China:Die Pest kommt per Drohne

Wie chinesische Kriminelle den Preis für Schweinefleisch in die Höhe treiben.

Von Lea Deuber

Millionen Tiere mussten gekeult, Tausende Bauernhöfe geschlossen werden. Die Bilanz der in China grassierenden Afrikanischen Schweinepest ist verheerend. Die Hälfte des Tierbestandes im Land ist inzwischen vernichtet. Weltweit explodieren die Preise im Großhandel. In Deutschland stiegen sie im Jahr 2019 um 40 Prozent. Der Erreger ist hoch infektiös. Menschen können daran nicht erkranken. Ein Stück verunreinigtes Fleisch reicht aber, um Tausende Tiere anzustecken. In Lebensmitteln wie Schinken kann der Erreger monatelang überleben.

Kriminelle Banden in China machen sich dieses Drohpotenzial nun anscheinend zunutze. Wie Staatsmedien berichten, verwenden einige Clans Flugdrohnen, um die Krankheit weiter zu verbreiten. Die Kriminellen werfen infiziertes Fleisch über Grundstücken von Bauernhöfen ab. Die erkrankten Tiere und die daraus hergestellten Produkte werden unverkäuflich. Sie müssten vernichtet werden. Aus Angst vor einem finanziellen Ruin sehen sich die Landwirte gezwungen, das verunreinigte Fleisch an die Banden zu verkaufen. Diese lassen es "verschwinden" - und vertreiben es dann zu den seit der Epidemie massiv gestiegenen Preisen weiter. In anderen Fällen streuten die Clans auch nur das Gerücht, dass das Fleisch verunreinigt sei. In vielen Fällen reicht das schon, um die Angst der Landwirte zu befeuern.

Die Bandenkriminalität dürfte den Ausbruch im Land verschlimmert haben. Doch unabhängig von den erpresserischen Machenschaften der Banden haben es die Behörden seit dem Ausbruch im Sommer vor einem Jahr nicht geschafft, die Lage unter Kontrolle zu bringen. Inzwischen gibt es Fälle in allen Provinzen. Die Krankheit hat sich in mehreren Nachbarstaaten ausgebreitet. Bauern kritisieren, dass sie keine Möglichkeit haben, Entschädigungszahlungen für Verdienstausfälle einzuklagen. Das erhöht die Gefahr, dass Fälle vertuscht werden.

Das Versagen Pekings dürfte mit ein Grund dafür sein, warum die streng regulierten chinesischen Staatsmedien, in denen das Thema sonst zu weiten Teilen totgeschwiegen wird, nun ausführlich über die Clankriminalität und sogar über die Bestechung von Kontrolleuren und Behörden berichten. Die diffuse Angst vor kriminellen Banden soll anscheinend ablenken vom Verschulden der Behörden. Die Fleischpreise in China, wo Schweinefleisch ein wichtiges Grundnahrungsmittel ist, haben auf Konsumenten längst größere Auswirkungen als der Handelsstreit mit den USA. Peking kauft weltweit Fleisch zu, um die Preise niedrig zu halten und Proteste zu verhindern. Ein Abflauen der Krise scheint nicht in Sicht — auch wenn die Behörden immer wieder angebliche Erfolge verkünden.

Mindestens ein Fleischhersteller der nordöstlichen Provinz Heilongjiang beschloss indes, sich selbst gegen die Angriffe aus der Luft zu wehren. Der Betrieb stellte ein Störgerät auf, das die GPS-Sender der Drohnen blockierte, sodass sie in der Gegend nicht mehr fliegen konnten. Entdeckt wurde die Anlage, weil der Störsender auch Messgeräte von Flugzeugen behinderte, die einen nahe gelegenen Flughafen anflogen. Das nicht autorisierte Gerät musste daraufhin den Behörden übergeben werden.

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