Ärger um "Brexit-Münze":Politische Fehlprägung

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Im oberen Bild hat sich ein Fehler eingeschlichen (oder auch nicht). Von diesem 50-Pence-Stück gehen 10 Millionen Exemplare in Umlauf. (Foto: DPA)

Auf der offiziellen Sondermünze, die zur Feier des Brexit in Umlauf kommt, wird ein traditionelles "Oxford-Komma" vermisst. Kritiker (und Brexit-Gegner) sind empört.

Von Johan Schloemann

Wie einfach und wie schön wäre das, wenn man diejenigen, die man für politische Idioten hält, an ihren Rechtschreibfehlern identifizieren könnte! Manchmal haben ja politische Idioten auch eine schlechte Rechtschreibung. Und dann kann man in den sozialen Medien beobachten, wie entlastend das auf ihre Gegner wirkt: Diese Leute haben furchtbare Argumente, und sie können natürlich noch nicht mal schreiben!

Man versteht gut, dass die Gegner des Brexit in Großbritannien sich in ihrer Verzweiflung auf solche Entlastungsversuche verlegen. So haben sie jetzt auf der offiziellen Sondermünze, die die Regierung von Boris Johnson zum EU-Austritt am 31. Januar in Umlauf bringt, einen Kommafehler entdeckt. Oder zumindest einen, über den man diskutieren kann.

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The Royal Mint, die staatliche Münzprägestelle, hatte im vergangenen Herbst eine Million Brexit-Münzen wieder einschmelzen müssen, weil sich der von Boris Johnson versprochene Austrittstermin im Oktober nicht hatte halten lassen. Von dem neuen 50-Pence-Stück werden nun drei Millionen Exemplare in Umlauf kommen, bis Ende des Jahres sollen es insgesamt zehn Millionen werden. Das erste Stück wird der Finanzminister, der auch den Titel "Master of the Mint" trägt, dem Premierminister am kommenden Freitag persönlich überreichen. Beide werden grinsen.

Nicht alle Schriftkundigen sind der Auffassung, dass am Ende ein Komma gesetzt werden muss

Die Inschrift nun lautet: "Peace, prosperity and friendship with all nations". Also: Frieden, Wohlstand und Freundschaft mit allen Nationen. Diese Botschaft soll den globalen Anspruch Großbritanniens mit einer Portion von Empire-Nostalgie so ausdrücken, dass zugleich der Vorwurf nationaler Engstirnigkeit, die zum Brexit führte, zurückgewiesen wird. Der Spruch klingt an eine Wendung an, die Thomas Jefferson, einer der Gründerväter der USA, in seiner ersten Rede zum Amtsantritt als Präsident im Jahr 1801 verwendet hatte: "peace, commerce, and honest friendship with all nations". Die Kritiker monieren nun, wie der Guardian berichtet, dass auf der Brexit-Münze vor dem letzten Glied der Aufzählung, also vor "and friendship", das im Englischen übliche sogenannte Oxford-Komma (oder "serial comma") vergessen worden sei.

Der erfolgreiche Fantasy-Autor Sir Philip Pullman ("His Dark Materials", "Der Goldene Kompass") fordert, die Münze " sollte von allen Menschen boykottiert werden, die des Lesens und Schreibens kundig sind". Und Stig Abell, Herausgeber des Times Literary Supplement, schreibt, auch wenn es "vielleicht nicht der einzige Einwand" gegen eine Brexit-Jubel-Münze sei: "Das Fehlen eines Kommas nach ,prosperity' macht mich völlig fertig."

Allerdings ist auch das Oxford-Komma seinerseits nicht unumstritten. Nicht alle Schriftkundigen sind der Auffassung, dass es am Ende einer mehrgliedrigen Aufzählung vor dem "and" oder "or" immer gesetzt werden muss. In jedem Fall aber schön wäre es, wenn es nur über solche grammatischen Fragen auf der Insel zu Zerwürfnissen käme.

© SZ vom 29.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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