeiten.

SZ: Herr Grimard, was haben Sie gegen den Namen Ihrer Stadt?

Hugues Grimard: Er ist zu einem Problem geworden. Die Leute haben eine negative Wahrnehmung von Asbest. Und entsprechend haben sie auch eine negative Wahrnehmung von einem Ort, der so heißt. Deshalb wollen wir uns davon lösen.

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Verständlich.

In Asbestos wurde im 19. Jahrhundert Asbest abgebaut, die Stadt wurde deshalb gegründet. Wir hatten die größte Asbestmine der Welt. Und lange lebten wir davon ja gut. Aber die Zeiten haben sich geändert.

Asbest ist krebserregend. Selbst in Kanada ist der Stoff heute verboten.

Ja. Die Mine musste den Betrieb 2012 einstellen. Dort arbeitet heute niemand mehr.

Das war wahrscheinlich nicht leicht. Ihre Stadt hat 7000 Einwohner. Wo arbeiten die denn heute alle?

Wir haben unsere Wirtschaft diversifiziert und uns breiter aufgestellt. Wir haben einige Industriebetriebe und einen Schlachthof für Enten. Aber wir müssen noch mehr tun, wenn wir weiterkommen wollen. Und da wird unser Name zum Hindernis.

Hugues Grimard, 48, ist seit 2009 Bürgermeister von Asbestos. Vergangenen September wurde er für eine weitere Amtszeit wiedergewählt. An seiner Heimatstadt schätzt er nicht zuletzt die gute Lage zwischen Montreal und Quebec. (Foto: Francis Vacho/mauritius images)

Wie merken Sie das?

Wir hatten einige Anfragen von Firmen, die bereit waren, hier zu investieren. Aber sie sahen davon ab, weil sie nicht in Verbindung mit dem Wort Asbest gebracht werden wollen. Das sei schlecht fürs Image.

Das haben Ihnen diese Firmen so gesagt?

Ja. In der Provinz Quebec ist die Geschichte mit dem Namen nicht so schlimm, wir sprechen ja französisch, da heißt es "amiante". Aber für englischsprachige Investoren ist es ein Problem. Dabei wären wir für diese Firmen ein toller Ort, unsere Infrastruktur ist sehr gut, und wir haben gut ausgebildete Leute. Aber diese Sache mit dem Asbest werden wir einfach nicht los.

Aber verraten Sie nicht Ihre Geschichte, wenn Sie nun einfach so den Namen der Stadt ändern?

Wir sind sehr stolz auf unsere Geschichte. Wir hängen daran. Ich bin hier aufgewachsen, habe mein ganzes Leben in der Stadt verbracht, es ist ein wunderbarer Ort, auch mit der Mine. In der Schule sind wir da mit dem Fahrrad hindurch gefahren. Aber ich muss nun an die jüngere Generation denken. Es geht um ihre Perspektive. Wir brauchen eine neue Identität.

Und wie wollen Sie das nun anstellen?

Die Bürger sind eingeladen, Vorschläge für einen neuen Namen einzureichen. Wir gehen diesen Weg gemeinsam.

Gab es keine negativen Reaktionen?

Doch, die gab es auch. Aber ganz überraschend kommt der Schritt für die Leute nicht. Es gab schon in früheren Jahren Diskussionen, einen neuen Namen zu finden, besonders, nachdem die Mine schloss. Viele Leute verstehen, dass wir nach vorne blicken müssen.

Haben Sie schon Vorschläge für neue Namen erhalten?

Ja, einige. Die Entscheidung fällen wir aber erst nächstes Jahr.

© SZ vom 02.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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