Karlsfelder Feuerwehr:Retter in Not

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Die Investition in die Karlsfelder Feuerwehr lohnt sich. Die Retter brauchen für noch effektivere Einsätze eine moderne Ausrüstung. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Die Freiwillige Feuerwehr in der schnell wachsenden Gemeinde Karlsfeld plagen nicht nur Nachwuchssorgen, es fehlt auch an Technik und Ausrüstung wie Anzügen. Das kann auch für die Einsatzkräfte gefährlich werden

Von Christiane Bracht, Karlsfeld

Das Orkantief Sabine und der Brand im Altenheim in den frühen Morgenstunden des Samstags haben die Karlsfelder Feuerwehr nicht nur mächtig ins Schwitzen, sondern auch an den Rand ihrer Kapazitäten gebracht. Abgesehen davon, dass die Truppe aus Ehrenamtlichen sich schon seit längerem mehr Einsatzkräfte wünscht, um die vielen Alarmierungen auf mehrere Schultern verteilen zu können, gibt es weitere Probleme: Dieses Mal reichten die Schutzanzüge kaum für die Helfer. "Wir haben sogar die von den Kollegen, die im Urlaub waren, aus ihren Spinden ziehen müssen", berichtete Kommandant Michael Peschke im Hauptausschuss des Gemeinderats. Anders wären die Aktiven am Montag nicht über die Runden gekommen. Peschke hat deshalb jetzt bei der Gemeinde neue Dienstkleidung erbeten. "Wir müssen den Puffer an Ersatzkleidern unbedingt erhöhen", sagte er. 38 000 Euro wird das voraussichtlich kosten. Einige Ausrüstungsgegenstände wie Helme, leichte Einsatzjacken, Uniformen für Jugendliche und ähnliches sind zudem noch nötig. Rund 50 000 Euro sind dafür momentan im Haushalt eingeplant.

Außerdem müssen in den nächsten Jahren noch drei neue Fahrzeuge angeschafft werden, damit die Wehr einsatzfähig bleibt. Für Karlsfeld, das ohnehin schon einen immensen Schuldenberg hat, ist das ein großer Batzen Geld. Mit etwa einer halben Million Euro wird heuer ein Löschfahrzeug zu Buche schlagen, das nächstes Jahr zum Fuhrpark dazu kommen soll. Bereits in Produktion ist ein Einsatzwagen, der die Gemeinde rund 120 000 Euro gekostet hat. Im vergangenen Jahr wurde schon ein Mannschaftswagen ausgeliefert. Dringend nötig wäre zudem auch eine neue Drehleiter, die nach ersten Prognosen 750 000 Euro kosten würde.

"Könnte diese Investition noch ein oder zwei Jahre nach hinten verschoben werden?", wollte Bürgermeister Stefan Kolbe (CSU) wissen. Die Not, einen genehmigungsfähigen Haushalt vorzulegen war in der ersten Debatte greifbar. Alle Ausgaben wurden auf den Prüfstand gestellt - auch die der Feuerwehr. "Schwierig", bemerkte Kommandant Peschke nur. "Zwei oder drei Leuten haben wir bei dem Sturm mit unserer Drehleiter nicht helfen können, weil wir nicht hinter das Haus kamen." Auch bei Patiententransporten müsse immer öfter die Werksfeuerwehr von MTU/MAN helfen, oder wenn deren Drehleiter gerade nicht verfügbar ist, müsse auf die der Berufsfeuerwehr München gewartet werden. Das nächste Fahrzeug ist laut Peschke in Pasing. Die Anfahrtsstrecke ist entsprechend weit.

Die Drehleiter der Karlsfelder Feuerwehr ist inzwischen 22 Jahre alt. Der Korb kann maximal ein Gewicht von 120 Kilogramm tragen, zu wenig für manch einen Patienten, der im Liegen transportiert werden müsse. Außerdem fehlt laut Kommandant ein Gelenk im obersten Teil der Leiter, so dass diese nicht abgewinkelt werden könne. Bei dem Orkan am Montag hätten die Feuerwehrler deshalb auf manch ein Dach steigen müssen, um lose Ziegel einzusammeln oder zu befestigen. "Für die Ehrenamtlichen ist das ein Sicherheitsrisiko", klagt Peschke. Und bei dem letzten großen Feuer auf dem Ludlhof hätte man mit einer modernen Drehleiter sicher schneller und besser eingreifen können, gibt der Feuerwehrkommandant zu bedenken.

Erschwerend kommt hinzu, dass bei dem Sturm der Hauptscheinwerfer der Drehleiter kaputt gegangen ist. "Man weiß nicht, ob MAN den noch auftreiben kann", erklärte der Kommandant den Gemeinderäten. "Es wird generell immer schwerer, Ersatzteile zu bekommen." Die Tragkraftspritze sei ebenfalls defekt. Sie sei so alt, dass sie noch einen Käfermotor habe. "Wir hoffen, dass wir sie noch mal reparieren können", so Peschke.

Neue Schutzkleidung ist laut Kommandant ebenfalls zwingend notwendig. Jeder der 73 Aktiven habe zwar vor etwa zwei Jahren eine relativ neue Dienstkleidung bekommen, zudem gebe es noch einen Pool mit 20 Hosen und Jacken, doch wenn relativ viele Einsätze hintereinander seien wie am Wochenende und Montag, reiche das eben nicht. "Bei dem Brand im Altenheim waren 25 Leute im Einsatz", erklärte Peschke. Ihre verrußten und mit Blut befleckten Kleider könnten danach nicht einfach wieder in den Spind gehängt werden. Sie sind hoch krebserregend und müssten zur Spezialwäsche bei den Dachauer Kollegen gebracht werden. Bis sie zurückkämen, dauere es etwa drei bis fünf Tage. Beim Sturmeinsatz waren die Anzüge noch nicht wieder da. Die 24 Aktiven, die am Montag 21 Mal ausrücken mussten, um Äste und Baumstämme von Gehwegen und Straßen zu räumen oder lose Dachziegel beziehungsweise einen Strommasten zu sichern sowie ein Werbeschild zu demontieren, konnten die durchgeschwitzten Sachen nicht alle wechseln. 30 neue Garnituren fordert der Kommandant deshalb. Eine kostet etwa 1000 Euro. Dies sei zwar eine teure Anschaffung, aber eben auch eine wichtige, betonte Peschke. "Ich möchte nicht erleben, dass jemand Krebs bekommt, nur weil er geholfen hat."

Trotz Finanznot waren sich die Gemeinderäte schnell einig, die Feuerwehr in vollem Umfang zu unterstützen - nicht zuletzt auch deshalb weil dies eine Pflichtaufgabe der Gemeinde ist. Wenn die neue Drehleiter 2023 zum Fuhrpark der ehrenamtlichen Helfer kommt, ist alles wieder auf dem neuesten Stand. Die vielen Investitionen der vergangenen Jahre, sowie die der nächsten sind deshalb alle auf einmal nötig gewesen, weil Karlsfeld Ende der 1980er und Anfang der 1990er Jahre wegen des rasanten Bevölkerungswachstums sehr viel für die Brandschützer angeschafft hatte. Die Sachen sind nun alle in die Jahre gekommen und mussten beziehungsweise müssen ersetzt werden.

© SZ vom 15.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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