Alben der Woche:Eine nette Platte einer jungen Cover-Band

Die "Mighty Oaks" sind auf Manufactum-Roadtrip, aus London kommt dystopischer Disco von "HMLTD". Pop Smoke bringt den Grime nach New York und "Green Day" verabschieden sich vom Punk - und einem eigenen Sound.

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Pop Smoke - Meet The Woo 2 (Republic)

Meet the Woo 2 - Cover - Pop Smoke

Quelle: Universal Music

In einer Zeit, in der im Rap fast so schnell neue Stile aufploppen wie früher Alben, helfen Alleinstellungsmerkmale natürlich enorm. Der erst 20-jährige Pop Smoke hätte da zum Beispiel: einen mustergültigen Rapper-Lebenslauf. Geboren in Brooklyn, auf die schiefe Bahn geraten, Berufung im Hip-Hop gefunden. Eine enorm tiefe Stimme hat er auch noch. Sein größtes Pfund ist jedoch der aggressive Sound, bei dem Elemente aus Drill, Grime und New Yorker Rap ineinanderfließen - gnadenlos unterfüttert mit 808-Bässen. Und das "Woo", ein charakteristischer Ausruf, der beinahe in jedem Song vorkommt. Gelegenheit, das "Woo" zu anzutreffen, gibt es auf Smokes neuem Mixtape. Es heißt: "Meet The Woo 2".

Benedikt Scherm

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Mighty Oaks - All Things Go (Warner Music)

MIghty Oaks - All Things Go Cover

Quelle: BENAMEUR PROMOTION

Die Mighty Oaks veröffentlichen ihr drittes Studioalbum "All Things Go" und klingen, nun, wie man es eben erwartet, beim Prädikat "Folk": nach Roadtrip mit einem manufactum-renovierten Camper-Van durch Skandinavien. Auf eher sehr geraden, sehr ruhigen Straßen. Es gibt: Lagerfeuergitarren, Tamborin, Mandoline und mehrstimmigen Gesang. Es geht um die großen und kleinen Schwierigkeiten, die das Leben und die Liebe so bereithalten. Und es ist insgesamt noch etwas poppiger als früher. Das mag man. Oder nicht. Abstand halten sollten darüber hinaus alle, die allergisch auf Kitsch reagieren - und kein Zelt besitzen.

Benedikt Scherm

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La Roux - "Supervision" (Supercolour)

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Quelle: Label

Mit "Supervision" erscheint in dieser Woche außerdem endlich auch das neue Album von Elly Jackson alias La Roux. Nachdem der britischen Sängerin 2009 das Kunststück gelungen war, mit ihren Dance-Popsongs in der Indie-Gemeinschaft so beliebt zu sein wie im Mainstream, folgte nur noch ein einziges Album, das gut war, aber fast unbeachtet blieb. Eigentlich unnötig zu erwähnen, wie grundlegend sich die Popmusik seither verändert hat - würde man "Supervision" nicht so deutlich anhören, dass La Roux das Gegenteil der schnelllebigen, Streaming-optimierten Charts-Pop-Mechanismen im Blick hat: Elly Jackson lässt sich Zeit mit jedem einzelnen Song - fünf, sechs, sogar sieben Minuten - und lässt ihre geschmeidigen Soundwelten Stück für Stück entstehen. Das erinnert manchmal an Nile Rodgers oder den Michael Jackson der "Thriller"-Ära. Vor allem bewegt sich Jacksons Falsettgesang zwischen den 80er-Jahre-Synthies und Funk-Gitarren immer noch so agil und sehnsüchtig, als wäre seit 2009 praktisch keine Zeit vergangen.

Annett Scheffel

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Khruangbin & Leon Bridges - "Texas Sun" (Dead Oceans/Columbia)

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Quelle: Label

Wie klingt es, wenn ein Psychedelic-Surfrock-Funk-Trio sich mit einem jungen Soul-Sänger zusammentut, dessen Songs so retro klingen, als wäre die goldene Ära von Aretha Franklin nie vorbeigegangen? Hören kann man das auf der EP "Texas Sun" (Dead Oceans/Columbia), einer Zusammenarbeit von Khruangbin und Leon Bridges. Die vier Songs sind wie eine Soul-Meditation zur Pedal-Steel-Gitarre. Für die texanische Landschaft mit ihren schnurgeraden Highways ist das quasi die optimale Fahrstuhlmusik: einschmeichelnd und warm texturiert, aber man kann auch schnell vergessen, dass sie überhaupt da ist.

Annett Scheffel

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HMLTD - "West Of Eden" (Lucky Number)

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Quelle: Label

Für alle, die in diesen Tagen ein wenig mehr Antrieb brauchen, gibt es zum Glück die dystopische Disco-Musik von HMLTD. Das Debütalbum der Lodoner Band ist aus so erstaunlich vielen, raffiniert verzahnten Bestandteilen zusammengezimmert, dass man es eher als Art-Rock-Mixtape beschreiben muss: "West Of Eden" klingt nach Schweiß, Adrenalin und Glam, nach 70er-Jahre-Bowie, dem Gender-Bending von Frankie Goes to Hollywood und der Arschtritt-Energie von Fat White Family, die wie HMLTD der sehr lebendigen Szene in Südlondon entstammen. Ein greller Spaß.

Annett Scheffel

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Green Day - Father Of All (Warner)

Green Day: ´Father Of All..."

Quelle: dpa

"A NEW sound for us", sagt Green-Day-Frontman Billie Joe Armstrong zum Klang des neuen Werks "Father Of All". Im US-Wahljahr hätte man damit wohl eine Art "American Idiot" Teil zwei erwartet. Stattdessen bekommt man: Eine bewusst apolitische Rock-N-Roll-Party mit einer auf jeder Nummer anders klingenden Band, die sich vom Pop-Punk verabschiedet und in allen Ecken der Musikgeschichte "Inspirationen" gesucht hat. Das glückt mal mehr, oft weniger: Das "Oh Yeah!" im gleichnamigen Song etwa ist sehr, sehr auffällig aus "Do You Wanna Touch" des Glamrockers und Kinder-Vergewaltigers Gary Glitter entlehnt. Das Falsett im Opener-Track bedient sich mehr als offensichtlich bei den Eagles Of Death Metal. Die Riffs in "Junkies On A High" klingen exakt wie bei den Black Keys, "Fire, Ready, Aim" könnte eine B-Seite der Hives vor 15 Jahren sein. Alles in Allem klingt das wie eine nette Platte einer jungen Cover-Band, die jemand für seine Kellerparty im Studentenwohnheim gebucht hat - und der man nach dem Gig beim 1,50-Euro-Bier wünscht, dass sie in Zukunft noch einen eigenen Sound findet. Den hatten Green Day aber eigentlich schon mal.

Quentin Lichtblau

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Green Day: ´Father Of All..."

Quelle: dpa

Altersmilde geworden: Die Punk-Legenden von Green Day, Billie Joe Armstrong, Mike Dirnt und Tré Cool (von links nach rechts) mit ihrem 13. Studioalbum "Father of All..." .

Alle Folgen der "Alben der Woche" gibt es hier.

© SZ vom 05.02.2020/sikt
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