Zum Fall Wallerstein:Wie wichtig das "C" in der CSU ist

Lesezeit: 2 min

Im Ort Wallerstein im schwäbischen Landkreis Donau-Ries hat ein Bürgermeisterkandidat muslimischen Glaubens seine Kandidatur zurückgezogen. Im Landkreis Freising findet man zu dem Fall deutliche Worte. (Foto: Wolfgang Filser/Mauritius)

CSU-Politiker im Landkreis Freising finden deutliche Worte zum Fall Wallerstein. Mit Bürgermeisterkandidaten muslimischen Glaubens haben sie kein Problem - Jürgen Mieskes würde es begrüßen, wenn Ozan Iyibas in Neufahrn antritt.

Von Francesca Polistina, Freising

"Holzköpfe", "Querulanten". Der Freisinger CSU-Ortsvorsitzende Jürgen Mieskes hat klare Worte im Fall Wallerstein: Parteimitglieder, die mit dem muslimischen Glauben eines CSU-Bürgermeisterkandidaten ein Problem haben, sind "Menschen von gestern" und "ganz weit weg von den Werten unserer Partei", sagte er. Kritisch, aber vom Geschehen "nicht überrascht" ist Ozan Iyibas, der selber Diskriminierungen aufgrund seiner Herkunft erlebte und von einer "latenten Haltung in allen Parteien und in unserer Gesellschaft" spricht. Der türkischstämmige Iyibas gilt als möglicher Bürgermeisterkandidat für die CSU in Neufahrn: Sollte er am 17. Januar offiziell nominiert werden, könnte er der erste oder zumindest einer von wenigen Bewerbern mit muslimischem Glauben in Bayern werden.

Der Fall Şener Şahin hat im schwäbischen Wallerstein für Aufsehen gesorgt. Dort hat der Unternehmer türkischer Herkunft seine Bewerbung zum CSU-Bürgermeisterkandidaten zurückgezogen, weil die Basis wegen seines muslimischen Glaubens protestierte - obwohl der Ortsvorstand ihn unterstützte. Mehrere Kommunalwahl-Kandidaten drohten sogar mit dem Rückzug, sollte Şahin gewählt werden, sodass er letztendlich verzichtete.

Wallerstein
:Kein Muslim - kein Kandidat

In Wallerstein lehnen Teile der CSU-Basis den Unternehmer Sener Sahin als Bürgermeisterkandidaten ab. Nun stellt die Partei gar keinen auf - und würde die Aufregung der vergangenen Tage gerne rasch vergessen.

Von Florian Fuchs

Wie wichtig ist das C in der CSU?

Kurz vor der Kommunalwahl stellt sich auch im Landkreis die Frage: Wie wichtig ist das C in der CSU? Und wofür steht sie? Fragt man Jürgen Mieskes, Chef der Freisinger CSU und selber Oberbürgermeisterkandidat, ist die Antwort klar: "Das C ist essenziell", sagt er. Und zwar nicht nur für die Union, sondern für die ganze deutsche Gesellschaft. "Das C steht für ein christliches Weltbild, und alle Menschen, die sich zu den christlichen Werten wie Nächstenliebe und Hilfsbereitschaft bekennen, sind bei uns willkommen, egal welcher Herkunft und welchen Glaubens", so Mieskes.

Jürgen Mieskes ist CSU-Oberbürgermeisterkandidat in Freising. (Foto: Andreas Gebert)

Mit der Kandidatur eines Muslims habe er "überhaupt kein Problem", ganz im Gegenteil: Mit seinem Neufahrner Parteikollegen Ozan Iyibas sei er befreundet, dessen Bürgermeisterkandidatur würde er begrüßen und mit ihm sofort anstoßen. "Iyibas ist integriert und bürgernah und christlicher als viele andere in der Partei", sagt Mieskes. Seiner Meinung nach ist eine Haltung wie die der CSU-Basis in Wallerstein nicht mehr zeitgemäß.

Auch Iyibas hat schon Diskriminierung aufgrund seiner Herkunft erlebt

Der Freisinger CSU-Bundestagsabgeordnete Erich Irlstorfer will zum konkreten Fall in Wallerstein hingegen nichts sagen, denn dafür sollte man genau wissen, wie "die Dinge dort tatsächlich gelaufen sind". Eines ist aber sicher: "Das C in der CSU ist unsere Basis, genauso wie das S, das für sozial steht", sagt er. "Christliche Werte sind für Irlstorfer vor allem die Nächstenliebe und die Toleranz, und "die sollte man nicht nur propagieren, sondern auch leben". Mit der Bürgermeisterkandidatur eines muslimischen Politikers habe er prinzipiell "kein Problem", solange die Person die Werte der CSU verinnerlicht habe.

Auch Ozan Iyibas, der in Neufahrn als Gemeinderat kandidiert, wurde schon aufgrund seiner Herkunft diskriminiert. (Foto: privat)

Der 37-jährige Ozan Iyibas, der auch Landesvorsitzender des CSU-Arbeitskreises Migration und Integration ist, kandidiert für den Neufahrner Gemeinderat auf Platz eins, es gibt Spekulationen über seine Bürgermeisterkandidatur. Seine Eltern sind Aleviten, eine Glaubensrichtung, die als säkular gilt. Über seinen Glauben sagt er, er gehe selber in die Kirche, vergesse aber nicht, woher seine Familie komme. Den Vorfall in Wallerstein kritisiert er mit harten Worten: "Es kann nicht sein, dass es immer noch Menschen gibt, die sich gegen eine Person stellen, obwohl diese sich etabliert und für die Gesellschaft viel geleistet hat, nur aufgrund ihrer Herkunft". In der Vergangenheit, sagt Iyibas, habe er selber erlebt, wie einige Mitbürger sich gegen ihn gestellt haben - wegen seiner Herkunft. "Das ist ein latentes Problem, das zu einem größeren Problem werden könnte", sagt er. Auch deshalb fordert er eine deutlichere Positionierung vonseiten seiner Partei: "Die CSU muss diesbezüglich eine klare Haltung haben", sagt er.

© SZ vom 10.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Wallerstein
:"Es ist kein Problem eines Dorfes"

Der muslimische Unternehmer Sener Sahin lässt sich von der CSU-Spitze nicht umstimmen, Bürgermeisterkandidat zu werden. Auch in anderen Orten zeigt sich: Vor allem die Parteibasis leistet Widerstand.

Von Florian Fuchs, Olaf Przybilla, Lisa Schnell und Wolfgang Wittl

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: