Klimaproteste:Lea for Future

Lea ist 15 und lebt in Libanon. Ein Land, das viele Probleme hat. Wasser ist dort knapp, Strom auch. Viele Menschen haben keine Arbeit, manche Kinder dürfen nicht mal in die Schule und im Nachbarland ist Krieg. Hier erzählt Lea, warum sie trotzdem fürs Klima auf die Straße geht.

Protokoll: Hanna Resch

"In unserem Haus muss das Wasser erst ein paar Minuten laufen, bis es warm wird. Früher haben wir es einfach den Abfluss runterlaufen lassen. Doch seit einiger Zeit stelle ich große Eimer unter den Hahn. Wir heben das Wasser auf, um später damit zu putzen oder Pflanzen zu gießen.

Ich hoffe, dass solche kleinen Dinge helfen. Vor allem, wenn es viele sind: Unsere Familie hat jetzt zum Beispiel einen eigenen Kompost. Die Schale meiner Frühstücksbanane landet dort. Ich benutze keine Wegwerf-Plastikflaschen wie so viele hier, sondern habe eine aus Edelstahl. Mein Sandwich stecke ich in eine Brotzeitbox und wickele es nicht mehr in Plastikfolie ein.

Fridays for Future Libanon

Lea (vorne) ist über ihrer Freundin Serene zur Umweltaktivistin geworden.

(Foto: Hanna Resch)

Seit fünf Monaten bin ich bei Fridays for Future Libanon. Für mich ist die Sache klar: Ohne Umwelt können wir nicht leben. Aber es ist hart, die Menschen in meiner Heimat davon zu überzeugen.

Ein bisschen kann ich das sogar verstehen: Es fühlt sich schon mal komisch an, über Plastikflaschen, Zigarettenstummel oder Mülltrennung nachzudenken, während viele Leute kein Geld mehr haben. Arbeit fehlt, die Regale im Supermarkt sind leerer als früher. Eine ganze Menge Kinder können nicht mal zur Schule gehen. Zum Beispiel die Flüchtlingskinder, die aus unserem Nachbarland Syrien kommen. Da ist schon lange Krieg.

Fridays for Future Libanon

Die Aktivisten bei der Arbeit: Warum nicht Müll als Mülleimer nutzen?

(Foto: Fridays for Future Libanon)

Ich wohne in Beirut, der Hauptstadt des Landes. Seit Oktober gehen hier fast jede Woche Tausende Menschen auf die Straße und protestieren - aber nicht für die Umwelt, sondern gegen die Regierung.

Dabei gibt es in Libanon viele Umweltprobleme. Unsere Müllabfuhr kennt weder Mülltrennung noch Recycling. Die meisten Menschen hier wissen nicht mal, was das ist. Es gibt zwar öffentliche Busse, aber die benutzt fast niemand. Die ganze Stadt ist voll mit Autos, ständig ist überall Stau. Wasser ist oft knapp. Wenn keines mehr aus dem Hahn kommt, müssen wir welches dazukaufen. Es wird mit großen Lastern angeliefert und ins Haus gepumpt. Jeden Tag wird der Strom für drei Stunden abgedreht. Oft fällt er auch einfach so aus. Alle, die es sich leisten können, haben deshalb Generatoren. Die produzieren Strom mit Benzin. Sie hängen an Wänden, stehen auf Straßen und Dächern und stinken und knattern richtig laut.

Fridays for Future Libanon

Genau wie in Deutschland werden FFF-Demonstrationen auch im Libanon von der Polizei begleitet – dort allerdings ist sie schwer bewaffnet.

(Foto: Fridays for Future Libanon)

Das alles macht mich sehr wütend. Natürlich können wir Probleme wie die mit dem Strom nicht einfach lösen. Das muss schon die Regierung tun. Aber wir wollen mit kleinen Veränderungen den Leuten zeigen, dass es auf jeden ankommt. Im Moment versuchen wir, Restaurants zu überzeugen, übrig gebliebene Lebensmittel nicht einfach wegzuwerfen und Abfall zu recyceln. In Libanon wird wirklich alles geliefert - meist in dünne Plastiktüten verpackt. Deshalb gehe ich nach der Schule oft zu Geschäften und rede dort mit den Angestellten: Könntet ihr nicht Jutebeutel verwenden? Einen Supermarkt konnten wir schon überzeugen.

Fridays for Future Libanon

FFF Libanon: Mit ihnen demonstriert Lea - und sammelt jede Menge Müll.

(Foto: Fridays for Future Libanon)

Immer nach den Protesten gegen die Regierung sammelt unsere FFF-Gruppe den Müll ein. Zigarettenkippen, Plastikflaschen - nach den Protesten sahen die Straßen wild aus. Aber ich glaube, wir haben die Leute zum Nachdenken gebracht, es ist besser geworden: Die Demonstranten werfen weniger Müll einfach so auf die Straße, und wir Müllsammler sind mehr geworden. Am Anfang waren wir nur fünf, später 100, und inzwischen machen noch viel mehr Leute mit. Das ist ein schönes Gefühl. Das schafft es sogar in die Fernsehnachrichten: Beirut war noch nie so sauber wie jetzt in der Krise.

Fridays for Future Libanon

Sieht aus wie ein Kaktus, ist aber eine Zeder: Ein Revolutions-Graffito der libanesischen Flagge.

(Foto: Hanna Resch)

Manchmal bin ich trotzdem frustriert. Gerade haben wir aufgeräumt, und schon wieder liegt so viel Müll herum. Oder die Leute, die den Klimawandel leugnen und einfach so weitermachen wollen wie immer.

Ich finde, wir Kinder müssen den Erwachsenen etwas beibringen. Meine Mama etwa ertappe ich manchmal dabei, wie sie das Wasser doch wieder lang laufen lässt, ohne Eimer, kommt doch gleich warm. Dann schaue ich erst streng und drehe ihr dann den Hahn ab. Darüber müssen wir dann beide lachen."

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