Porträt: Karl-Theodor zu Guttenberg:Freiherr Guttenberg - das zweite Experiment

Schon als CSU-Generalsekretär war Karl-Theodor zu Guttenberg eine überraschende Wahl, drei Monate später wird er für den glücklosen Michael Glos Bundeswirtschaftsminister. Eine steile Karriere.

Birgit Kruse und Barbara Vorsamer

Eigentlich wäre es jetzt an der Zeit, eine 100-Tage-Bilanz über Karl-Theodor zu Guttenberg als CSU-Generalsekretär zu schreiben. Doch weil er schon am 99. Tag im Amt weiter hoch katapultiert wurde - ins Bundeswirtschaftsministerium, um Michael Glos abzulösen - interessiert heute Guttenbergs Zukunft mehr als seine Vergangenheit.

Porträt: Karl-Theodor zu Guttenberg: Die größte Nachwuchshoffnung der CSU: Karl-Theodor zu Guttenberg

Die größte Nachwuchshoffnung der CSU: Karl-Theodor zu Guttenberg

(Foto: Foto: dpa)

Das Amt des Generalsekretärs ist ein Sprungbrett - bis auf den zu Recht vergessenen Bernd Protzner hat jeder danach Karriere gemacht: Edmund Stoiber wurde Ministerpräsident, Markus Söder Umweltminister, sogar Guttenbergs glücklose Vorgängerin Christine Haderthauer bekam ein Ministerium in Bayern. Doch keiner profitierte so schnell davon wie der 37 Jahre alte Franke.

Diese Blitzkarriere ist umso bemerkenswerter, als der Bundestagsabgeordnete vor drei Monaten höchstens Insidern ein Begriff war. Seine Ernennung zum Generalsekretär durch den neuen Parteichef Horst Seehofer überraschte einige in der CSU, die dem Außenpolitik-Experten in Teilen sehr reserviert gegenüberstand.

"Der ist gedanklich mehr in Berlin als hier", lästerten CSU-Kreise und: "Der ist nur der Hadschi vom Seehofer und hat auch genauso viele Vornamen." Letzteres bezog sich auf den Charakter Hadschi Halef Omar Ben Hadschi Abul Abbas Ibn Hadschi Dawuhd al Gossarah aus den Karl-May-Romanen - und es stimmt sogar.

Zehn Vornamen nennt Karl-Theodor Maria Nikolaus Johann Jacob Philipp Franz Joseph Sylvester Freiherr von und zu Guttenberg sein Eigen - und er weiß, dass ihm seine Herkunft aus altem christsozialen Adel an der Basis nicht immer zum Vorteil gereicht. Wenn Reporter sich nach seinem vollständigen Namen erkundigen, antwortet er ausweichend. Auf seiner Webseite verrät er ihn auch nicht.

Doch als Generalsekretär überraschte der promovierte Jurist seine Kritiker positiv. Er hatte sein Amt mit dem Anspruch angetreten, die zugespitzten Pointen eines CSU-Generals mit den fundierten Argumenten eines Fachpolitikers unterfüttern zu wollen. Es gelang ihm oft.

Den ihm nachgesagten Snobismus konnte er im persönlichen Kontakt entkräften, da er es meist schaffte, Gesprächspartnern seine ungeteilte Aufmerksamkeit zu schenken und so sympathisch zu wirken. Auch bei Journalisten machte sich der smarte Jurist beliebt - nicht zuletzt, da er zu den wenigen Politikern gehört, die druckreife Sätze formulieren können.

Im Wirtschaftsministerium werden ihm seine geschliffenen Umgangsformen sicherlich nützen - denn es gilt als feines Ministerium mit feinen Beamten. Sein leutseliger Vorgänger, Müllermeister Glos, tat sich in dieser Umgebung schwer. Auch dessen Vorgänger, der Polterer Wolfgang Clement (SPD), hatte seine Konflikte.

Guttenbergs politisches Talent liegt in den Genen. Sein Großvater, der wie er den Namen Karl-Theodor zu Guttenberg trug, war Mitbegründer der CSU und in Bonn Parlamentarischer Staatssekretär unter Kanzler Kurt Georg Kiesinger.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, was gegen Guttenberg als Wirtschaftsminister spricht.

Freiherr Guttenberg - das zweite Experiment

Trotzdem gibt es auch kritische Stimmen zu seinem Ruf ins Bundeskabinett, denn als Wirtschaftsfachmann hat sich der Franke bisher nicht hervorgetan. Sein Gebiet ist eigentlich die Außenpolitik, er befasste sich mit Themen wie dem Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr, der Russland-Politik oder dem Verhältnis zur Türkei. Seine Erfahrungen in der Wirtschaft beschränken sich auf die Tätigkeit als geschäftsführender Gesellschafter der Guttenberg GmbH, einem Fachgroßhandel für Trockenbau in Familienbesitz.

Auch verdeutlicht die Personalie Guttenberg einmal mehr, wie wichtig der Regionalproporz in der CSU noch immer ist - waren doch der bayerische Finanzminister Georg Fahrenschon und Landesgruppenchef Peter Ramsauer ebenfalls im Gespräch für das Wirtschaftsministerium.

Doch "man kann den Franken nicht schon wieder einen wegnehmen" und den Unterfranken Glos mit einem Oberbayern ersetzen, heißt es aus CSU-Kreisen. Die Stimmung zwischen Franken und Altbayern ist bereits seit dem erzwungenen Rücktritt des einstigen Ministerpräsidenten Günther Beckstein gespannt. Der von Guttenberg loyal administrierte Versuch, Monika Hohlmeier in seiner Heimat Oberfranken als Spitzenkandidatin für die Europawahl durchzusetzen, setzte noch eins drauf.

Die meisten Parteifreunde erwarten trotzdem, dass das Experiment Guttenberg besser läuft als das Experiment Glos. "Der kann das sicher", "der hat Ahnung" und "er kennt Berlin", so lauten die Einschätzungen aus CSU-Kreisen. Nach der fast schon desaströsen Amtszeit von Michael Glos reicht es als Qualifikation für ein Bundesministerium zurzeit anscheinend, jung und unverbraucht zu sein und als intelligent und lernfähig zu gelten.

Die große Frage, die Guttenbergs Wechsel ins Bundeskabinett aufwirft, ist jedoch: Was wird er im Herbst? Die Wahrscheinlichkeit, dass die CSU nach der Bundestagswahl im September das Wirtschaftsministerium behält, ist sehr gering, da es in einer schwarz-gelben Regierung mit Sicherheit an die FDP fallen würde. Guttenberg, das Nachwuchstalent der CSU, wird sich kaum für wenige Monate als Interimsminister verbraten lassen, ohne von Parteichef Seehofer auch für danach eine Zusage zu haben.

Es wird spekuliert, dass dieser ihm den Posten des CSU-Landesgruppenleiters in Berlin versprochen hat. Und das wirft die nächste Frage auf: Was wird aus Peter Ramsauer?

Das Karussell dreht sich bei der CSU unter Fahrleiter Seehofer noch ein wenig schneller als sonst.

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