Fürstenfeldbruck:Weber zeigt klare Kante

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Großer Bahnhof vor dem Barocksaal (von links): Landratsstellvertreterin Martina Drechsler, CSU-Ortschef Andreas Lohde, Ex-Minister Thomas Goppel, Manfred Weber, Landtagsabgeordneter Benjamin Miskowitsch, Bezirksrat Josef Loy, Brucks CSU-Vize Dieter Roiger, Bundestagsabgeordnete Katrin Staffler (Foto: Günther Reger)

Der Europapolitiker ist als Mann der moderaten Töne bekannt. Beim Neujahrsempfang der Brucker CSU aber gibt er sich kämpferisch und wirbt sogar um Verständnis für Donald Trump

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Der stellvertretende CSU-Landeschef Manfred Weber setzt sich für ein schlagkräftiges Europa ein sowie für Verständigung und Frieden. In seiner Rede am Sonntagnachmittag beim Neujahrsempfang des Brucker Ortsverbandes wird der als besonnen geltende Politiker aber auch deutlich. So signalisiert der Fraktionschef der EVP im Europaparlament in der Irankrise Verständnis für US-Präsident Donald Trump. Und Richtung Großbritannien sagt er: Wer der EU den Rücken kehrt, der muss sich darauf einstellen, auf lieb gewonnene Vorteile zu verzichten.

Vor der Tür der Polizeifachhochschule wird der 47-Jährige von ranghohen CSU-Vertretern aus dem Landkreis empfangen . Katrin Staffler und der frühere Minister Thomas Goppel präsentieren sich ebenso wie Landtagsabgeordneter Benjamin Miskowitsch, Brucks CSU-Chef Andreas Lohde und Oberbürgermeister Erich Raff mit dem prominenten Gast den Fotografen und einem BR-Fernsehteam. Ein bekanntes Gesicht fehlt: Landrat Thomas Karmasin, der eigentlich eine "Neujahrsadresse" mitbringen wollte, ist erkrankt.

Es wird deutlich, dass Weber ein Zugpferd ist. Und dies, obwohl Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sein Veto eingelegt hatte gegen die Berufung des Spitzenkandidaten der europäischen Christdemokraten zum EU-Kommissionspräsidenten. Dass Weber auch klare Kante zeigen kann, hatte er in einer Rede Ende des Jahres deutlich gemacht, in der er mit Macron wegen des "Tiefschlags in die demokratische Magengrube" abrechnete.

Die Schlappe hat den einstigen JU-Vorsitzenden also offenbar nicht nachhaltig beschädigt. Das sehen etwa 200 Besucher im überfüllten Barocksaal des Klosters so, darunter Alt-OB Sepp Kellerer, Stadt-, Kreis- und Bezirksräte, Vertreter von Brucker Fachbeiräten des Stadtrats sowie Repräsentanten aus Kirche und Wirtschaft. Mit dem Faschingsprinzenpaar Max II und Sonja I. ist sogar Blaues Blut vertreten. Bevor das Sextett des Posaunenchors der Erlöserkirche die Europahymne anstimmt und es ans Buffet geht, wird Webers Rede mit langem Applaus gewürdigt.

Der Europapolitiker beweist zuvor, dass er das Fishing for Compliments beherrscht. Er hat die Leute längst auf seiner Seite, wenn er sich bescheiden dafür bedankt, "dass ich kommen durfte", eine Lanze für den Diesel bricht, sich gegen ein Verbot des Urlaubsflugs nach Mallorca ausspricht oder sich beim Kampf gegen Kinderarbeit kompromisslos gibt. Weber wagt sich aber auch auf vermintes Gelände. Dann etwa, als es um die Politik Trumps in der aktuellen Nahostkrise geht. Man könne vom US-Präsidenten halten, was man wolle. Der getötete iranische General sei aber ein "Architekt des Terrornetzwerks" des Mullah-Regimes gewesen, das Menschen hinrichten lässt und Stellvertreterkriege etwa im Jemen führt. Ob dies reicht, um eine staatlich beauftragte Tötung zu rechtfertigen, darauf geht Weber nicht ein.

Insgesamt sei Europa gut aufgestellt, und auch in Bayern könne man durchaus zufrieden sein - vor allem weil sich das vereinte Europa seit dem Zweiten Weltkrieg zur "Friedensmacht" entwickelt habe. Man könne stolz sein auf Wohlstand, geringe Jugendarbeitslosigkeit, ärztliche Versorgung, Justiz sowie Polizei. Weber signalisiert gleichwohl, dass man sich nicht auf den Lorbeeren ausruhen darf - man müsse "anpacken, gestalten und das Gemeinwesen erhalten" - und China sowie den USA beispielsweise bei Datenschutz, Industrieförderung sowie Sicherheitspolitik paroli bieten. Weber plädiert für bilaterale Handelsabkommen und für die Abschaffung des Einstimmigkeitsprinzips in der EU-Außenpolitik. Er prophezeit, dass Großbritannien den Brexit möglicherweise noch bereuen könnte: "Wir sind keine Zwangsgemeinschaft. Aber nur Mitglieder genießen auch alle Vorteile."

Als Dank für seinen Auftritt erhält der "Kämpfer für ein starkes Europa" aus Händen des CSU-Ortschefs Lohde einen Bildband über das Kloster Fürstenfeld.

© SZ vom 13.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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