Weltkrebstag:Wie Mediziner bei der gefürchteten Diagnose helfen können

Weltkrebstag: Auf dem Foto sieht es zwar harmlos aus, aber das sogenannte maligne Melanom ist der Name einer bösartigen Tumorerkrankung. Hier ist eine Zelle des Tumors in Vergrößerung zu sehen.

Auf dem Foto sieht es zwar harmlos aus, aber das sogenannte maligne Melanom ist der Name einer bösartigen Tumorerkrankung. Hier ist eine Zelle des Tumors in Vergrößerung zu sehen.

(Foto: Science Source/mauritius images)

Weit mehr als 400 Studien werden derzeit von Onkologen an den beiden Münchner Uni-Kliniken durchgeführt. Damit bekommen Patienten frühzeitig Zugang zu Behandlungsoptionen und Therapien.

Von Sabine Buchwald

Das noch junge Jahr 2020 läutet ein neues Jahrzehnt ein, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) zur Nationalen Dekade gegen Krebs deklariert worden ist. Man kann diese Initiative als Alarmsignal sehen, aber auch als ein Zeichen der Hoffnung. Denn Krebserkrankungen gehören derzeit zu den größten Herausforderungen der Medizin. Im Gegenzug gibt es aber auch immer bessere Therapien und ein engmaschiges Netz, um Patienten zu helfen. Forschung, Zusammenarbeit und Informationsaustausch ist wohl dringend nötig, wenn man die Prognose der Weltgesundheitsorganisation (WHO) betrachtet.

Demnach soll sich bis zum Jahr 2040 die Anzahl der Neuerkrankungen weltweit verdoppelt haben. Der seit nunmehr zwanzig Jahren wiederkehrende Weltkrebstag an diesem Dienstag soll auf Ursachen und Bekämpfung der Krankheit aufmerksam machen. Er soll auch Patienten und ihren Angehörigen Hilfe bieten. Deshalb haben die beiden Münchner Universitätskliniken der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) und der Technischen Universität (TU) am Dienstagnachmittag eine gemeinsame Hotline eingerichtet. An deren Ende beraten von 13 bis 15 Uhr zwei Stunden lang Onkologen zu den Tumorerkrankungen in ihrem Fachgebiet.

Laut der Deutschen Krebshilfe liegt die Zahl der Krebserkrankungen jährlich in Deutschland bei 500 000, 5000 sind es jährlich allein in München. Die Ursachen für die dramatisch steigende Krebsrate sind mannigfaltig. Die einfachste Erklärung für den rapiden Anstieg sei die zunehmend alternde Population, sagt Volker Heinemann, leitender Oberarzt der onkologischen Tagesklinik der LMU in Großhadern. Er schiebt die zunehmende Krebsrate auch auf die hohe Zahl an Schadstoffen in der Luft und der Nahrung. Außerdem sieht er Tumorerkrankungen als eine Ursache des westlichen Lebensstils, der weltweit übernommen wird. Er spricht also ein wenig auch den Menschen selbst die Verantwortung zu, wenn sie übergewichtig sind, rauchen, zu viel Alkohol trinken und sich allgemein zu wenig bewegen.

Heinemann ist einer der beiden Leiter des Comprehensive Cancer Center (CCC) München, das gemeinsame Krebszentrum der Universitätskliniken. Er steht zusammen mit Hana Algül, geschäftsführender Oberarzt am Klinikum Rechts der Isar, (TU), an der Spitze des Zentrums und mit ihm in regem Austausch. Denn an beiden Häusern wird akribisch geforscht, beraten und therapiert.

Das CCC gibt es seit nunmehr zehn Jahren, es zählt zum Netzwerk der 13 deutschen onkologischen Spitzenzentren. Eine wichtige Aufgabe dieser Zentren ist es, den Patienten die bestmögliche Diagnostik und Behandlungsmöglichkeit zugänglich zu machen. Dazu verfügen die Zentren über Datenbanken. Man schicke sich gegenseitig Patienten und verweise auf Spezialisten, sagt Heinemann. Jährlich werden mehr als 15 000 Patienten am CCC behandelt. Das Angebot in München empfindet er als "hervorragend". Auf dem flachen Land werde es dafür aber dünner. "Deshalb ist es so wichtig, dass Ärzte wie Patienten wenigstens an Informationen kommen und diese uneingeschränkt teilen."

Weit mehr als 400 Studien werden derzeit an den beiden Münchner Uni-Kliniken durchgeführt. Mit diesen Studien, die in der Regel auf spezielle Krebsarten zugeschnitten sind, bekommen Patienten frühzeitig Zugang zu Behandlungsoptionen und Therapien. Denn es ist ein langer Weg, bevor Medikamente für den Markt zugelassen werden. Sie werden in mehreren Phasen geprüft. Neue Medikamente werden in der Regel erst in Phase zwei und drei an Patienten getestet. Dann, wenn man bereits Toxizität ausschließen kann und mehr über die Wirkung weiß. Besonders in Deutschland, so Heinemann, seien die Auflagen hoch.

Ein Großteil dieser klinischen Studien wird von der Pharmaindustrie finanziert, weil die öffentlichen Mittel für rein akademische Studien längst nicht ausreichen. Pro Patient werden für Durchführung, Dokumentation und Versicherung zwischen Sechs- bis zu Zehntausend Euro veranschlagt, so Heinemann. Für die Zulassung eines Medikaments bei einer Pharmastudie sei die Summe noch wesentlich höher. "Das Sicherheitsdenken, das wir insgesamt in Europa entwickelt haben, führt dazu, dass es sehr aufwendig und kostspielig ist, überhaupt Studien durchzuführen", so Heinemann. Er sieht in der Abhängigkeit von der industriellen Sponsorenschaft nichts Anrüchiges. Für ihn zählen Ergebnisse zum Wohle des Patienten.

Vielleicht ist dies ein Grund, warum er ein Loblied auf national vernetzte Selbsthilfegruppen singt. Das seien Leute, die sich intelligenterweise mit ihrer Krankheit auseinandersetzten, so Heinemann. Sie hätten oft eine unglaubliche Expertise in ihrer speziellen Krebsart, wie sie etwa Allgemeinmediziner gar nicht mitbringen könnten. Deshalb wünscht er sich auch, dass Ärzte auf Selbsthilfegruppen verwiesen. Über die könne man beispielsweise Spezialisten finden. Patienten, so Heinemann, die sich mit ihrem Zustand auseinandersetzen und mit den Ärzten im Dialog stehen, werden insgesamt meist besser versorgt. Wichtig zudem, dass sich Eheleute umeinander und erwachsene Kinder um ihre Eltern kümmern. Auch ältere Leute sollten nicht allein gelassen werden - etwa weil sie keinen Zugang zum Internet haben.

Wichtige Adressen:

  • Tumorzentrum München, Tel. 4400-53351
  • Krebsberatungsstelle Rotes Kreuz, Di-Do von 9 bis 14 Uhr, Fr von 9 bis 12 Uhr, einmal im Monat Kontaktcafé, Perchtinger Straße 5, Tel. 2373-276
  • Bayerische Krebsgesellschaft, Nymphenburgerstraße 21A, Tel. 5488400
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