Mitten in Ebersberg:Lang lebe der Weihnachtshase

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Die Weihnachtszeit ist nicht nur stressig, sondern vor allem auch verwirrend. Doch die Vorfreude auf das Fest sollte sich dadurch niemand vermiesen lassen

Kolumne von Wieland Bögel

Die Weihnachtszeit gilt als stressig und moralisch anspruchsvoll - Stichwort: Einkaufen. Doch sie ist vor allem eines: verwirrend. Wie verwirrend zeigte sich kürzlich beim Besuch eines aus Datenschutzgründen nicht näher benannten Ebersberger Lokals. Beim Verlassen desselben wurde man von der Chefin mit den Worten ". . . und frohe Ostern" verabschiedet.

Das darauf folgende Gekicher einiger Mitarbeiter kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Verwechslung nicht komplett unverständlich ist. Schließlich entspricht das Ideal des Weihnachtsfestes sehr selten der Realität, was aber erstaunlicherweise das Idealbild in keinster Weise erschüttert. Die Rede ist hier nicht von der angeblichen Harmonie des angeblichen Fests der Liebe, beides, Harmonie wie Liebe, liegen in Auge oder Gemüt der Betrachter und sind daher sehr subjektiv. Ganz objektiv ist die Verwirrung dagegen, vergleicht man die idyllischen Weihnachtsmotive mit weiß überzuckerten Tannen, durch tiefen Schnee wandernden Gabenbringern sowie still und starr daliegenden Seen mit der aktuellen Wetterlage. Da wäre niemand verwundert, wenn plötzlich der Weihnachtshase um die Ecke gehoppelt käme - oder war es dann doch das Osterkind, der Pfingstmann und überhaupt: "Ozapft is!"

Schließlich gehen die Feste im Verlauf der Jahre ohnehin immer mehr ineinander über. Der Einzelhandel lässt die Vorweihnachtszeit bekanntlich traditionell im Spätsommer und Ostern ab Mitte Februar beginnen - was wieder die allfällige Konsumkritik und Warnung vor einer Sinnentleerung befeuert, die indes ebenfalls schon in den Rang einer Feiertagstradition aufgestiegen ist. Seit mehr als zwei Generationen gehört sie zum Fest der Liebe wie Glühwein, Kerzenschein und Tannenduft, wer es nicht glaubt, lese Heinrich Bölls "Nicht nur zur Weihnachtszeit" aus dem Jahre 1952.

Was ja auch durchaus seine Berechtigung hatte und hat - die Freude aufs und am Weihnachtsfest sollte sich dadurch niemand vermiesen lassen. Denn auch hier gilt der Spruch, mit dem vor einigen Jahren der Hersteller eines etwas in ästhetischen Verruf geratenen Baustoff für ebenjenen warb: "Es kommt drauf an, was man draus macht." Und sei es durch einen guten Lacher mit Hilfe des dem verwirrenden Vorfeiertagstrubel entsprungenen Weihnachtshasen. In diesem Sinne: Frohes Fest.

© SZ vom 24.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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