Diskussion:Was tun gegen den Verkehrskollaps im Münchner Umland?

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Ein Badesee in Freiham kann den Ansturm aufs Fünfseenland lindern, sind sich Politiker und Experten einig. Der MVV-Chef fordert, dass Benzin und Parken teurer werden.

Von Patrizia Steipe, Wörthsee

Tägliche Staus an den Enden der Autobahnen, Blockabfertigung vor dem Allacher und Aubinger Tunnel, überfüllte S-Bahnen, verstopfte Dorfstraßen und ein Parkchaos in den Naherholungsgebieten. Die Probleme sind bekannt, jetzt gehe es um Lösungsansätze, sagte die CSU-Landtagsabgeordnete Ute Eiling-Hütig, die an diesem Abend als Moderatorin fungierte. Unter dem Motto "Stadt, Land - voll! Wohin mit Wohnraum, Naherholung und Verkehr" hatten die CSU-Ortsverbände Inning, Seefeld, Weßling und Wörthsee in den Augustiner am Wörthsee eingeladen. Einigkeit herrschte darüber, dass die "Herausforderungen nur bewältigt werden können, wenn Stadt und Land gemeinsam Rezepte entwerfen", wie Heike Kainz betonte, Münchner CSU-Stadträtin und Bezirksausschussvorsitzende in Allach-Untermenzing. Sie, Ulrich Glöckl vom Institut für Verkehrswesen und Raumplanung der Bundeswehruni München und MVV-Geschäftsführer Bernd Rosenbusch aus Feldafing hatten Wege aus dem Verkehrskollaps aufgezeigt.

Etwa 3,5 Millionen Menschen wohnen in der Region München, weiß Kainz. Tendenz steigend. Den 400 000 täglichen Pendlern nach München stehen 200 000 entgegen, die aus der Landeshauptstadt zu ihren Arbeitsplätzen in der Region auspendeln. "München ist ein monozentristischer Trichter und Stauhauptstadt in Deutschland", stimmte Rosenbusch zu und während die Landkreisbürger über die vielen Erholungssuchenden aus München stöhnten, würde "der Münchner den Pendler aus Starnberg auch nicht mehr haben wollen".

Die Eisenbahn wurde über Jahrzehnte vernachlässigt, befindet MVV-Geschäftsführer Bernd Rosenbusch. (Foto: Arlet Ulfers)

Dabei wird durchaus in die Infrastruktur investiert. Die A 99, Eisenbahnbrücken, Schienennetze und Bahnhöfe sollen beispielsweise ausgebaut und die U5 in den nächsten 20 Jahren nach Freiham und eventuell nach Germering verlängert werden.

Könne es tatsächlich eine Lösung des Problems geben, wenn das prognostizierte Bevölkerungswachstum der nächsten Jahrzehnte alle Vorteile der Ausbaumaßnahmen quasi "auffressen" würde, wie es Glöckl bezeichnete? Er sah den ÖPNV als "Grundgerüst einer wachsenden Region", die durch interkommunale Kooperationen, mehr Radwege, einem Ausbau der Hauptverkehrsachsen sowie dem Erhalt des Landschaftsschutzes lebenswert bleiben könnte. "Zuerst ein Verkehrskonzept und dann die Bebauung", diese Forderung der Bürger bezüglich der zweiten Baustufe in Freiham, sei generell sinnvoll, so Kainz. Die Bitte von Landratskandidat Stefan Frey, dass der Landkreis Starnberg bei den Planungen für Freiham gehört werden sollte, wird sie in den Münchner Stadtrat mitnehmen.

Wichtig sei, so Kainz, dass die Bedürfnisse der Bürger wohnortnah abgedeckt werden. Wenn Freiham einen eigenen Badesee bekomme, dann müssten die Neubürger nicht unbedingt ins Fünfseenland ausweichen und wer im Homeoffice arbeitet, könne auf das Auto verzichten.

Und wenn - wie Rosenbusch forderte - Benzin und die Parkplätze viel teurer werden würden, dann würden mehr Menschen auf die Schiene umsteigen. Denn für ihn liegt die Zukunft auf der Schiene. Dafür müsse die Qualität der oft verspäteten und unzuverlässigen S-Bahn stimmen, so ein Kritiker aus dem Publikum: "Mit der derzeitigen Performance des MVV werden Sie die Bevölkerung schwer auf die Schiene bringen". Über die Jahrzehnte sei die Eisenbahn vernachlässigt worden, gab Rosenbusch zu. Hier sei Abhilfe dringend nötig. Außerdem unterstützt er die Pläne für eine Ausweitung des Verkehrsverbunds in weitere Landkreise.

Bleibt das Problem "der letzten Meile". Damit meinte Glöckl die Strecke vom Bahnhof bis zur gewünschten Destination. "Wer will schon mit seinem ganzen Badezeug einen halben Kilometer lang zum See laufen", stimmte ein Bürger zu. Hier würden sich Leihräder oder Mietautos anbieten, so Kainz oder auch Ruf- oder Ortsbusse. Die Frage an Landrat Karl Roth, ob der Landkreis hier etwas anbieten wolle, beantwortete dieser mit: "Der Impuls muss von dort kommen, wo die Schmerzen sind".

© SZ vom 10.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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