Kommunalwahl in Sendling:Näher am Bürger

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München ist zu groß für eine zentrale Verwaltung, sagt Markus Lutz, Chef des Bezirksausschusses Sendling. Wolle man Probleme früher angehen, müssten die Stadtviertel-Gremien handlungsfähiger werden. (Foto: Susie Knoll)

Markus Lutz (SPD) fordert eine Abkehr von der Zentralverwaltung hin zu einer Stärkung der Münchner Stadtbezirke und ihrer Befugnisse

Interview von Birgit Lotze, Sendling

Ministerpräsident Markus Söder (CSU) schlägt vor, die Regierungsbezirke zu reformieren. Der Chef des Sendlinger Bezirksausschusses Markus Lutz (SPD) setzt zwei Ebenen darunter an: Bezirksausschüsse (BA) müssen stärker werden. Lutz, der auch für den Stadtrat kandidiert, fordert zum Nachdenken darüber auf, ob nicht eine Verwaltungsreform das Übergewicht des "zentralen Wasserkopfs" austarieren soll, ob nicht dezentrale Strukturen geschaffen werden müssen.

Herr Lutz, w arum ist eine Reform der Bezirksausschüsse notwendig?

Markus Lutz: München wird in den nächsten Jahren stark wachsen. Mit einer Zentralverwaltung stößt die Stadt an ihre Grenzen. Nah am Bürger zu handeln, ist da schwierig. Mit 1,5 Millionen Einwohnern ist München für die jetzige Struktur schon viel zu groß. Studien sehen diese Struktur nur bis 1,2 Millionen als sinnvoll an. Große Städte wie Berlin oder Hamburg geben den Bezirken weit mehr politische Macht. In München wären deshalb Großbezirke sinnvoll, die näher am Bürger dran sind.

Wo stößt die politische Arbeit des BA praktisch an Grenzen?

Nehmen wir den Großmarkt: Daran arbeiten wir seit Jahren, wollen den Neubau. Wir sind ja nah dran, kennen die Probleme und Bedarfe der Händler, wissen um die Dringlichkeit. Doch für die Stadt war das Neubauprojekt zweitrangig, obwohl den Händlern wegen Einsturzgefahr Kühlräume gesperrt wurden, manche ausziehen mussten. Zwar ließ die Stadt Studien erstellen, aber auf dem Areal passierte nichts. Stattdessen wird laufend viel Geld in völlig kaputte oder baufällige Gebäude gesteckt. Hätte der BA handeln können, hätten wir längst eine Halle. Die Versorgung wäre gewährleistet. Es wären schon zehn Jahre vorher Flächen für 1200 Wohnungen freigeworden, Lärmschutz für Anlieger, Platz für Kultur und Schulen geschaffen worden.

Welche Referate sollten Aufgaben auf die Stadtbezirke transferieren?

Sozialreferat und Kommunalreferat müssten dezentralisiert werden. Der Großmarkt müsste als eigener städtischer Betrieb im kleineren Bereich verwaltet werden, die Märkte sollte man dem jeweiligen Bezirk unterordnen. Und bei der Bauplanung müsste sich dringend etwas ändern.

Was sollte sich beim Wohn bau ändern?

Auch dort sollte es dezentrale Einheiten geben, die früher Probleme erkennen und anpacken. Das Planungsreferat ist stadtweit viel beschäftigt. So passiert viel zu wenig in München, was die Infrastruktur angeht. Es werden fast keine Bebauungspläne erstellt, man greift zur einfachsten Lösung, dem Paragraph 34 Baugesetzbuch. Dieser besagt, dass die Baustruktur des Neubaus der der Nachbarschaft gleichen muss. Diese Projekte kann man dann schnell genehmigen, aber wir verlieren damit auch die Möglichkeit der sozialgerechten Bodennutzung. In Sendling wurden jetzt nach dem Rewe-Abriss 120 Wohnungen an der Alramstraße genehmigt, weitere 250 Wohnungen in Neuhofen - alle nach Paragraph 34 und damit mit wenig Rücksicht auf die Infrastruktur. Doch wenn die Schule fehlt, haben wir ein großes Problem. Ebenso bei der Siedlung hinter der Harras-Post. Auch dort wurde nur ein vorhabenbezogener Bebauungsplan erstellt. Doch ohne Bebauungsplan konnten wir den Investor nicht zwingen, einen Supermarkt einzuplanen.

Dort hat die Stadt ihr Vorkaufsrecht genutzt und die Siedlung der GWG übertragen. Jetzt kommt wohl der Supermarkt?

Das war ein sehr großer Erfolg des BA, die Mieter wurden gerettet. Aber den Supermarkt, nein, den wird auch die GWG nicht bauen.

© SZ vom 22.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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