Gesellschaft:Ernüchternd respektlos

Gesellschaft: Genießen unterschiedlich viel Respekt in der Gesellschaft: Polizisten, Ärzte, Feuerwehrleute

Genießen unterschiedlich viel Respekt in der Gesellschaft: Polizisten, Ärzte, Feuerwehrleute

  • Rettungssanitäter, Feuerwehrleute, Polizisten und andere Berufsgruppen sind Opfer von Pöbeleien und Angriffen.
  • Die Adenauer-Stiftung hat deshalb ermitteln lassen, wie groß der Respekt für einzelne Berufsgruppen ist - und ob die Wertschätzung gesunken ist.
  • Laut der Umfrage haben Politiker und Journalisten das geringste Ansehen. Auch Gewerkschafter, Lehrer, Pfarrer, Soldaten und Polizisten kommen nur auf niedrige Werte.

Von Robert Roßmann, Berlin

Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht über einen Angriff auf Rettungssanitäter, Feuerwehrleute oder Polizisten berichtet wird. Politiker werden wüst beschimpft - manche erhalten sogar Morddrohungen. Auch Lehrer, Ärzte, Journalisten oder Richter sind Opfer von Pöbeleien. Die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung wollte deshalb wissen, ob der Respekt gegenüber diesen Berufsgruppen tatsächlich gesunken ist. Sie hat eine Studie dazu in Auftrag gegeben, das Ergebnis liegt jetzt vor. Und die Resultate sind ernüchternd.

Das Institut Kantar hat in der repräsentativen Umfrage unter gut 1000 Wahlberechtigten danach gefragt, welche Berufsgruppen in der Gesellschaft "sehr viel", "viel", "etwas", "wenig" oder "sehr wenig" Respekt genießen. Außerdem wollten die Meinungsforscher wissen, ob diesen Berufsgruppen früher mehr oder weniger Anerkennung entgegengebracht wurde.

Das Resultat ist eine Rangliste des Ansehens. Ganz unten stehen die Politiker. Nur sieben Prozent der Befragten sagen, dass Politikern "sehr viel" Respekt entgegengebracht wird - weitere 18 Prozent, dass Politiker "viel" Anerkennung genießen. Die Journalisten schneiden mit sieben und 25 Prozent kaum besser ab. Auch Gewerkschafter, Lehrer, Pfarrer, Soldaten und Polizisten kommen - die Werte für "viel" und "sehr viel" Respekt zusammengenommen - nicht einmal auf 50 Prozent. Und sogar die Rettungskräfte liegen nur bei 57 Prozent. Ganz oben auf dieser Rangliste stehen Hausärzte, Professoren und Richter.

Dass die Meinungsforscher von den Befragten nicht wissen wollten, ob sie persönlich Respekt vor einer Berufsgruppe haben, sondern nur, ob es in der Gesellschaft Anerkennung für die jeweilige Gruppe gebe, lag daran, dass die Forscher einen verfälschenden Effekt vermeiden wollten: Wenn man Bürger fragt, "haben Sie persönlich Respekt vor Rettungskräften etc.?", antworten viele aus einem Gefühl gesellschaftlicher Erwünschtheit mit Ja - auch dann, wenn sie persönlich es anders sehen.

Interessant an der jetzt vorgelegten Studie ist auch der Blick auf die Veränderungen bei der Anerkennung der Berufsgruppen. Da Fragen, die sich auf eine Rückerinnerung an ein konkretes Datum beziehen, für die Befragten immer schwierig sind, wollten die Forscher nur allgemein wissen, ob die Berufsgruppen "früher" mehr, gleich viel oder weniger Respekt genossen haben. Dabei stellten sie erstaunliche Unterschiede fest.

Politiker schneiden bei AfD-Anhängern mit großem Abstand am schlechtesten ab

Am meisten eingebüßt haben die Lehrer. 42 Prozent der Befragten gaben an, Lehrer hätten früher mehr Anerkennung genossen, lediglich 14 Prozent sagten, der Respekt sei gestiegen. Im Saldo sind das minus 28 Prozent. Ähnlich schlecht steht es um die Hausärzte (minus 21 Prozent), die Polizisten (minus 18) und die Politiker (minus 17). Nur für eine einzige der abgefragten Berufsgruppen ermittelten die Forscher eine Verbesserung: die Gewerkschafter. Woran das liegen könnte, dazu gibt die Studie keine Auskunft. Es wurden nur Zahlen erfasst, aber keine Bewertungen vorgenommen.

Die Forscher haben dafür aber die Respekt-Einschätzungen auch nach Parteipräferenz erhoben. Und dabei zeigen sich erhebliche Unterschiede. Polizisten schneiden bei SPD-Anhängern am besten ab - und bei Bürgern mit Präferenz für die FDP am schlechtesten. Beim Respekt vor Unternehmern ist es genau umgekehrt. Richter kommen bei Grünen-Anhängern am besten weg, bei AfD-Anhängern am schlechtesten. Lehrer stehen bei SPD-Anhängern am höchsten im Kurs, unter FDP-Anhängern schneiden sie am schlechtesten ab. Journalisten wiederum bekommen von Bürgern mit Präferenz für die Linke oder die AfD die niedrigsten Bewertungen.

Und die Politiker? Die sind im Osten unbeliebter als im Westen. Sie werden von Frauen mehr geschätzt als von Männern. Und sie schneiden bei Bürgern mit Präferenz für die AfD mit großem Abstand am schlechtesten ab.

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