Die Demo: "Ich hätte nicht gedacht, dass so viele kommen"

Die Demo: "Schämen Sie sich, Herr Schmidt", steht auf dem großen Banner, das die Demonstranten am Donnerstagabend vor dem Vaterstettener Rathaus präsentieren.

"Schämen Sie sich, Herr Schmidt", steht auf dem großen Banner, das die Demonstranten am Donnerstagabend vor dem Vaterstettener Rathaus präsentieren.

(Foto: Christian Endt, Fotografie & Lic)

Erstmals findet in Vaterstetten eine Demo gegen einen Lokalpolitiker statt. Unter den Demonstranten gegen AfD-Gemeinderat Manfred Schmidt sind auffällig viele junge Leute - und eine Frau, die den Stein ins Rollen brachte.

Von Korbinian Eisenberger, Vaterstetten

Die Schwestern Levigna und Yuma sind 13, Realschülerinnen und mit die Jüngsten auf dieser Demonstration. "Ich finde es unmöglich, dass Unschuldige auf dieser Liste stehen", sagt Levigna. Sie meint die Liste von AfD-Gemeinderat Manfred Schmidt aus Baldham, wegen ihm sind sie hier. Oder besser gesagt: "Gegen ihn", so die Oma der beiden. Silvana Vega, in Italien geboren, zugewandert und seit 41 Jahren in Deutschland. Sie und ihre beiden Enkeltöchter, das erklären alle drei, sind sicherlich keine Unterstützer der AfD, "Im Gegenteil". Vielleicht verwenden sie deshalb den Begriff "Unschuldige".

Donnerstagabend, Minuten vor dem Beginn der Vaterstettener Gemeinderatssitzung. Demo gegen einen Mann, dem vorgeworfen wird, Vaterstettener Bürger gegen ihren Willen auf AfD-Listen der Gemeinderats- und Kreistagswahl gesetzt zu haben. "Es ist die erste Demo, die wir in Vaterstetten haben, die sich gegen einen Lokalpolitiker wendet", sagt CSU-Gemeinderat Michael Niebler in einer kurzen Ansprache.

Die Demo: Marina Ruoff (links) kandidiert für die Vaterstettener Grünen für den Vaterstettener Gemeinderat. Mit ihr demonstrieren zwei Mitschülerinnen vom Humboldt-Gymnasium: Emma und Hanna (rechts).

Marina Ruoff (links) kandidiert für die Vaterstettener Grünen für den Vaterstettener Gemeinderat. Mit ihr demonstrieren zwei Mitschülerinnen vom Humboldt-Gymnasium: Emma und Hanna (rechts).

(Foto: Christian Endt, Fotografie & Lic)

Dem Aufruf der Grünen sind hundert Menschen gefolgt und mit Pfeifen, Glocken und Plakaten vors Rathaus gezogen. "Schämen Sie sich Herr Schmidt" - das Motto der Grünen - skandieren die Demonstranten in die zapfige Vaterstettener Abendluft. Es ist ein einseitiger Abend, Verteidiger des langjährigen Gemeindepolitikers sind nicht zu sehen. Er auch nicht, weswegen erst im Sitzungssaal zu erfahren sein wird, was er zur Sache beiträgt.

Auffällig: Unter den Demonstranten sind deutlich mehr junge Menschen als sonst, wenn im Rathaus der Gemeinderat tagt. Unter ihnen sind drei Schülerinnen vom Vaterstettener Humboldt-Gymnasium: Emma, 18, Hanna, 17, und Marina Ruoff, 18, die für die Vaterstettener Grünen für den Gemeinderat kandidiert. Ruoff erklärt, dass sie die AfD ablehne, aber auch gekommen wäre, stünde ein SPDler oder CSUler unter solch schwerem Verdacht. Ihre Einschätzung: "Das ist menschlich und moralisch kein gutes Handeln.

Die Jugend ist da, und auch die älteren sind gekommen. 14 Gemeinderatsmitglieder sind unter den Demonstranten - und einige, die nun ungewollt auf der Liste stehen. Unter ihnen ist die 66-Jährige Helga Steinberger, die erste Betroffene, die an die Presse ging. "Ich hätte nicht gedacht, dass so viele kommen und dass das solche Auswirkungen hat", sagt sie. Sie sei froh, dass andere Betroffene sich daraufhin ebenfalls meldeten.

So wie Conchita Schuster, 69, auch sie ist vors Rathaus gekommen, auch sie erzählt. Sie kannte Schmidt als Organisator für Ausflüge. "Ich war ihm dankbar, weil er mir Abwechslung bot", sagt sie. Schmidt habe ihr vor der Unterzeichnung erklärt, dass es um Stimmen für ihn als AfD-Politiker gehe, nicht aber um ihre Kandidatur. "Er versprach mir, dass mein Name nirgendwo auftaucht", so Schuster. "Ich wollte ihm persönlich etwas zurück geben", sagt sie. "Nicht der AfD."

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