Neuried/Planegg:Auf der langen Bank

Stadtrat vertagt erneut die Entscheidung darüber, ob auf dem Areal der Heiliggeistspital-Stiftung im Forst Kasten weiter Kies abgebaut werden darf

Von Johannes Korsche, Neuried/Planegg

Wie es mit dem Kiesabbau im Forst Kasten weitergeht, ist nach wie vor offen. Der Stadtrat vertagte am späten Mittwochabend diese Entscheidung nichtöffentlich erneut. Das geht auf einen Antrag der CSU-Fraktion zurück, die "das derzeit laufende Vergabeverfahren zum Kiesabbau von der Regierung von Oberbayern überprüft" haben will, berichtet Hedwig Thomalla vom Sozialreferat. "Eine Vergabe soll erst nach Vorliegen dieser Prüfergebnisse erfolgen." Hintergrund ist, dass sich einige Stadträte wohl vorstellen könnten, die laufende Ausschreibung wieder zurückzuziehen, so hört man hinter vorgehaltener Hand aus dem Gremium. Wenn es so kommt, könnten allerdings Schadensersatzansprüche der sich für den Abbau bewerbenden Unternehmen entstehen. Die Regierung von Oberbayern will zu dieser vergaberechtlichen Prüfung "zum jetzigen Zeitpunkt" keine Auskünfte geben.

Dass sich die Münchner Stadträte überhaupt mit dem Kiesabbau im Würmtaler Forst Kasten befassen, liegt an dem Eigentümer der Abbaufläche: die Heiliggeistspital-Stiftung. Die wird von der Stadt verwaltet und vertreten. Stiftungszweck ist der Betrieb des Altenheims Heilig Geist im Münchner Stadtteil Gern, dafür bewirtschaftet sie ihre Flächen im Würmtaler Wald. Insgesamt gehören der Heiliggeistspital-Stiftung dort 840 Hektar Grund, davon sind etwa 45 Hektar als sogenanntes Vorranggebiet ausgewiesen. Dort genießt der Kiesabbau, der Name sagt es schon, "Vorrang" gegenüber anderen Nutzungen.

Kieswerk "Glück" in Gräfelfing, 2019

Wie das Band der Kieswerke Glück bringt auch die Debatte um den Kiesabbau im Forst Kasten immer wieder Neues zu Tage.

(Foto: Catherina Hess)

Das soll die regionale Versorgung mit Bodenschätzen sicherstellen und führt dazu, dass beispielsweise Gemeinden wie Neuried oder Planegg nur bedingt Einfluss auf den Genehmigungsprozess nehmen können. So darf ein Unternehmen auch dann Kies fördern, wenn sich die örtliche Gemeinde dagegen ausspricht. Die derzeit ausgeschriebene Fläche von 9,5 Hektar liegt in eben so einem Vorranggebiet, je zur Hälfte auf Neurieder und Planegger Flur.

Die Aussicht auf eine weitere Förderfläche hatte im Sommer vehementen Protest in der Nachbarschaft nach sich gezogen. Bürgerinitiativen demonstrierten und hielten Mahnwachen ab. Außerdem sammelten sie nach eigenen Angaben mehr als 14 000 Unterschriften gegen den Kiesabbau. Sie verwiesen von Anfang an auf den in ihren Augen schützenswerten Wald sowie die Lärm- und Schadstoffbelastung, die der zusätzliche Lasterverkehr nach sich ziehen werde. Die Hoffnung der Kiesgegner war und ist, dass die Ausschreibung auf politischen Weg wieder zurückgezogen wird - und anschließend der Kiesabbau gänzlich vom Tisch ist. Katrin Koller von "Wald Neuried erhalten" zeigt sich daher "enttäuscht", dass die Abbaupläne nicht angelehnt wurden.

Nur damit könnten Schadensersatzansprüche erstehen. Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) hatte das bereits im Sommer anklingen lassen. Das "Vergabeverfahren läuft bereits und kann rechtlich nicht mehr ohne große Risiken hinsichtlich etwaiger Schadensersatzansprüchen beendet werden", teilte er damals mit. Das Vergabeverfahren sei zudem "juristisch von Seiten der Stiftungsverwaltung, des Kommunalreferats und des Direktoriums geprüft und von Beginn an durch einen externen Vergaberechtsanwalt begleitet" worden, sagt Thomalla. Auch die SPD-Fraktion teilt die Zweifel am Vergabeverfahren nicht. Es sei zudem keine politische Entscheidung, welche Firma letztlich den Zuschlag bekomme, heißt es aus der Fraktion. Damit spielen die Sozialdemokraten auf den möglichen Nutznießer des CSU-Antrags an: das ortsansässige Kies-Unternehmen Glück.

Neuried/Planegg: Bereits im Juli demonstrierten Neurieder gegen weiteren Kiesabbau im Forst Kasten. Es ist nicht die letzte Demonstration dazu im Würmtal geblieben.

Bereits im Juli demonstrierten Neurieder gegen weiteren Kiesabbau im Forst Kasten. Es ist nicht die letzte Demonstration dazu im Würmtal geblieben.

(Foto: Robert Haas)

Über die Ausschreibung hat Glück keine Chance mehr, bei der Vergabe der 9,5 Hektar großen Kiesfläche zum Zug zu kommen. Das Unternehmen hat daraufhin Klage gegen das Vergabeverfahren eingereicht, über die derzeit noch nicht entschieden ist. Glück-Geschäftsführer Markus Wahl teilt dazu über das Marketingbüro "Heller und Partner" mit, dass die Kieswerke Glück mit der Heiliggeistspital-Stiftung 2007 einen Vorvertrag zum künftigen Kiesabbau geschlossen hätten. Für Wahl regle die Vereinbarung unter anderem, dass es zu einem Folgevertrag kommen werde, der seiner Firma die Auskiesung zusichert. Konkret gehe es um etwa 40 Hektar, die als Kies-Vorranggebiet ausgewiesen sind. Dass der momentan ausgeschriebenen Fläche noch weitere der Heiliggeistspital-Stiftung folgen, ist aber unwahrscheinlich. Nach bereits erfolgter Prüfung durch die Regierung von Oberbayern hat Reiter angekündigt, künftig den Wald nur noch forstwirtschaftlich zu nutzen.

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