Gewerbe:Vom Kiesabbau zur Wasserstoff-Technologie

Gewerbe: Viel vor hat die Ganser-Gruppe im Südosten des Landkreises: Auf dem Gelände in Kirchstockach soll ein Energie- und Gewerbepark entstehen.

Viel vor hat die Ganser-Gruppe im Südosten des Landkreises: Auf dem Gelände in Kirchstockach soll ein Energie- und Gewerbepark entstehen.

(Foto: Claus Schunk)

Die Ganser-Gruppe plant nach dem Umzug der Firmenzentrale nach Aying auf ihrem Betriebsgelände in Kirchstockach die Errichtung eines Energie- und Gewerbeparks, der CO₂-neutral sein soll.

Von Bernhard Lohr

Auf dem Betriebsgelände der Ganser-Gruppe in Kirchstockach könnte ein Energie- und Gewerbepark entstehen, dem eine zentrale Rolle bei der Einführung der Wasserstoff-Technologie in der Region zukommt. Es gibt Überlegungen, dort die Produktion des Treibstoffs zu errichten und auch mit einer Betankungsanlage Brennstoffzellen-Fahrzeuge zu versorgen. Dazu würden im besten Fall innovative Unternehmen aus der Branche angesiedelt, die im Bereich Wasserstoff forschen und arbeiten. Hinter den Plänen stecken die Unternehmer Günter und Matthias Ganser, die in der Vergangenheit auf dem Energie-Sektor bereits Weitblick bewiesen haben.

Die Ganser-Gruppe ist in der Region München wegen ihrer gelben Kies- und Transportbeton-Lastwagen bekannt. Das ist das Kerngeschäft des Unternehmens, das die Eltern der heutigen Chefs, Günter und Rosemarie Ganser, vor mehr als 60 Jahren in Kirchstockach, Gemeinde Brunnthal, gründeten. Sie übernahmen eine kleine Kiesgrube und ihr Unternehmen wurde mit dem Bauboom der Nachkriegsjahrzehnte groß.

An die 100 Lastwagen fahren heute unzählige Baustellen in der Region an. Bis heute steuert Günter Ganser junior das Unternehmen vom Büro seines 1987 verstorbenen Vaters aus. Doch eine Zeitenwende steht bevor. Der Bau der neuen Firmenzentrale in Dürrnhaar, Gemeinde Aying, ist beschlossene Sache. Und dann könnte am alten Firmensitz die Zukunft Einzug halten.

"Wenn man will, geht alles"

Die Pläne, die das Unternehmen neu aufstellen sollen, treibt Günter Ganser, 56, mittlerweile gemeinsam mit seinem Bruder Matthias, 54, voran, der gerade beim Energiethema auch vor visionären Gedanken nicht zurückschreckt. "Wenn man will, geht alles", sagt er und zieht seine Zuversicht aus der eigenen Lebensgeschichte, die den Aufstieg vom Medizinstudenten zum Leiter der eigenen Klinik in Altperlach erzählt, wobei freilich der Bruder mit seinem florierenden Kiesunternehmen den Klinikbau ermöglichte.

Doch Matthias Ganser hat seine Klinik abgegeben, ist vor einem halben Jahr in die Firma eingestiegen. Und dort ist er speziell zuständig für Grundstücke, Entsorgung und den Betrieb der Biovergärungsanlage des Landkreises, die seit Jahrzehnten schon erneuerbare Energie produziert. "Da hat noch niemand an Greta gedacht", sagt Ganser und will jetzt in der Firma mit seinem Bruder weiter etwas bewegen.

Die Idee vom Energie- und Gewerbepark wurde im Brunnthaler Gemeinderat schon vorgetragen und stieß auf Wohlwollen. Er würde das Areal nördlich und südlich der Taufkirchner Straße gerne weiterentwickeln, sagt Matthias Ganser. Dass der Landkreis München mit Ebersberg und Landshut zur Wasserstoff-Modellregion gekürt wurde, sieht er als Chance. "Wir produzieren regenerative Energie, können sie aber nicht speichern." Die Wasserstoff-Technologie sei Teil der Lösung des Problems.

Sicher ist jedenfalls, dass die Ganser Gruppe ihren Firmensitz verlegt und in Dürrnhaar an der Staatsstraße nach Höhenkirchen-Siegertsbrunn einen futuristisch anmutenden Glasbau in Halbkreis-Form für die Verwaltung errichtet. Daneben ist ein Gebäude geplant, das aussieht wie ein Bauernhof vor 100 Jahren; in diesem sollen die Werkskantine und Besprechungsräume unterkommen. Darüber hinaus wird es eine LKW-Werkstatt und Werkswohnungen für etwa 60 Mitarbeiter geben.

Gewerbe: Matthias und Günter Ganser (von links) planen die neue Firmenzentrale in Dürrnhaar in der Gemeinde Aying.

Matthias und Günter Ganser (von links) planen die neue Firmenzentrale in Dürrnhaar in der Gemeinde Aying.

(Foto: Claus Schunk)

Das in die Zukunft weisende und zugleich dem Alten verpflichtete Ensemble steht laut Günter Ganser sinnbildlich für die Firmenphilosophie: "Wir müssen technisch immer das Modernste haben, das es gibt", sagt er. Aber kaufmännisch, ergänzt er, "müssen wir konservativ und altmodisch sein". So habe er die Firma im Geist der Eltern immer geführt. Im Ergebnis hieß das: Ganser initiierte den Bau von zwei Geothermie-Anlagen in Kirchstockach und Dürrnhaar, die ein Joint Venture von BayWaRe und Hochtief PPP Solutions als erste privatwirtschaftlich finanzierte Kraftwerke dieser Art errichteten. Mittlerweile betreiben die Stadtwerke München beide Anlagen.

Ein Ausbau der Kapazität ist in Kirchstockach durch eine zweite Tiefenbohrung geplant. Den Betrieb der seit 1997 bestehenden Biovergärungsanlage des Landkreises München hat Ganser bis heute in der Hand, in der 30 500 Tonnen Biomüll, von denen 5000 Tonnen aus der Stadt München kommen, in Strom und Wärme und umgewandelt werden. Etwa zwei Millionen Kubikmeter Biogas pro Jahr werden produziert, davon 1,3 Kubikmeter Methan. Im Blockheizkraftwerk werden damit an die vier Millionen Kilowattstunden Strom pro Jahr erzeugt und ins Netz eingespeist. Weil die Vergütung nach dem Erneuerbare Energiengesetz (EEG) 2020 ausläuft, wird laut Ganser derzeit ein Gasspeicher errichtet. Man müsse flexibler auf dem Markt agieren, sagt Ganser. Ein Ausbau des Fernwärmenetzes, um die kaum genutzte thermische Energie zu verwerten, ist Thema.

Und jetzt könnte dort auf dem Gelände noch Wasserstoff produziert werden, um etwa die Biomüll-Transportfahrzeuge des Landkreises zu betanken. Die großen Busunternehmen Ettenhuber und Geldhauser, die Wasserstoff als vielversprechende Zukunftstechnologie einschätzen, sind mit ihren Fuhrparks in der Nachbarschaft. Aus Sicht von Matthias Ganser wäre der Gewerbe- und Energiepark ein logischer, sinnvoller nächster Schritt.

Er würde dort gerne nach dem Wegzug der Ganser-Verwaltung nach einem Drei-Säulen-Prinzip bestehende Anlagen modernisieren, damit weniger Lärm und Staub entstehen und weniger Energie verbraucht wird. Der Sektor umweltfreundlicher Energien sollte durch Ansiedelung von Firmen gestärkt werden, die auf Brennstoffzellen, Wasserstoffantrieb oder biologische Stromspeicher spezialisiert seien. Firmen wie Bosch, Linde oder BMW zeigten Interesse, heißt es. Darüber hinaus könnten auch andere innovative Betriebe dazukommen, mit Rechenzentren etwa, also Firmen wie Google oder Amazon.

Gewerbe: Geplant ist Verwaltungsgebäude und der Nachbau eines Bauernhofs für Besprechungsräume und Kantine.

Geplant ist Verwaltungsgebäude und der Nachbau eines Bauernhofs für Besprechungsräume und Kantine.

(Foto: Claus Schunk)

Ob daraus etwas wird, ist freilich noch nicht ausgemacht. Die Hürden beginnen schon an dem Punkt, an dem bisher die Firma Ganser gescheitert ist. Denn eigentlich wollte Günter Ganser, der bis heute in seinem Elternhaus ein paar hundert Meter vom Firmensitz in Kirchstockach lebt, mit dem Unternehmen nie nach Dürrnhaar umziehen und am alten Sitz auch die Verwaltung neu bauen. Doch es kam nie zu einer Einigung mit der Gemeinde, um dort, wo man als privilegiertes Kiesunternehmen tätig ist, auch ein Gewerbegebiet auszuweisen. Die Zufahrt war das große Problem, weil die Gemeinde nach den Worten von Ganser wegen des Schutzes der Anlieger auf eine neue Trasse durch den Wald bestand, die aber bei übergeordneten Behörden nicht durchsetzbar war.

Jetzt unternimmt die Ganser-Gruppe einen neuen Anlauf, um über die bestehende Taufkirchner Straße einen 20 Hektar großen Gewerbe- und Energiepark anzubinden. Verkehrs- und Lärmgutachten wurden bereits erstellt und sollen demnächst präsentiert werden. Man würde die Kosten für einen Umbau der Straße und die Errichtung von aktivem Lärmschutz übernehmen, sagt Matthias Ganser, um die Pläne umzusetzen. Voraussetzung sei ein "Konsens mit Bürgern und Gemeinde". Sollte der darstellbar sein, setze man auf die Unterstützung der Kommune. Das Projekt sei eine Chance für den Ort und den gesamten Landkreis, sagt Ganser.

Die großen Player bei der Förderung der Wasserstoff-Technologie sind schon da: die Stadtwerke München mit ihrer Geothermie, der Landkreis mit seiner Biovergärungsanlage. Auch sind im südöstlichen Landkreis einige Firmen im Wasserstoff-Bereich tätig. Die SFC Energy AG residiert in unmittelbarer Nachbarschaft in Brunnthal. Expertise gibt es mit der "Ludwig Bölkow Systemtechnik GmbH" in Ottobrunn. Ganser: "Es wäre das erste CO₂-neutrale Gewerbegebiet im Landkreis München."

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