Tötung eines Generals:So ist der Konflikt zwischen Iran und USA eskaliert

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Nach dem Angriff eines US-Hubschraubers brennt ein Fahrzeug am Flughafen von Bagdad. (Foto: AFP)

Mit dem Luftangriff auf den Chef der Al-Quds-Brigaden, Qassim Soleimani, reagieren die USA auf wiederholte Attacken schiitischer Milizen im Irak. Eine Chronologie der jüngsten Ereignisse.

Von Markus C. Schulte von Drach

Das Verhältnis zwischen Teheran und Washington ist seit Jahren extrem angespannt. Nach einem Angriff einer schiitischen Miliz auf eine US-Basis im Irak Ende 2019 ist der Konflikt zwischen Iran und den USA nun eskaliert. Eine Chronologie der jüngsten Vorfälle.

27. Dezember 2019

Eine von den iranischen Revolutionsgarden gesteuerte irakische Miliz namens Kataib Hisbollah, die von den USA seit 2009 als Terrorgruppe eingestuft wird, verübt einen Angriff mit mehreren Raketen auf einen US-Stützpunkt bei Kirkuk im Nordirak. Die Miliz hat in der Vergangenheit gegen die Terrormiliz IS gekämpft und hat sich nach der Befreiung Mossuls 2017 nicht aufgelöst. Als ihr eigentlicher Kommandeur gilt der jetzt getötete Qassim Soleimani, General der Al-Quds-Brigaden der iranischen Revolutionsgarden. Auch die Al-Quds-Brigaden werden von den USA als Terrororganisation betrachtet.

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Der iranische General Soleimani habe noch "viele weitere" töten wollen, sei nun aber "erwischt" worden, so der US-Präsident. Sein Außenminister sagt, die USA wollten keinen Krieg mit Iran. Dort kommt es zu heftigen Protesten.

Der Angriff ist nur einer von vielen, die schiitische Milizen in den vergangenen Wochen mit Raketen auf US-Einrichtungen verübt haben. Diesmal aber stirbt ein amerikanischer Zivilbeschäftigter, vier US-Soldaten und zwei irakische Sicherheitsleute werden verletzt. Damit ist für die Amerikaner eine rote Linie überschritten.

29. Dezember 2019

Die US-Luftwaffe fliegt fünf Angriffe auf Stellungen, Waffenlager und Kommandozentren der Miliz Kataib Hisbollah in Syrien und Irak, bei denen 25 Menschen getötet werden, 50 weitere verletzt. US-Präsident Donald Trump rechtfertigt die Mission mit den Opfern des Angriffs auf die US-Basis. Bei früheren Angriffen waren keine Amerikaner gestorben, selbst auf den Abschuss einer US-Drohne hatten die USA nicht militärisch reagiert. US-Verteidigungsminister Mark Esper und Iraks Noch-Premierminister Adel Abdul Mahdi, so erklärt ein Pentagonsprecher, seien sich einig, dass die Angriffe der Miliz endgültig unterbunden werden müssen. Die Miliz selbst kündigt Vergeltung an.

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Schiitische Kämpfer befeuern die Spannungen zwischen Iran und den USA. Einige von ihnen kämpften einst gegen den IS - unterstützt von den Amerikanern.

Von Paul-Anton Krüger

30. Dezember 2019

Die USA drohen den von Iran unterstützten schiitischen Milizen im Irak und Syrien mit weiteren Angriffen, wenn diese ihr feindseliges Verhalten nicht einstellen. US-Verteidigungsminister Mark Esper erklärt, mit dem US-Präsidenten seien neben Luftangriffen auf die Milizen auch "weitere zur Verfügung stehende Optionen" besprochen worden.

31. Dezember 2019

Am Vormittag marschieren Hunderte Demonstranten mit den Rufen "Tod den USA" in die gesicherte "Grüne Zone" ins Zentrum der irakischen Hauptstadt Bagdad, auf dem sich auch die US-Botschaft befindet. Die irakischen Sicherheitskräfte verhindern anfänglich nicht, dass die Menge Steine und Brandsätze auf das Botschaftsgebäude wirft, die Mauern erklettert, Scheiben einschlägt und Parolen an die Wände sprüht. Auch mit dem schließlich eingesetzten Tränengas und mit Blendgranaten lassen sich die Demonstranten nicht vertreiben. Wachhäuschen gehen in Flammen auf, auch im Empfangsbereich der Botschaft wird Feuer gelegt. Die Amerikaner lassen Apache-Kampfhubschrauber aufsteigen, die Signalraketen abfeuern, um die Belagerer abzuschrecken. Von diesen übernachten jedoch viele vor dem Botschaftsgelände, auf das sie Zelte, Matratzen und Kochgelegenheiten mitgebracht haben. US-Präsident Trump warnt auf Twitter, alle Schäden oder Opfer würden Iran teuer zu stehen kommen.

1. Januar 2020

Erneut versammeln sich Hunderte Demonstranten vor der Botschaft, wieder greifen etliche das Gebäude an. Es handelt sich offenbar nicht um Zivilisten, sondern um Kämpfer, die Fahnen proiranischer Milizen schwingen. Einige tragen sogar irakische Uniformen. Die Protestierer kündigen an, erst wieder zu gehen, wenn die Amerikaner den Irak verlassen haben. Irakische Militärs versuchen die militanten Protestierer zum Abzug zu überreden. Nachdem die "Volksmobilisierungseinheiten" (PMF), der Dachverband schiitischer Milizen, zum Ende der Belagerung der Botschaft aufruft, rücken die ersten Demonstranten am Nachmittag schließlich ab. Bis zum Abend ist das Gelände geräumt. Die USA lassen weiter Hubschrauber über Bagdad kreisen. Sie kündigen an, 100 Marines aus Kuweit und weitere 750 Soldaten der 82. Luftlandedivision aus den USA in die Region zu verlegen. Gegenwärtig befinden sich bereits etwa 5200 US-Soldaten im Irak.

US-Präsident Trump macht die Führung in Teheran für den Angriff auf die Botschaft verantwortlich. Außenminister Michael Pompeo verschiebt eine Reise in die Ukraine und bleibt in Washington, um die Situation in Irak weiter zu beobachten. Ayatollah Ali Chamenei, oberster Führer Irans, erklärt, sein Land habe nichts mit den Vorfällen zu tun.

2. Januar 2020

Es herrscht wieder Ruhe in der "Grünen Zone" in Bagdad. Die Sicherheitskräfte kontrollieren die Zugänge. Ein Sprecher der "Volksmobilisierungseinheiten" erklärt, die Belagerung sei nur aufgegeben worden, weil irakische Abgeordnete zugesichert hätten, den Abzug der US-Truppen mit Gesetzen zu erzwingen.

3. Januar 2020

Eine Reaper-Drohne der USA greift am Internationalen Flughafen von Bagdad mit Lenkraketen ein Fahrzeug an, in dem sich der Kommandeur der Al-Quds-Brigaden, Qassim Soleimani, und der Vizekommandeur der "Volksmobilisierungseinheiten", Abu Mahdi al-Muhandis, befinden. Beide werden getötet. Die USA übernehmen die Verantwortung für den Angriff. Das Pentagon erklärt, mit der Tötung von Soleimani habe das US-Militär unter Führung des Präsidenten "energische Schritte" unternommen, um Amerikaner außerhalb der USA zu schützen.

Irans oberster Führer, Ayatollah Ali Chamenei, kündigt Rache für den Angriff an. Auch Irans Präsident Hassan Rohani erklärt, Suleimanis Tod mache den Iran noch entschlossener im Kampf gegen die amerikanische Expansionspolitik.

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