Sportwagen:Der Verstand sagt Cayman, das Herz sagt Supra

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Nach 17 Jahren hat Toyota wieder einen Sportwagen aufgelegt. Und schon beim Einsteigen zeigt sich: Das Warten hat sich gelohnt. Das wird auch im Vergleich zum Porsche Cayman deutlich.

Von Jan Schmidbauer

Geduld muss man schon haben als Anhänger dieser Auto-Ikone. Nicht, weil der Toyota Supra ein langsames Fahrzeug wäre. Das war er nie. Aber es hat 17 Jahre gedauert, bis die Japaner wieder einen Sportwagen auf den Markt gebracht haben, der diesen Namen trägt. Heute, wo bei vielen Herstellern ein Facelift das nächste jagt, ist das eine kleine Ewigkeit. Nun steht der Supra also in den Läden. Und es gibt die Gelegenheit, folgende Frage zu beantworten: Bekommt man mit ihm mehr Sportwagen fürs Geld? Mehr als beim Kauf eines Porsche 718 Cayman S, dem hochpreisigen Platzhirschen in dieser Autokategorie?

Was sich schon mal sagen lässt: Das lange Warten auf den Supra hat sich gelohnt. Das zeigt sich schon beim ersten Einsteigen. Im Innenraum ist deutlich zu spüren, dass Toyota dieses Auto mit BMW entwickelt hat (dort heißt das Auto Z 4). Bei der Menüführung, bei den vielen Knöpfen, ja sogar beim Zündschlüssel hat sich Toyota in bayerischen Regalen bedient.

Natürlich raubt das dem Supra etwas Eigenständigkeit. Dass man nicht in einem bayerischen Coupé sitzt, sondern in einem japanischen Auto, erkennt man höchstens noch am Toyota-Logo auf dem wulstigen Lenkrad. Allerdings hat die Kooperation mit BMW auch einen entscheidenden Vorteil: Der Innenraum überzeugt mit bewährter Verarbeitungsqualität und einer einfach zu bedienenden Technik.

Der neue Toyota Supra GR tritt an... (Foto: Toyota)

Wobei wir auch bei einer der wenigen Gemeinsamkeiten sind, die der Supra mit seinem Konkurrenten aus Stuttgart hat. Auch der Porsche erlaubt sich im Innenraum kaum Fehler, ist sogar noch hochwertiger verarbeitet und zudem etwas übersichtlicher. Abgesehen davon sind diese beiden Autos aber grundverschieden. Das erkennen auch Auto-Laien schon beim ersten Blick von außen: Während der Supra mit seiner verspielten Linienführung und Merkmalen wie dem Formel-1-artigen Heck-Diffusor geradezu nach Aufmerksamkeit schreit, kommt der Porsche für einen Sportwagen fast schon bieder daher, besonders in der grauen Testwagenfarbe.

Noch gravierender sind die Unterschiede beim Antrieb. Die Leistung fällt mit 350 PS (Porsche) und 340 PS (Toyota) zwar nahezu identisch aus, ebenso die Beschleunigungswerte von 4,4 Sekunden (Porsche) und 4,3 Sekunden (Toyota) bis Tempo 100. Im Cayman kommt die Kraft jedoch aus einem Boxer-Mittelmotor mit nur vier Zylindern. Im Supra arbeitet dagegen ein Sechszylinder-Frontmotor, der ebenfalls aus dem BMW-Regal kommt.

Im Kapitel Antrieb spielt der Supra seine wohl größte Stärke aus. Sechs Zylinder klingen besser als vier Zylinder, an dieser Tatsache scheinen auch die besten Sounddesigner nicht rütteln zu können. Zwar überzeugt der Porsche mit seinem straffen Fahrwerk und einer ultrapräzisen Lenkung, wie man sie schon aus dem großen Bruder 911 kennt. Ein beherzter Tritt aufs Cayman-Gaspedal lässt einen Teil der Begeisterung aber schnell verpuffen. Wie ein Sportwagen klingt dieses Auto nicht.

...gegen den Porsche Cayman 718. (Foto: Porsche)

Der Cayman röchelt nicht so schön wie der 911. Er dröhnt blechern vor sich hin. Auch in höheren Drehzahlbereichen ändert sich daran nicht viel. Natürlich ist der Wechsel von sechs auf vier Zylinder zeitgemäß. Er ist ein Tribut an die immer strengeren Verbrauchsvorschriften - Stichwort Downsizing. Schade ist es aber schon.

Im Supra herrscht dagegen eine beeindruckende Klangkulisse - wenn man es mal schneller angehen kann. Der 340-PS-Motor, der ebenfalls von BMW kommt, ist bei zahmer Gangart noch zurückhaltend, dreht dann aber kernig hoch. Auch die Automatik verdirbt die Freude daran nicht. Der Motor harmoniert perfekt mit der schnell schaltenden Achtgang-Box, die man ebenfalls aus BMW-Modellen kennt. Süddeutsche Technik im japanischen Gewand - das hat schon was.

Ganz nüchtern betrachtet muss man aber auch festhalten, dass der Porsche der ausgereiftere Sportwagen ist. Gäbe es ein Klassenzimmer für Autos, der Porsche wäre wohl der Streber, der Toyota eher der Sprücheklopfer. Der Cayman hat - auch dank des mittig platzierten Motors - einen viel höheren Grenzbereich. Im Toyota reicht es schon, eine Auffahrt etwas zu schnell anzugehen. Schon beginnt das Heck zu wedeln und die Fahrhilfen teilen einem mit: So nicht! Den Porsche bringt man dagegen nur mutwillig aus der Ruhe. Der Cayman ist kühler, nüchterner, vielleicht auch etwas langweiliger als der Supra. Aber es ist schon beeindruckend, wie schnell man dieses Auto bewegen kann, ohne schwitzige Hände zu bekommen.

So viel Perfektion muss man sich aber leisten können. Der Porsche kostet (mit Automatikgetriebe) fast 71 000 Euro. Der Toyota startet bei knapp 63 000 Euro und lässt sich für vergleichsweise kleines Geld ziemlich gut ausstatten. Für nur 2000 Euro Aufpreis gibt es ein sogenanntes Premiumpaket, inklusive Head-up-Display, Soundsystem und Ledersportsitzen. Setzt man bei Porsche all diese Kreuze in der Ausstattungsliste, wird es schnell richtig teuer. Immerhin dürfte der wohl höhere Wiederverkaufswert das Gewissen von Porsche-Interessenten beruhigen. Bleibt also als Fazit: Der Verstand mag für den Cayman sprechen - er ist technisch nahezu perfekt, wertstabil, zeitlos schön. Das Herz sagt indes Supra. Er ist nicht perfekt, aber - vor allem wegen seines Motors - aufregender.

© SZ vom 14.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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