Hörenswert:Es ist ein "H" entsprungen

Die Indietronic-Band "Rhytm Police" präsentiert sich in neuer Gestalt

Von Martin Pfnür

Eigentlich war der Plan ein ganz anderer. Ein neues Album ihres lange stillgelegten Indietronic-Projekts Rhytm Police wollten Leo Hopfinger und Tom Simonetti zusammen mit Albert Pöschl in dessen Giesinger Gartenhaus-Studio aufnehmen, es wäre das erste seit sieben Jahren geworden. Tja, wäre. Denn dann ist, so Pöschl, der als musikalischer Allrounder seit Jahren das feine Münchner Underground-Label "Echokammer" am Laufen hält, "bei den Sessions so einiges positiv aus dem Ruder gelaufen, so dass sich die Aufnahmen verselbstständigten, und es sinnvoll erschien, eine neue Band dafür zu gründen".

Und was läge da näher, als ebendieser Band einen Namen zu geben, der einerseits implizit auf die gute alte Rhytm Police verweist, andererseits aber auch einen neuen musikalischen Horizont eröffnet. Was läge also näher, ihr genau jenen Buchstaben zu verpassen, der bei Rhytm Police einst als eine Art Hommage an den bewusst stehengelassenen Fehler hinter dem "T" herausgepurzelt ist, und nun in musikalischer Hinsicht wahlweise für Hypnose, Halluzinogene oder den LSD-Entdecker Albert Hofmann stehen könnte. Kurzum: Was läge näher, als diese Band ganz einfach völlig ungoogelbar "H" zu nennen.

Kalle Singer

Experten in Sachen Groove: Albert Pöschl, Leo Hopfinger und Tom Simonetti (von links) haben als "H" zu einem neuen Sound gefunden.

(Foto: Kalle Singer)

Neun Songs versammeln die drei auf ihrem Debütalbum selben Namens, das selbstredend via "Echokammer" erschienen ist. Es sind allesamt furios vertrippte, verzirpte und verklöppelte Nummern, die einen zwischen krautrockiger Repetition und elektronischer Frickelei auf gekonnte Weise in die Trance schicken. Da ist etwa der Opener "Vitamin", der bei ihnen als Referenz auf den vielleicht bekanntesten Song der heiligen Kölner Großavantgardisten Can ("Vitamin C") zwar ohne "C" am Ende auskommt, mit seinem verspulten perkussiven Kling-Klang, seinen gurrendem Käuzchen-Synthies und seinen stoisch zirkulierenden Drums jedoch in ähnlich entgrenzenden Sphären unterwegs ist.

Da ist der elastisch vom E-Bass angeschobene Anti-Heimatsound-Song "Alpensee", der von Hopfinger mit einem herrlich sinnentleerten Zweckreim und einem unterkühlt in den Takt gesprochenen "Mei, is des schee" als Ort gepriesen wird, an dem die Luft okay ist. Und da ist das lässig in den Hallraum geschickte "Nebenan zieht's", das einerseits eine Affinität fürs Dubbige durchscheinen lässt, die Hopfinger auch in seiner Solo-Inkarnation als LeRoy pflegt, vor allem aber auf verschleppte Weise genau das zum Tragen kommen lässt, was auch dieses selten verstrahlte Album so hörenswert macht: seine immer wieder anders zusammengesponnenen, kaum je abreißen wollenden und mitunter ausgesprochen tanzbaren Grooves.

Grooves also, die sich mal in fast schwermetallischer Psychedelik voranwuchten ("Am Zug"); Grooves, die sich mal ganz entschleunigt zwischen einer hübsch gleißenden Bass-Figur und einem vielteiligen Percussion-Dickicht entfalten ("w ist f mal s"); und schließlich Grooves, die eine derartige Spannung und Energie aufbauen ("Internationaler Tiefbau"), dass man auf ihre fulminante Entladung beim intimen Live-Auftritt im Plattenladen "Optimal" höchst gespannt sein darf.

H, Samstag, 21. Dezember, 20 Uhr, Optimal Records, Kolosseumstraße 6

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