Saudi-Arabien:EU kooperiert wieder mit Riad

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Die Flagge der Europäischen Union vor dem Sitz der EU-Kommission in Brüssel. (Foto: REUTERS)
  • Saudi-Arabien und die EU planen in der Bekämpfung des Extremismus wohl eine engere Zusammenarbeit.
  • Saudi-Arabien wolle "für eine größere Transparenz der Finanzströme" sorgen, heißt es in einem vertraulichen Papier.
  • Die Zusammenarbeit der EU mit dem Königreich war vor einem Jahr aus Protest gegen den Mord an dem saudischen Journalisten Khashoggi im saudischen Konsulat in Istanbul eingeschränkt worden.

Von Georg Mascolo und Ronen Steinke, Berlin

Zwischen Saudi-Arabien und der EU bahnt sich eine engere Zusammenarbeit in der Bekämpfung des Extremismus an. Nach Informationen von Süddeutscher Zeitung, NDR und WDR sind die europäischen Mitgliedstaaten von Gilles de Kerchove, dem EU-Koordinator für Terrorismusbekämpfung, unterrichtet worden, dass man einen stärkeren Austausch beginnen wolle. Saudische Behörden sollen "auf höchster Ebene" zugesagt haben, jährlich mit ihren EU-Partnern Konsultationen "über extremistisches Material" zu führen, damit gemeint sei vor allem Propagandamaterial, das aus dem Golfstaat nach Europa komme, aber auch radikale Lehrpläne für islamische Studien, "über Satellit oder Kabel übertragenen Fernsehsendungen aus Saudi-Arabien" oder Zuschüsse für radikale Prediger.

Saudi-Arabien wolle "für eine größere Transparenz der Finanzströme" sorgen, heißt es in einem vertraulichen Papier, das Ende November an die Mitgliedstaaten verschickt worden ist. Diese Offerte wolle die EU annehmen, nachdem die Zusammenarbeit mit dem Königreich vor einem Jahr aus Protest gegen den Mord an dem saudischen Journalisten Jamal Khashoggi im saudischen Konsulat in Istanbul eingeschränkt worden war. Formal muss der Rat der EU dem Vorhaben noch zustimmen, dies gilt aber als sicher. In der Bundesregierung heißt es, dass man die Offenheit Saudi-Arabiens begrüße.

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Im Hinblick auf die Finanzierung islamistischer Strukturen in Europa schreibt Kerchove: "Einer Reihe von Mitgliedstaaten ist es nicht gelungen, sich mit Saudi-Arabien über eine höhere Transparenz der Finanzströme zu einigen. Die Anstrengungen der EU in diesem Zusammenhang tragen möglicherweise dazu bei, aus dieser Sackgasse herauszukommen." Auch in Deutschland haben Sicherheitsbehörden in den vergangenen Jahren beobachtet, wie die salafistische Ideologie auch mit Geld aus Saudi-Arabien gefördert wurde. Offizielle saudische Stellen wiesen jedoch stets eine Verantwortung von sich. Die Spenden stammten von privaten Stiftungen, der Staat Saudi-Arabien habe auf sie keinen Einfluss.

Schon 2016 legten Verfassungsschutz und Bundesnachrichtendienst einen ersten Bericht vor, der bis hinauf ins Kanzleramt ging. Namen von Stiftungen auch aus Kuwait und Katar fanden sich darin, "salafistische Missionierungsorganisationen aus den Golfstaaten vernetzen sich zunehmend mit Salafisten in Europa und Deutschland", hieß es in dem Geheimdienstpapier. Eines der Beispiele betraf die in den USA wegen angeblicher Terror-Unterstützung verbotene "Revival of Islamic Heritage Society" aus Kuwait. Sie hatte im baden-württembergischen Fellbach-Oeffingen versucht, ein salafistisches Zentrum zu errichten, laut Verfassungsschutz "Teil eines Strategieplanes zur Missionierung Süddeutschlands". Seither haben Verfassungsschutz und BND eine gemeinsame Arbeitsgruppe eingerichtet, um diese saudischen Aktivitäten zu beobachten.

In dem aktuellen EU-Papier nun weist der Terrorismusbekämpfer Kerchove darauf hin, "dass in den vergangenen Jahrzehnten die extremistische islamistische Ideologie weltweit unter den muslimischen Bevölkerungsgruppen - auch in Europa - aktiv beworben wurde, mit Finanzmitteln aus der Golfregion und durch von dort betriebene Missionierung, auch aus privaten Quellen." Besonders geht es offenbar um Stipendien des Golfstaates, die sich speziell an europäische Prediger richten. Dies gebe, so die Einschätzung der EU-Experten, "Anlass zu Bedenken", denn damit wolle Saudi-Arabien "möglicherweise die weltweite Verbreitung extremistischer Ideologie fördern".

© SZ vom 13.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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