Mitten in Ebersberg:Selbst gestellte Hausaufgaben

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Schüler werden für Versäumnisse von Lehrern gerügt. Bei Schulträgern ist die Sache ein bisschen komplizierter

Kolumne von Wieland Bögel

Die Formulierung, jemand habe seine Hausaufgaben nicht gemacht, kann unterschiedliche Dinge bedeuten, je nachdem, ob jemand eine Schule besucht oder eine betreibt. Ein Beispiel: Sagt jemand über einen Schüler der Ebersberger Realschule, der habe seine Hausaufgaben nicht gemacht, dann hat dieser wohl tatsächlich das pädagogisch anempfohlene Lern- und Arbeitspensum für die schulfreie Zeit nicht erledigt. Sagt man dasselbe über den Träger der Realschule, den Landkreis Ebersberg, dann geht es eher nicht um die Matheübung oder den Deutschaufsatz. In diesem speziellen Fall geht es um Regenwasser.

Dieses, so schreibt es eine Satzung der Stadt Ebersberg vor, soll nicht in die Kanalisation abgeleitet werden, sondern auf dem Grundstück versickern. Sinn der Vorgabe, die es so in den meisten Kommunen gibt, ist zu verhindern, dass bei stärkerem Niederschlag der Kanal zu voll wird und überläuft. Die meisten Bewohner der Kreisstadt haben in dieser Hinsicht ihre Hausaufgaben erledigt, also die Aufgabe, das eigene Haus als Quelle unerfreulicher Rinnsale auszuschließen. Nicht so die Realschule, wie in der jüngsten Sitzung des Technischen Ausschusses zu erfahren war. Eigentlich ging es um einen Bauantrag für einen neuen Verwaltungstrakt der Schule, ein Vorhaben, das die Verwaltung als baurechtlich unproblematisch einstuft und dem auch alle Ausschussmitglieder zustimmten. Allerdings, so Bauamtsleiter Christoph Stöhr, solle man dem ansonsten positiven Bescheid einen Hinweis anfügen, eben jenen, dass man eine Entwässerungssatzung nicht zum Spaß erlasse.

Denn, wie Bürgermeister Walter Brilmayer (CSU) ausführte, könne die Stadt sonst einen Hinweis von der Kommunalaufsicht im Landratsamt bekommen, weil man Satzungen beschließe, aber nicht auf deren Einhaltung achte - also gewissermaßen seine Hausaufgaben nicht mache. Was man denn in der Folge tun werde, würde die Schule, beziehungsweise der Landkreis keine adäquate Regenwasserversickerung anlegen, wollte Elisabeth Platzer (SPD) wissen. Am Ende müsste dann wohl der Landkreis in Form der Aufsichtsbehörde gegen den Landkreis in Form des Schulträgers, also gegen sich selbst tätig werden, sagte Brilmayer. Dennoch ist es unwahrscheinlich, dass sich der Landrat wegen nicht gemachter Hausaufgaben selbst zum Nachsitzen verdonnert. Denn wie das städtische Bauamt erfahren habe, bemühe sich der Landkreis, Versäumtes nachzuholen: Auf dem Schulgrundstück seien bereits Probebohrungen vorgenommen worden, um herauszufinden, wo sich Regenwasser am besten versickern lässt. So dass die Realschule das Nichterledigen von Hausaufgaben bald wieder ausschließlich den Schülern überlassen kann.

© SZ vom 20.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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