Gewalttat in Starnberg:Der mutmaßliche Todesschütze wollte Büchsenmacher werden

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Dem Büchsenmacherverband gehören 1300 Mitglieder an, die meisten handeln jedoch nur mit Waffen. (Foto: Jens Büttner/dpa)

Eine psychologische Eignungsprüfung für den Beruf gibt es nicht. Der Büchsenmacherverband hält es indes für unwahrscheinlich, dass Mitarbeiter Waffen aus der Werkstatt mitnehmen können.

Von Christoph Koopmann, Starnberg

Der 21-Jährige, der in Starnberg seine Eltern und danach sich selbst getötet haben soll, war laut Polizei Auszubildender bei einem Büchsenmacher - dort lernte er, Schusswaffen herzustellen und zu reparieren. Einen direkten Zusammenhang zwischen der Tat und seiner Lehre, in der er täglich mit Waffen zu tun hatte, stellte die Polizei zunächst nicht her. Auch Jürgen Triebel will diesbezüglich keine voreiligen Schlüsse ziehen. Triebel ist Präsident des Verbands Deutscher Büchsenmacher und Waffenfachhändler (VDB) und betreibt eine Firma zur Herstellung von Waffenwerkzeugen in Stöttwang. Dass ein Angestellter eine Schusswaffe aus der Werkstatt mit nach Hause nehme, könne er sich nicht vorstellen, sagt Triebel.

Für die Betriebe gebe es strenge Sicherheitsvorschriften. Jede Waffe, die neu hergestellt, repariert oder gewartet wird, müsse registriert sein, sagt Triebel. Nach Arbeitsende würden sie in Waffenschränken oder Tresorräumen weggeschlossen, die Aufbewahrungsorte seien zudem alarmgesichert. Karl Pommersberger, Obermeister der Büchsenmacherinnung Süddeutschland, erklärt: Bei neu herzustellenden Waffen müsse vor Arbeitsbeginn ein Produktionsplan erstellt werden, in dem jedes Bauteil verzeichnet ist. So soll sichergestellt werden, dass nichts abhanden kommt. "Es wäre unauffälliger, eine Waffe im Internet zu bestellen, als sie im Betrieb zu stehlen", sagt Pommersberger, der als Büchsenmacher in Kühbach (Landkreis Aichach-Friedberg) arbeitet.

Eine Eignungsprüfung gibt es nicht

Das Büchsenmacherhandwerk ist eine beinahe vergessene Zunft. VDB-Präsident Triebel schätzt, dass es nur noch wenige Hundert Meister in Deutschland gibt, die noch selbst Pistolen und Gewehre herstellen. Insgesamt hat der VDB 1300 Mitglieder, die meisten von ihnen jedoch handeln lediglich mit Waffen. Bei der Büchsenmacherinnung für Bayern und Baden-Württemberg seien 50 Betriebe registriert, sagt Karl Pommersberger.

Wer Büchsenmacher werden will, muss in Deutschland eine dreijährige Ausbildung absolvieren. Abgesehen von der mittleren Reife, die viele Betriebe verlangen, und einem polizeilichen Führungszeugnis müssen Bewerber dafür keine Voraussetzungen erfüllen. Aber handwerklich begabt sollten Lehrlinge sein, sagt Jürgen Triebel. "Viele Betriebe stellen bevorzugt Bewerber ein, die sich schon ein wenig mit Schusswaffen auskennen - Leute aus Jägerfamilien zum Beispiel", sagt Triebel. Eine gesonderte Eignungsprüfung - etwa in Form eines psychologischen Gutachtens - gibt es nicht. Ob jemand für den täglichen Umgang mit Waffen tauglich ist, müsse der jeweilige Meisterbetrieb selbst sicherstellen, sagt Triebel. "Die Meister schauen sehr genau darauf, dass die Bewerber zuverlässig und verantwortungsvoll sind."

Büchsenmacher werden jährlich überprüft

Karl Pommersberger von der Büchsenmacherinnung betont allerdings, dass für jeden Büchsenmacher die gleichen Anforderungen gelten wie für Antragsteller einer Waffenbesitzkarte oder eines Waffenscheins. Die Eignung werde jährlich geprüft. Eine Waffenbesitzkarte oder einen Waffenschein benötigt ein Büchsenmacher nur, wenn er in seiner Freizeit mit Waffen umgeht. Der mutmaßliche Täter von Starnberg besaß keine von beiden Erlaubnissen.

© SZ vom 14.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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