Hertzkammer:Rätselhafter Monolith

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John Talabot legt im Blitz-Club auf

Von Martin Pfnür

Als Oriol Riverola alias John Talabot sein brillantes Debütalbum "Fin" auf dem Münchner Label "Permanent Vacation" veröffentlichte, war das für den katalanischen Produzenten und DJ ebenso sehr ein Aufbruch in neue Erfolgsdimensionen wie eine lang ersehnte Erlösung. "Schwer gelitten" habe er während der ausufernden Produktion des Albums, berichtete Riverola einst in einem Interview mit dem Musikmagazin Groove. Dies vor allem, weil ihm die Trennung zwischen Arbeit und Freizeit einfach nicht gelingen mochte. Immer wieder hätten ihn verbesserungswürdige Details aus dem Schlaf gerissen und zurück ins Heimstudio geführt, habe er sich tagelang weggesperrt und sich seiner damaligen Partnerin entzogen, bis diese aus der gemeinsamen Wohnung auszog und Riverola allein mit seiner kreativen Obsession zurückließ.

Gut acht Jahre ist das jetzt her. Ein weiteres Album hat Riverola - sieht man von einem Mix für die Serie "DJ-Kicks" und einer Kollaboration mit dem schwedischen Kollegen Axel Boman als Talaboman ab - seitdem nicht mehr aufgenommen. Und warum auch? Steht sein Debüt, das ihn bald auf eine Welttournee als Support der Indiepop-Band The xx führte, doch bis heute wie ein rätselhaft schöner Monolith in der elektronischen Musiklandschaft. Nachhaltig inspiriert von jenen ätherisch-tropicalischen Synthie-Klängen, mit denen die Münchner Experimentalband Popol Vuh 1972 Werner Herzogs Urwald-Irrfahrt "Aguirre" untermalte, gelingt Riverola darauf das Kunststück, vermeintlich Unvereinbares zu einem Ganzen zusammenzuführen. Ohne dabei auch nur im Ansatz retro oder eklektisch zu wirken, vereint er auf "Fin" wavige Kühle mit soulig-discoider Wärme, subtile Melancholie mit maximal euphorisierenden Drops sowie geschliffenen Pop-Appeal mit unbedingter Experimentierlust. Sollte man sich anhören.

John Talabot , Freitag, 14. Februar, 23 Uhr, Blitz, Museumsinsel 1

© SZ vom 13.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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