Kommunalwahl in Höhenkirchen-Siegertsbrunn:Große Sprünge mit leerem Beutel

Kommunalwahl in Höhenkirchen-Siegertsbrunn: Roland Spingler, Mindy Konwitschny, Andrea Hanisch und Karsten Voges wollen in Höhenkirchen-Siegerstsbrunn die Nachfolge der scheidenden Bürgermeisterin Ursula Mayer antreten.

Roland Spingler, Mindy Konwitschny, Andrea Hanisch und Karsten Voges wollen in Höhenkirchen-Siegerstsbrunn die Nachfolge der scheidenden Bürgermeisterin Ursula Mayer antreten.

(Foto: Claus Schunk)

Bei einer Podiumsdiskussion sprechen die vier Bürgermeisterkandidaten über ihre Ideen - und wie sie diese in der notorisch klammen Gemeinde finanzieren wollen

Von Bernhard Lohr, Höhenkirchen-Siegertsbrunn

Die Kandidaten hatten schon über den Weiterbau der Umfahrung von Höhenkirchen-Siegertsbrunn geredet, ihren vehementen Einsatz für eine Tieferlegung der Bahntrasse angekündigt und die baldige Sanierung der Alten Apotheke in Aussicht gestellt, als sich ziemlich weit hinten im voll besetzten Saal des Gasthofs Feuer und Stein Anton Stürzer erhob und vor den etwa 300 Anwesenden die Frage stellte, die irgendwie alles überlagerte: "Wie stellt ihr euch vor, dass ihr die Anliegen finanziell stemmen wollt?" Andrea Hanisch (Unabhängige Bürger) nickte und sagte "Ohne Moos nix los".

Dabei blieb es freilich nicht bei der mit Spannung am Ort erwarteten Podiumsdiskussion der vier Bürgermeisterkandidaten, die die Nachfolge der seit 2002 amtierenden Bürgermeisterin Ursula Mayer (CSU) unter sich ausmachen. Wie Hanisch kündigten Mindy Konwitschny (SPD), Roland Spingler (CSU) und Karsten Voges (Grüne) große Anstrengungen an, die Gewerbe-Struktur zu stärken. Dass die Gemeinde im Landkreisvergleich die wenigsten Arbeitsplätze biete und bei der Gewerbesteuer auf hinteren Plätzen rangiere, dürfe so nicht bleiben, hieß es unisono. Dabei setzten die Kandidaten bei diesem wie den anderen Themen, unterschiedliche Schwerpunkte und ließen den einen oder anderen Satz los, der hängen blieb. Wie Spingler, der die Jahre unter Mayer nicht schlechtgeredet haben wollte. "Wenn wir ein Wappentier haben würden, müsste es das Känguru sein", sagte er: "Große Sprünge mit leerem Beutel."

Der kurze Exkurs in die Heraldik kam daher, dass Moderator Stefan Weinzierl vom Münchner Merkur zu Beginn der mit der Volkshochschule ausgerichteten Diskussion die Kandidaten gebeten hatte, das Wappen der Gemeinde aufzumalen, was alle einigermaßen hinbekamen. Ein Känguru jedenfalls zeichnete keiner.

Doch dann wurde es schnell ernst und konkret. Etwa zur Öffnung des Muna-Areals. Während Voges ermunterte und fand, dort könnte ein "sehr schöner Bereich für Naherholung" entstehen, strich Konwitschny den Wert der Biotope in dem eingezäunten früheren Gelände einer Munitionsfabrik heraus und warnte vor vorschnellen Lösungen. "Das ist ein sehr sensibles Gebiet." Spingler warb für einen Ideenwettbewerb, um Konzepte zu entwickeln und Hanisch war wieder ganz nah bei Voges, als sie für "sanfte Naherholung" plädierte. Dort könnten Familien ihre Freizeit verbringen, statt am Wochenende raus an den Tegernsee zu fahren. Sogar das Naturbad könnte sich Hanisch dort vorstellen, sollte der Standort am Hirschwinkel, wo wegen einer früheren Deponie derzeit der Boden untersucht wird, ungeeignet sein.

Den Wunsch nach dem Naturbad brachten Bürger zur Sprache und die Raumnot an der Erich-Kästner-Schule. Sie wollten jeweils wissen, was die Kandidaten konkret tun würden. Voges warb finanziell für einen "gewissen Anschub" durch die Gemeinde. Hanisch sagte, der Naturbad-Verein müsse Hilfe bekommen wie die Hockeyspielerinnen, die einen Kunstrasenplatz erhalten hätten. Während Spingler ohne Anspielung aufs Wunsch-Wappentier warnte, die Gemeinde sollte nicht zu "große Sprünge" machen, schwärmte Konwitschny vom Bad als künftigen "Begegnungsort. "Wer zwischen 15 und 25 ist", sagte die aus Holland stammende Zweite Bürgermeisterin mit leicht ins Bairische kippendem Klang, "für den schaut's bisserl mau aus, wenn er nicht im Burschenverein ist".

Alle vier bekannten sich dazu, die Mängel an der Kästner-Schule zügig zu beheben. Voges lobte das "Engagement der Eltern und des Rektors", die die Defizite erst publik gemacht hätten. "Mitmachen ist wichtig", brachte er seinen Wunsch nach einer aktiven Bürgergesellschaft zum Ausdruck. Hanisch sagte, sie würde nicht Meisterin der Bürger sein, sondern Impulsgeberin und Moderatorin. Der Bürger wolle nichts vorgesetzt bekommen, sondern mitmachen. Konwitschny versprach "mit dem Bürger, für den Bürger" zu arbeiten und forderte, die Menschen zügiger und besser über Vorgänge im Rathaus zu informieren.

Diskussion gab es kaum. Allenfalls Voges ging in die Offensive, als er sagte, er könne im Kreistag künftig Belange der Gemeinde etwa zu Radwegen an Kreisstraßen einbringen. "Ich bin der einzige Kandidat, der einen aussichtsreichen Listenplatz hat." Herausgefordert sah sich dadurch niemand. Stattdessen sagten alle viele Verbesserungen zu, etwa für Radfahrer. Und sie überboten sich mit Ideen zur Gewerbepolitik. Spingler, selbst Unternehmenskundenbetreuer bei der Sparkasse, sagte: "Ich komme aus der Wirtschaft." Hanisch will sich einsetzen, dass ein Gründergeist am Ort einzieht. Und Konwitschny lag der Ausbau des Glasfasernetzes am Herzen. All das, damit Geld in die leere Kasse von Kämmerin Christine Schmidt kommt, die vorne im Saal sitzend verfolgte, wie sich ihr künftiger Chef oder ihre Chefin schlug.

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