Machtkampf im Fußball:Fehdehandschuh für Infantino

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Gegen Fifa-Präsident Gianni Infantino regt sich Widerstand. (Foto: dpa)

Unter Präsident Gianni Infantino reklamiert die Fifa eine absurde Bedeutung für sich - doch der Widerstand wächst. Die mächtigen Verbände Uefa und Conmebol schließen einen Pakt gegen den Schweizer.

Kommentar von Thomas Kistner

Südamerikas Medien würdigten den vergangenen Mittwoch als "historisch" für den Fußball. Und obwohl in Europa alles ruhig blieb, fand tatsächlich Richtungsweisendes statt: der Schulterschluss der Erdteilverbände Uefa und Conmebol. Europa und Südamerika: Dort siedeln die weltbekannten Klubs, plus sämtliche Nationalteams, die je in einem WM-Finale standen. Ohne die beiden ist kein relevantes Weltturnier möglich.

Was ist also geschehen? Uefa und Conmebol besiegelten einen Pakt. Sie gründeten gemeinsame Komitees, vom Frauenfußball bis zur Schiedsrichterei. Und: zum Thema "neue Turnierformate". Also genau zu dem Thema, das Gianni Infantino seit Monaten verzweifelt hinter den Kulissen betreibt ... Entsprechend besorgt verfolgte der Präsident des Weltverbandes Fifa den Gipfel in Nyon. Seine Leute suchten Kontakt zu Conmebol-Chef Alejandro Dominguez, wollten ihn ausfragen zu dessen Treffen mit Uefa-Präsident Aleksander Ceferin, dem Fifa-Staatsfeind Nr. 1. Aber Dominguez flog demonstrativ in die Heimat zurück. Gianni, dem einst so engen Freund, wolle er nicht mal mehr die Hand schütteln, heißt es. Auch Dominguez hat inzwischen erlebt, was Ceferin längst gut kennt: von Infantino hintergangen zu werden.

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Von Thomas Kistner

Mit tollen Zusagen und stillen Absprachen versucht der Autokrat in Zürich, eine globale Superliga der Topklubs zu installieren - unterm Dach seiner Fifa. Das würde die Erdteilverbände ihrer Hauptgeldquellen berauben, etwa die Uefa der Champions League, die Conmebol ihrer Copa Libertadores. Dass Infantino in fremden Gründen wildert, lässt das Kernproblem des Weltfußballs zutage treten: Just die zwielichtige Fifa reklamiert eine absurde Bedeutung für sich. Dabei täte es dem Fußball besser, sie auf ein Veranstalterbüro für die WM zurückzustutzen. Für sehr viel mehr braucht es sie nicht.

Insofern ist das Bündnis Uefa/Conmebol, in deren Gefilden 80 Prozent aller Fußballumsätze anfallen, der Fehdehandschuh für Infantino. Ohne diese Schwergewichte kann er seine Superliga, die er aus seiner auf 24 Teams aufgestockten Klub-WM 2021 in China basteln will, auf dem Mond austragen. Was sich aktuell sowieso anbietet: Der Rechteverkauf für eine China-Klub-WM in 16 Monaten dürfte stagnieren: Wer steckt Milliarden in ein Turnier im Reich des Coronavirus?

Der Skandalreport zum afrikanischen Verband entlarvt auch die Fifa

Jetzt brauchen Uefa und Conmebol noch Verbündete. Da passt es, dass Infantino in diesen Tagen sogar seine Getreuesten verprellt: den Afrika-Verband Caf. Der hat kürzlich die Fifa-Generalsekretärin Fatma Samoura vor die Tür gesetzt, die dort sechs Monate lang eine bizarre Chefrolle ausgeübt hatte. Infantino hat das nicht gefallen - nur Tage später sickerte ein Finanzreport der Buchprüferfirma Pricewaterhouse Coopers durch, der den Caf als kriminellen Selbstbedienungsladen darstellt. Weil die Vorwürfe verheerend sind, haben Afrikas Topleute keine Zukunft mehr - zu Recht. Nur wird das Infantino dort viel Rückhalt kosten.

Was läge für die tobenden Caf-Spitzen näher, als demnächst Rache zu üben? In Addis Abeba, Äthiopien, tagt im Mai der Fifa-Kongress. Für ein Misstrauensvotum gegen den Boss reicht die einfache Mehrheit. Kippt Infantino, würde Salman al Khalifa aus Bahrain zum Fifa-Interimschef, Asiens Verbandsboss, den Infantino bei der Wahl 2016 geschlagen hatte, mit Europas und Amerikas Hilfe.

Der Skandalreport zum Caf entlarvt auch die Fifa selbst als reformbedürftiger denn je: Dutzende Millionen ihrer Entwicklungsgelder verschwanden in Infantinos früherem Fan-Kontinent Afrika - spurlos, völlig unkontrolliert! Das zeigt: Dieser Fifa ist vieles zuzutrauen - aber keine saubere Buchführung. Allein das disqualifiziert Infantino als Partner für jeden Klubmanager mit Geschäftsethik.

© SZ vom 15.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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