Umfrage:Die USA sollen es für die Nato richten

Umfrage: Die Bürger der Mitgliedsstaaaten sehen die Nato durchweg positiv. Die mit dem Bündnis einhergehenden Verpflichtungen werden jedoch nicht immer anerkannt.

Die Bürger der Mitgliedsstaaaten sehen die Nato durchweg positiv. Die mit dem Bündnis einhergehenden Verpflichtungen werden jedoch nicht immer anerkannt.

(Foto: AFP)

Die Bürger der Nato-Staaten sehen die Allianz positiv. Sollte es aber zu einem ernsthaften militärischen Konflikt mit Russland kommen, wollen viele trotzdem keine eigenen Soldaten schicken.

Von Matthias Kolb, Brüssel

Die nordatlantische Militärallianz Nato wird von den Bürgern ihrer Mitgliedstaaten mehrheitlich positiv gesehen. Viele sind aber nicht bereit, im Falle einer Konfrontation Russlands mit einem Partner eigene Soldaten einzusetzen, sondern verlassen sich auf die USA. Dies sind zwei Ergebnisse einer Studie des renommierten Meinungsforschungsinstituts Pew, für die zwischen Mai und August 2019 insgesamt 21 029 Menschen in 16 Nato-Staaten sowie in Russland, der Ukraine und Schweden befragt wurden und die der SZ vorliegt.

Demnach haben 53 Prozent der Teilnehmer eine positive Meinung über das Bündnis, während 27 Prozent die Nato negativ beurteilen. In Deutschland liegen die Werte für Wertschätzung und Ablehnung bei 57 Prozent beziehungsweise 33 Prozent. Laut Pew hatten 2007 noch 73 Prozent der Deutschen die Nato wohlwollend beurteilt. Am höchsten ist die Zustimmung für die Nato mit 82 Prozent sowie 77 Prozent in Polen und Litauen, während in der Türkei und Griechenland nur jeder Fünfte beziehungsweise nur etwa jeder Dritte so denkt.

Im Kern des 1949 gegründeten Verteidigungsbündnisses, das 2020 durch den Beitritt Nordmazedoniens auf 30 Mitglieder anwächst, steht die in Artikel 5 des Washingtoner Vertrages festgeschriebene Beistandspflicht. Demnach ist ein Angriff auf ein Mitglied als Angriff auf alle zu werten, was abschreckende Wirkung erzielen soll. Daher hat die Nato nach der völkerrechtswidrigen Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim durch Russland 2014 insgesamt 5000 Soldaten in Polen sowie im Baltikum stationiert; die Bundeswehr hat in Litauen die Führung der Mission inne.

Auf die Frage, ob im Falle "eines ernsthaften militärischen Konflikts zwischen Russland und einem Nato-Partner" das eigene Land militärisch aktiv werden sollte, finden sich Mehrheiten in nur fünf der 16 Nato-Mitglieder: in den Niederlanden (64 Prozent), den USA (60), Kanada (56), Großbritannien (55) und Litauen (51). Hierzulande befürwortet dies nur jeder Dritte; drei von fünf Deutschen sind dagegen.

Die Zahlen erklären sich wohl dadurch, dass trotz der enormen Unpopularität von Präsident Donald Trump in Europa mit 60 Prozent eine klare Mehrheit überzeugt ist, dass die USA im Ernstfall mit ihren überlegenen militärischen Fähigkeiten eingreifen würden. Davon gehen in Deutschland knapp zwei Drittel der Befragten aus.

Pew wollte auch von den Europäern wissen, ob sie eine engere Beziehung mit den USA oder mit Russland bevorzugen - oder ob eine gute Kooperation mit beiden erstrebenswert sei. Demnach halten 25 Prozent der Deutschen eine enge Partnerschaft mit Moskau für besonders wichtig; nur Bulgarien ist noch russophiler. 30 Prozent wollen gleich gute Beziehungen zu Moskau und Washington, während nur 39 Prozent die USA bevorzugen. Dieser Wert sticht im westeuropäischen Vergleich heraus: In Frankreich, Schweden und Spanien sehen 60, 71 sowie 73 Prozent die USA als wichtigeren Partner; in den Niederlanden und Großbritannien sind es 82 und 83 Prozent. Nach dem Abschuss des MH17-Flugzeugs und der Giftgasattacken in Salisbury wird Russland von den dortigen Regierungen und den Menschen sehr kritisch gesehen.

Die Zahlen aus den USA machen klar, dass die Kritik Trumps an der Nato und der fehlenden Bereitschaft der Europäer, zwei Prozent ihrer Wirtschaftsleistung ins Militär zu stecken, Wirkung zeigt. 61 Prozent der Demokraten denken positiv über die Nato, während dies nur 45 Prozent der Republikaner tun. Dies ist eine Ausnahme zu der von Pew festgestellten Tendenz, dass die Allianz populärer bei jenen Bürgern ist, die sich eher als "politisch rechts" einordnen.

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