Neuberechnung:Der Landkreis Ebersberg bekommt mehr Kinderärzte

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Die Region profitiert von der bundesweiten Reform der Bedarfsplanung und bekommt zusätzliche Stellen im Bereich der Jugendmedizin.

Von Andreas Junkmann, Ebersberg

Wenn es von irgendetwas zu wenig gibt, ist das häufig eine Folge schlechter Planung. In diesem Fall allerdings nicht: Durch die bundesweite Überarbeitung der vertragsärztlichen Versorgungsgrade ergeben sich für den Landkreis Ebersberg zusätzliche Niederlassungsmöglichkeiten für Kinder- und Jugendärzte. War in diesem Bereich die Versorgung bis zuletzt gedeckt, stehen nun 2,25 neue Stellen zur Verfügung. Auch bei den Hausärzten ist eine Stelle unbesetzt. In allen anderen ärztlichen Fachbereichen gilt für Ebersberg aber weiterhin ein Zulassungsstopp.

Die Grundlage für die Ärzteverteilung in Deutschland bildet die sogenannte Bedarfsplan-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses, einem Gremium der gemeinsamen Selbstverwaltung auf Bundesebene. Der Bedarfsplan für Bayern wird schließlich von der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen erstellt - und kontinuierlich fortgeschrieben. So wie zuletzt zum Jahreswechsel, als der neue Bedarfsplan für den Freistaat vorgelegt wurde. "In diesem Zuge sind bayernweit auch zahlreiche neue Niederlassungsmöglichkeiten für Fachärzte - insbesondere im Bereich der Kinder- und Jugendärzte und Psychotherapeuten - entstanden", wie das Kommunalbüro für ärztliche Versorgung im Bayerischen Landesamt für Gesundheit- und Lebensmittelsicherheit (LGL) auf SZ-Anfrage mitteilt.

In den meisten medizinischen Bereichen gilt die Region als überversorgt

Ob sich ein Arzt tatsächlich in einem Planungsbereich ansiedeln darf, liegt am sogenannten Versorgungsgrad der jeweiligen Fachdisziplin, der sich in erster Linie an der Einwohnerzahl orientiert. Ist dieser höher als 110 Prozent, gibt es keine neuen Niederlassungsmöglichkeiten. Genau das ist im Landkreis Ebersberg in allen ärztlichen Disziplinen - mit Ausnahme der Kinder- und Hausärzte - der Fall. Für letztere gibt es noch eine freie Stelle im Landkreisnorden, der allerdings zum Planungsbereich Erding Süd gehört. Ob die offene Hausarztstelle also tatsächlich im Raum Ebersberg geschaffen wird, ist deshalb unklar. Der Landkreissüden dagegen ist inzwischen mit Hausärzten - zumindest theoretisch - gut versorgt. War hier zuletzt noch eine halbe Stelle offen, liegt der Versorgungsgrad nun bei knapp über 110 Prozent.

Deutlich unter der Zulassungsgrenze liegt der Landkreis Ebersberg bei den Kinderärzten. Durch die Reformierung des Bedarfsplans ist der Versorgungsgrad in diesem Bereich von zuletzt 116 auf 77 Prozent gerutscht - umgerechnet bedeutet das 2,25 offene Stellen.

Wo genau diese im Landkreis geschaffen werden, ist allerdings unklar, denn hier macht der Bedarfsplan keine Vorgaben. Einfluss darauf hat allerdings der Zulassungsausschuss, der aus Vertretern von Ärzten und Krankenkassen besteht und über eingehende Bewerbungen entscheidet. Wie die KVB mitteilt, werde im Bewerbungsprozess sehr wohl darauf geachtet, wo sich ein Arzt ansiedeln will. "Wenn jemand dort hingehen würde, wo es bislang noch keinen Facharzt gibt, wird der Bewerber natürlich favorisiert", so ein Sprecher. Das dürfte man im Landkreissüden rund um Kirchseeon, Moosach und Glonn gerne hören, denn hier gibt es bislang keinen einzigen Kinderarzt.

Weitere Fachärzte wird es im Landkreis vorerst nicht geben

Weitere Fachärzte wird der Landkreis vorerst aber nicht bekommen. Bei allen anderen Disziplinen sind die Versorgungsgrade auch nach der Bedarfsreformierung noch teils deutlich überschritten. So liegt der Wert bei den Frauenärzten etwa bei 114 Prozent, Augenärzte liegen bei 126 und Hals-Nasen-Ohren-Ärzte gar bei 176 Prozent. Größere Bewegung gibt es lediglich noch bei den Psychotherapeuten: Hier macht sich die bundesweite Neuorientierung insofern bemerkbar, als dass der Versorgungsgrad von 187 Prozent auf 137 gesunken ist - was immer noch eine Überversorgung für den Landkreis bedeutet.

Bis auch bei den Kinderärzten wieder die Schallmauer von 110 Prozent erreicht sein wird, kann es laut KVB noch einige Zeit dauern. So müssen die Stellen zunächst im Bayerischen Staatsanzeiger öffentlich ausgeschrieben werden. Dann folgt der Bewerbungsprozess unter Aufsicht des Zulassungsausschusses. Klar ist aber, dass die vorhandenen 2,25 Stellen im Landkreis nicht allzu lange offen bleiben werden. Zu groß ist der Wunsch vieler Gemeinden, einen eigenen Kinderarzt zu bekommen. Entsprechende Bestrebungen hatte man etwa in Kirchseeon bereits im Sommer vergangenen Jahres unternommen, damals aber aufgrund der Überversorgung eine Absage kassiert. Gut möglich, dass die Marktgemeinde nun einen erneuten Anlauf startet.

Die Verteilung der Mediziner auf die Kommunen ist weiterhin ungleich

Mit Blick auf die aktuellen Daten ist der Landkreis Ebersberg medizinisch also weiterhin gut versorgt. Einen Wermutstropfen gibt es allerdings: Gerade Fachärzte lassen sich fast ausschließlich in den einwohnerstarken Gemeinden wie Vaterstetten, Poing, Ebersberg und Grafing nieder. Bürger in weiten Teilen des Landkreises - vor allem im Südwesten - gehen auch nach der Bedarfsreform leer aus und müssen für ihre medizinische Versorgung weiterhin in die größeren Kommunen pendeln.

© SZ vom 13.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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