Förderprogramme:Wo Bayern seine Zukunft sieht

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Sieht so die Zukunft Bayerns aus? Die Europäische Raumfahrtagentur tüftelt an einer Mondbasis. (Foto: ESA)

Mit Investitionen in künstliche Intelligenz oder Raumfahrt will die Regierung den Freistaat voranbringen. Doch die Konkurrenz ist stark. Wie stehen also die Chancen, dass die großen Pläne Erfolg haben? Eine Analyse.

Von Maximilian Gerl, München

Ob Blockchain-Strategie, Supertech-Förderung oder Raumfahrtprogramm: Die Staatsregierung will den Freistaat zukunftsfähig machen. Doch welche neue Technologie sich wie am Weltmarkt etablieren wird, ist die Frage. Das Investieren des Freistaats erinnert damit ein wenig an das eines Start-up-Investors: Stecke Geld in zehn Ideen und hoffe, dass eine davon erfolgreich sein wird. Wie stehen also Bayerns Chancen? Welche Herausforderungen warten auf einigen Feldern der Zukunft? Eine Einschätzung:

Künstliche Intelligenz (KI)

KI-Lösungen sind auf dem Vormarsch. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) will darum bis 2023 im Rahmen der "Hightech-Agenda" rund 600 Millionen Euro in Erforschung und Anwendung der Technologie stecken. Unter anderem sollen so bayernweit 100 neue IT-Professuren geschaffen werden. In Garching entsteht mit dem Fraunhofer-Institut für Kognitive Systeme eine neue Forschungseinrichtung. Zu dessen Eröffnung im Dezember forderte Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (FW): "Wir wollen bei der künstlichen Intelligenz an die Weltspitze." Angesichts der vergleichsweise begrenzten bayerischen Ressourcen eine ambitionierte Ansage. Zum Beispiel will allein die chinesische Stadt Tjanin bis zum Jahr 2025 rund 16 Milliarden US-Dollar in KI investieren. Auch in den USA sind Tech-Konzerne und Start-ups längst an der Sache dran und teils weiter. Allerdings ist das Technologiefeld breit, es reicht von Industrieanwendungen über neue Diagnosemethoden in der Medizin bis zum autonomen Fahren - viele große und kleine Nischen, die besetzt werden wollen.

Im Klinikum rechts der Isar in München operieren Ärzte mit Robotern. (Foto: Stefanie Preuin)

Blockchain

Digitalministerin Judith Gerlach (CSU) hält auf die Blockchain große Stücke: Die Technologie könnte helfen, Bayerns Verwaltung zu digitalisieren und Behördengänge für die Bürger zu reduzieren. Den Anfang macht von Frühjahr an ein Projekt mit der Industrie- und Handelskammer (IHK) für München und Oberbayern. Sie stellt Abschlusszeugnisse künftig digital auf Blockchain-Basis aus. Die Technologie bietet den Vorteil, dass die internationale Konkurrenz relativ überschaubar ist. Das macht es leichter, später vorn dabei zu sein. Auch Experten loben das "ungewöhnlich" hohe Tempo, mit dem Bayern und Deutschland bei der Blockchain rechtssichere Rahmenbedingungen schaffen wollten. Der Nachteil: Die Blockchain muss noch beweisen, dass sie in der Breite hält, was sie verspricht.

Quantencomputer

Auch mit der Quantentechnologie sind große Hoffnungen verbunden, auch sie muss ihren praktischen Nutzen nachweisen. Im Mittelpunkt der bayerischen Pläne stehen die Universität Würzburg und das Leibniz-Rechenzentrum in Garching. Letzteres beherbergt mit dem "SuperMUC" bereits einen klassischen Supercomputer. Zwar haben bayerische Wissenschaftler im Bereich der Quantenforschung bereits auf sich aufmerksam gemacht. Doch wenn es um die Entwicklung von Quantencomputern selbst geht, gelten derzeit eher die Kollegen in Amerika und Asien als führend - so unter anderem die Forschungsabteilungen von Google-Mutter Alphabet, IBM und des chinesischen Internetkonzerns Alibaba. Hoffnung macht, dass die Forschung am Anfang steht - und dass laut Medienberichten IBM mit der Fraunhofer Gesellschaft einen Quantencomputer in Bayern aufbauen will. Auch die angekündigte Kooperation zwischen dem Forschungszentrum Jülich (Nordrhein-Westfalen) und der Uni Würzburg dürfte Synergien schaffen. Mit etwas Glück könnte sich der Freistaat so zumindest europaweit als eine Drehscheibe im Bereich der Quantentechnologie etablieren.

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Clean Tech

Die Staatsregierung will Bayern "zu einer führenden Leitregion für innovativen Klimaschutz" machen. Dazu gibt es mehrere Maßnahmen. So wird das Forschungszentrum für synthetische Kraftstoffe in Straubing ausgebaut; entwickelt in Nürnberg eine neue Einrichtung bis voraussichtlich Frühjahr eine Wasserstoffstrategie; soll die Batterieentwicklung vorangetrieben werden. Aus Unternehmersicht ist all das zu begrüßen. Viele Firmen arbeiten längst an umweltfreundlicheren Lösungen, die bestenfalls auch beim Kostensparen helfen. Doch bleibt abzuwarten, wie nachhaltig die politischen Ideen wirken. Beispiel Windkraft: Hier fielen in den vergangenen Jahren bundesweit Tausende Arbeitsplätze weg. Als ein Grund gelten restriktive Abstandsregeln. Und das groß angekündigte Wasserstoffzentrum in Nürnberg stellte sich bei seiner Eröffnung im September als überschaubar heraus: Es startete laut Söder mit "zehn Millionen Euro" und laut Aiwanger mit "drei bis vier Mitarbeitern".

Luft- und Raumfahrt

Auch in diesem Bereich fließen die Millionen des Freistaats teils direkt in die Hochschullandschaft, etwa in die Kleinsatelliten-Forschung. Als Söder 2018 sein Raumfahrtprogramm "Bavaria One" vorstellte, musste er sich schon ob des Namens Spott anhören. Angekündigt waren damals Investitionen von mehr als 700 Millionen Euro. Im Haushalt für 2019 und 2020 wurden nun erst einmal rund 30 Millionen Euro vorgemerkt, was erneut Spott der Opposition nach sich zog. Ungeachtet dessen gehören die Investitionen in Luft- und Raumfahrt zu den greifbareren, schließlich ist die Branche hierzulande mit Airbus oder dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt bereits prominent vertreten. Und ihr wird Wachstum vorausgesagt. Potenzial bieten unter anderem die Bereiche Antriebstechnik und Satellitenfertigung. Der Bundesverband der deutschen Industrie hat sich in einem Positionspapier sogar schon mit der Frage beschäftigt, was perspektivisch nötig wäre, um den Abbau von Rohstoffen im Weltall möglich zu machen. Die IHK Schwaben will den Ausbildungsberuf des Leichtflugzeugbauers reformieren und die Entwicklung von Flugtaxis und Drohnen vorantreiben. Unklar ist aber, wie es mit den Airbus-Standorten in Manching und Ottobrunn weitergehen wird, der Flugzeugbauer hatte vor Weihnachten Sparmaßnahmen angekündigt.

© SZ vom 10.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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