Arist von Harpe übernimmt die "Mopo":"Total euphorisch"

Lesezeit: 2 min

Kein Verleger, sondern Wirtschaftsingenieur und Digitalmanager Arist von Harpe übernimmt die Hamburger Morgenpost. (Foto: dpa)
  • Der Wirtschaftsingenieur und Digitalmanager Arist von Harpe übernimt die Hamburger Morgenpost.
  • Das war selbst für die Mopo-Leute eine große Überraschung, die den 41-Jährigen erst einmal googeln mussten.
  • Bei seiner Vorstellung wirkte er "wie ein Schanzentyp" und versprach, dass die Mopo für ihn kein Hobby, sondern ein Geschäftsmodell sein soll.

Von Peter Burghardt

Es war am vergangenen Donnerstag, als der Hamburger Morgenpost ein Edelmann erschien. "Wie ein Prinz", sagt Nina Gessner, Lokalredakteurin und Betriebsratsvorsitzende der Mopo , wie das 70 Jahre alte Boulevardblatt genannt wird. "Wir sind total euphorisch." Bei einer Betriebsversammlung stellte der bisherige Besitzer DuMont der Mopo ihren künftigen Eigentümer vor: Arist von Harpe.

Ein Prinz, der eine kriselnde Institution zu neuem Leben erweckt? Minuten vor der Bekanntgabe hatte der Lokalrivale Hamburger Abendblatt die verblüffende Personalie gemeldet, die Mopo-Leute googelten rasch. Kaum jemand von ihnen kannte den Namen. Arist von Harpe? Kein Verleger - sondern Manager beim Berufsnetzwerk Xing. 41 Jahre alt. Erst sprach DuMont-Vorstand Christoph Bauer im Redaktionsgebäude zu den Angestellten, der Kölner Verlag wollte die 2008 erworbene und schwer defizitäre Boulevardzeitung längst wieder loswerden. Dann präsentierte sich der Retter seinen künftigen Angestellten selbst.

Die journalistische Qualität liege ihm am Herzen

Er habe drei Töchter und 20 Jahre lang im Schanzenviertel gewohnt, berichtete von Harpe. Er kam seinem Publikum auch optisch vor "wie ein Schanzentyp", heißt es. Mit Dreitagebart und ungezwungen, anders als auf Fotos. "Wir hatten das Gefühl, das ist ein bodenständiger Mensch", sagt Nina Gessner - ein für sie angenehmer Kontrast zu profitorientierten Verlagsmenschen. Und von Harpe habe "den entscheidenden Satz gesprochen" - ihm liege "die journalistische Qualität am Herzen".

Applaus flog ihm entgegen, manche hätten vor Freude geweint, erzählt Nina Gessner. "Das war ein Befreiungsschlag. Als ob Ketten gesprengt wurden." Es sei unter DuMont nur noch um Klicks gegangen, um Reichweite, klagt Nina Gessner, "Akkordarbeit, wir haben wirklich gelitten, der Mopo wurde massiv geschadet". Und zuletzt sorgte das Gerücht für Entsetzen, das Portal mopo.de gehe an die Funke-Gruppe, ohne Redaktion. Die Redaktion demonstrierte, unterstützt von Bürgermeister bis Uwe Seeler. Nun sichert sich ein in traditionellen Medienkreisen Unbekannter die gesamte Mopo, inklusive der gut gehenden Beteiligung an Radio Hamburg. Laut taz bekommt von Harpe von DuMont eine Millionensumme als Mitgift, weil er alles samt Printausgabe und Personal abnimmt. Das spart Ärger und Geld.

Die Hamburger Morgenpost soll für Arist von Harpe "kein Hobby" sein. (Foto: Xing)

Über Zahlen wird geschwiegen. Bis zur endgültigen Übernahme wolle er öffentlich nichts mehr sagen, schreibt Arist von Harpe in einer SMS, "es geht ja um die Mopo und nicht um mich". Die Mopo erfreute er mit Sätzen wie dem, dass sie zu Hamburg gehöre "wie der Kiez, der Fischmarkt, Jan Fedder, Fettes Brot, Deichkind und die Beginner". Er sei immer Fan der Zeitung gewesen, "eine coole Marke", sagte er dem Magazin Horizont. "Das musst du machen", habe er sich gedacht.

Wie genau? Arist von Harpe lässt nur verstehen, dass er sich als früherer Unternehmensberater mit Zahlen auskennt. Er kommt aus Düsseldorf und ist Wirtschaftsingenieur mit Studium in Hamburg und Göteborg. Er war bei Boston Consulting und Geschäftsführer bei Facelift, das Software für Social Media Marketing anbietet. Für mutmaßlich mehrere Millionen wurde DuMont 2016 Mehrheitseigner von Facelift, man kennt sich. Seit 2018 leitete von Harpe die Vermarktungssparte von Xing. Der IT-Experte nennt die Druckausgabe der Mopo ihr Herzstück, obwohl die Auflage auf 47 000 Exemplare abgestürzt ist. Traut sich da jemand, gegen den Trend in Journalismus zu investieren? So hört es sich an. Der Erlöser? Die Mopo solle "kein Hobby sein, sondern ein Geschäftsmodell", sagt Arist von Harpe. "Ich bin keine Bank." Nina Gessner erkennt "Startup-Charakter, eine Mischung aus Idealismus und Wagemut". Sie seien nicht naiv bei der Mopo, sie wissen, dass es hart wird. Aber, sagt sie über den unverhofften Käufer: "Das ist ja quasi heldenhaft."

© SZ vom 10.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: