"Umweltsau"-Video:WDR-Redakteure werfen Buhrow mangelnde Rückendeckung vor

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Steht auch intern in der Kritik: WDR-Intendant Tom Buhrow. (Foto: dpa)
  • In einer internen Mail wirft die Redakteursvertretung des WDR Intendant und Geschäftsführung eine "eklatante Verletzung der inneren Rundfunkfreiheit" vor.
  • In einer außerordentlichen Redaktionsversammlung wollen die Mitarbeiter über den Umgang mit sozialen Medien und inszenierten Empörungswellen diskutieren.
  • Intendant Tom Buhrow weist hingegen die Kritik von sich, in der Debatte um das "Umweltsau"-Video vor rechten Kreisen eingeknickt zu sein.

Von Carolin Gasteiger

Der Umgang des WDR mit dem satirischen "Umweltsau"-Video löst auch in der Redaktion Empörung aus. In einer internen Mail, die der SZ vorliegt, übt die Redakteursvertretung des Senders scharfe Kritik an Intendant Tom Buhrow sowie der Geschäftsleitung.

"Wir sind außerordentlich irritiert über diese eklatante Verletzung der inneren Rundfunkfreiheit und das schlechte Krisenmanagement der Geschäftsleitung, das Kolleg*innen und Kollegen beschädigt und dem Ansehen des WDR zudem schadet", heißt es darin. Zunächst hatte Stefan Niggemeier in seinem Blog Übermedien aus dem Schreiben zitiert. Die Redakteursvertretung sei außerdem "empört, dass man sich darüber hinaus von einem bestimmten Kollegen, weil er nur 'Freier' ist, öffentlich distanziert". Die Verfasser seien fassungslos, dass Buhrow "einem offenbar von Rechtsextremen orchestrierten Shitstorm so leicht nachgibt" und "mehrfach öffentlich (u. a. bei WDR2) Redakteurinnen und Redakteuren in den Rücken fällt".

Die vom WDR-Kinderchor gesungene Textzeile "Meine Oma ist 'ne alte Umweltsau" auf die Melodie des Liedes "Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad" hatte Entrüstung im Netz ausgelöst, bis hin zur Forderung, man möge den öffentlich-rechtlichen Rundfunk abschaffen. Der WDR hatte das Video Ende vergangener Woche gelöscht, Buhrow entschuldigte sich mit den Worten: "Das Video mit dem verunglückten Oma-Lied war ein Fehler." Ein freier WDR-Mitarbeiter wurde im Netz bedroht.

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In der internen Mail hatten die Redakteure zunächst kritisiert, man habe den Kollegen mit der direkten Bedrohung durch Rechtsextreme allein gelassen. Der Vorwurf wurde jedoch im Nachhinein relativiert, wie aus zwei im Übermedien-Artikel eingebauten Tweets hervorgeht. Auch der Vorwurf, Tom Buhrow habe das Video löschen lassen, wurde zurückgezogen. Dennoch, heißt es nach wie vor in der internen Mail, stellten sich viele Mitarbeiter die Frage: "Welchen Rückhalt kann ich in meiner täglichen Arbeit im WDR noch vom Intendanten und der Geschäftsleitung erwarten?"

Man wolle sich über den Umgang mit den sozialen Medien und vor allem mit inszenierten Empörungswellen auseinandersetzen, über Kompetenz und ausreichend Personal diskutieren sowie die Folgen für journalistische Inhalte und Strukturen. Eine außerordentliche Redakteursversammlung, die laut dem Schreiben "zeitnah" einberufen werden soll, findet offenbar am 7. Januar statt.

Buhrow weist indes den Vorwurf zurück, vor rechten Kreisen eingeknickt zu sein. Der WDR habe durchaus die Mechanismen der rechten Mobilisierung im Internet erkannt, sagte er dem Spiegel, "aber wir konnten auch unterscheiden zwischen dem, was orchestriert ist, und dem, was echte Gefühlsäußerungen von ansonsten wohlmeinenden Hörern sind". Der WDR habe Hunderte Anrufe von "Seniorinnen und Senioren und deren Enkeln" erhalten. Von Rechtspopulisten und -radikalen mache er seine Entscheidungen nicht abhängig.

Auch gegen den Vorwurf des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Armin Laschet (CDU), der WDR habe Kinder für politische Zwecke instrumentalisiert, verteidigt sich Buhrow. "Das ist doch lächerlich." Kinder seien im Fernsehen, im Hörfunk, auf Spendengalas und Weihnachtskonzerten präsent. "Ich glaube, selbst auf Wahlplakaten von Politikern."

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