USA:Impeachment zur Bescherung

Lesezeit: 3 min

  • Die US-Demokraten wollen unbedingt noch vor Weihnachten über eine Anklage gegen Präsident Trump abstimmen.
  • Zur Grundlage soll der Bericht der Opposition im Geheimdienstausschuss des Repräsentantenhauses werden.
  • Die Demokraten gelangen darin zum Schluss, dass Trump die Vollmachten seines Amtes missbrauchte und es dafür "überwältigende" Beweise gebe.

Von Alan Cassidy, Washington

Besinnlicher Advent? Nicht dieses Jahr, nicht auf dem Kapitolshügel. Die Demokraten haben im Impeachment-Verfahren gegen Donald Trump die nächste, hektische Phase eingeleitet, die sehr bald in konkreten Anklagepunkten gegen den US-Präsidenten enden soll. Die Grundlage bildet der 300-seitige Bericht, den der Geheimdienstausschuss des Repräsentantenhauses am Dienstag zu den Ermittlungen in der Ukraine-Affäre veröffentlichte.

Die Demokraten gelangen darin zum Schluss, dass Trump sein Amt missbraucht habe, indem er Druck auf die Ukraine ausübte, Ermittlungen gegen den demokratischen Präsidentschaftskandidaten Joe Biden aufzunehmen. Mit seinem "gravierenden Fehlverhalten" habe der Präsident auch die nationale Sicherheit der USA untergraben. "Die Impeachment-Ermittlungen haben überwältigende und unbestreitbare Beweise aufgedeckt, dass Präsident Trump die Vollmachten seines Amtes missbrauchte, um für seinen eigenen persönlichen, politischen Vorteil ein anderes Land zur Einmischung in unsere Wahl anzustiften", schrieb der demokratische Ausschussvorsitzende Adam Schiff am Dienstag auf Twitter.

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Die Demokraten haben den US-Präsidenten zur Teilnahme eingeladen - doch der lehnt ab. Die Untersuchung sei dem Präsidenten gegenüber nicht fair, befinden Trumps Anwälte.

Eingeflossen sind in den Bericht die Zeugenaussagen von ehemaligen und aktuellen Diplomaten und Regierungsvertretern ( den ganzen Text können Sie hier lesen). Das Weiße Haus wies die Schlussfolgerungen des Berichts umgehend zurück. Die Demokraten seien mit ihren Bemühungen, "jegliche Beweise für Fehlverhalten durch Präsident Trump zu finden, komplett gescheitert", erklärte Trumps Sprecherin Stephanie Grisham.

Der Bericht dient als Grundlage für die bereits an diesem Mittwoch stattfindenden weiteren Anhörungen im Justizausschuss. Es werden dort allerdings keine Zeugen mehr auftreten, die direkt an den Geschehnissen beteiligt waren, keine Diplomaten und Regierungsmitarbeiter also. Stattdessen hat der Justizausschuss vier Rechtsprofessoren eingeladen. Sie sollen über die verfassungsmäßige Grundlage für eine Amtsenthebung des Präsidenten sprechen, etwa was gemeint ist mit der Formulierung "Verrat, Bestechung oder andere schwere Verbrechen und Vergehen", welche die Verfassung als mögliche Gründe für ein Impeachment nennt.

Auch Trumps Anwälte hat der Justizausschuss eingeladen, um die Sicht des Präsidenten darzulegen. Das Weiße Haus wies die Einladung zurück. Trumps Rechtsvertreter Pat Cipollone teilte mit, man habe kein Interesse, an einer "akademischen Diskussion" teilzunehmen. Trumps Strategie ist es, die Impeachment-Untersuchung als rein parteipolitische Veranstaltung der Demokraten abzutun. Mit seiner Teilnahme, so das Kalkül im Weißen Haus, würde man das Verfahren nur legitimieren.

Trump muss sich vorläufig keine Sorgen machen

Und so überlässt Trump die inhaltliche Verteidigung den Republikanern im Kongress. Diese veröffentlichten am Montag einen eigenen Bericht zur Ukraine-Untersuchung. Er ist 123 Seiten lang, lässt sich aber mit einem Satz zusammenfassen: Trump hat nichts Falsches getan. Laut den Republikanern gab es wahlweise gar keinen Versuch Trumps, Militärhilfe an die Ukraine zurückzuhalten, um diese zu Ermittlungen zu bewegen - oder es gab zwar den Versuch, dieser war aber aufgrund der verbreiteten Korruption im Land gerechtfertigt.

Eine wachsende Zahl von Republikanern spricht inzwischen zudem über eine angebliche Einmischung durch die Ukraine in die Präsidentschaftswahl 2016, der Trump zu Recht auf den Grund gehen wollte. Für eine solche Einmischung gibt es keine Belege, und die Behauptung widerspricht auch den Untersuchungen der US-Geheimdienste und verschiedener Kongressausschüsse. Trump wird das nicht kümmern: Um mangelnden Rückhalt bei seiner Partei braucht er sich angesichts solcher Verrenkungen weiterhin keine Sorgen zu machen.

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Alexander Vindman hatte das brisante Telefongespräch des Präsidenten mitgehört und dazu vor dem Kongress ausgesagt. Der Offizier rechnete nach Trumps Freispruch mit seiner Entlassung Alles zum Amtsenthebungsverfahren im Newsblog.

Von SZ-Autoren

Unter den Demokraten im Justizausschuss läuft dagegen bereits eine Diskussion darüber, wie viele Anklagepunkte sie gegen den Präsidenten erarbeiten wollen. Einige Abgeordnete fordern, auch die Justizbehinderung Trumps zur Anklage zu bringen, die Sonderermittler Robert Mueller in seiner Russland-Untersuchung dokumentiert hatte. Dies hätte jedoch wohl ein längeres Verfahren zur Folge. Die Parteiführung um Nancy Pelosi tendiert deshalb dazu, das Impeachment auf die Ukraine-Affäre zu beschränken. Das hat auch damit zu tun, dass den Demokraten die Zeit davonläuft: Sie wollen im Repräsentantenhaus unbedingt noch im Dezember über eine Anklage gegen Trump abstimmen. Der Ausgang wäre aufgrund der demokratischen Mehrheit in der Kammer absehbar: ein Impeachment zu Weihnachten.

Grund für die Eile ist der demokratische Präsidentschaftswahlkampf, der im Januar in die entscheidende Phase geht. Dann also, wenn im von den Republikanern beherrschten Senat das Verfahren beginnen würde, das zu einer Verurteilung oder - viel wahrscheinlicher - zu einer Entlastung des Präsidenten führen könnte. Es ist eine Kollision, welche die Demokraten vermeiden wollen - wenn es dafür nicht schon zu spät ist.

© SZ vom 04.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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