Kurzkritik:Unfug-Feier

Ulan & Bator in der Lach- und Schießgesellschaft

Von Oliver Hochkeppel

An der Ausgangssituation haben sie auch im neuen, dritten Programm "Zukunst" nichts verändert: Als wären sie Zuschauer, lassen sich die Anzugträger Frank Smilgies und Sebastian Rüger zu Fahrstuhlmusik in der Lach- und Schießgesellschaft nieder und warten auf den Beginn der Vorstellung. Nur sitzen sie eben auf der Bühne, und sobald sie diese bunten Bommelstrickmützen in ihren Sakkotaschen entdecken und aufsetzen, verwandeln sie sich in Ulan & Bator. Und der Wahnwitz nimmt seinen Lauf.

Ein "Zwerg aus Käse" im Kühlschrank sucht als Mutant seinen Besitzer heim ("Schredder mich!"); ein pastoraler Mahner wider die Oberflächlichkeit des Internets landet bei der Besinnung auf das Analoge ("Können wir noch Briefe schreiben statt Emails?") bei sehr überkommenen "Tugenden" ("Können wir noch achtsam schänden? Oder pfählen? Leute, wacht auf!"); als eine von mehreren Fortsetzungsgeschichten entbrennt ein aberwitziger Wettstreit um absolut sinnlose Statussymbole wie im Fuß implantierte, Platin-ummantelte Diamanten ("Warum? Weil ich's mir leisten kann!"); beim im Vampirfilm-Gestus verfremdeten Antrittsbesuch des neuen Nachbarn entpuppen sich beide Hausherren als - fast - identische Persönlichkeiten; dann gibt's das Konzert mit quietschend über den Boden geschrubbten Stühlen ("Hallo bei Deutschland Kulturradio mit ,Klassik neu hören'"), ebenso absurde Pärchensketche, TV-Parodien oder Lied-Einlagen.

Ulan & Bator, das ist hochgradiger Unfug, der, jahrelang perfektioniert, so ernsthaft und kunstvoll zelebriert wird, dass er aufklärerischen Sinn entwickelt. Eine Art "Monty Python" für die Zwanzigerjahre. Kein massenkompatibler, format-tauglicher Humor ist das allerdings: Einen Sinn fürs Absurde, Dadaistische sowie kulturelle Grundkenntnisse muss man mitbringen. Dies vorausgesetzt, wird man noch Stunden nach der Vorstellung ein Grinsen nicht los. Das Programm läuft noch bis Samstag.

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