Toyota:"Der Markt kommt irgendwann zurück"

Noch nie ging es Toyota so schlecht, doch Deutschland-Chef Uyttenhoven hofft im Gespräch auf die Abwrackprämie. Er erwartet 2,85 Millionen Neuzulassungen.

Michael Kuntz

Alain Uyttenhoven, 48, steht seit April vorigen Jahres an der Spitze von Toyota Deutschland. Der gebürtige Belgier kam 2004 zum japanischen Autokonzern, zuvor war er unter anderem Marketingvorstand bei Opel und arbeitete lange bei Daimler-Chrysler. Toyota, der weltweit größte Autohersteller, wird derzeit auch in Deutschland voll von der Krise erwischt. Die Neuzulassungen brachen schon 2008 dramatisch ein. Uyttenhoven hofft nun auf die neuen Toyota-Modelle.

Toyota: Toyota-Deutschlandchef Alain Uyttenhoven: "Man darf nicht den Eindruck erwecken, die Probleme rund um das Elektroauto seien rasch zu lösen."

Toyota-Deutschlandchef Alain Uyttenhoven: "Man darf nicht den Eindruck erwecken, die Probleme rund um das Elektroauto seien rasch zu lösen."

(Foto: Foto: Thomas Bauer/Toyota)

SZ: Herr Uyttenhoven, Toyota war immer das Vorbild für die Autoindustrie. Nun werden Sie noch erheblich stärker als bisher gedacht von der Krise getroffen und erwarten einen Milliardenverlust. Was ist los?

Uyttenhoven: Wir sollten nicht schwarzmalen. Toyota hat natürlich nicht seine Produktionskompetenz verlernt. Der Markt kommt irgendwann zurück. Die Menschen werden nicht auf individuelle Mobilität in der Zukunft verzichten.

SZ: Falls es die Autoindustrie bis dahin noch gibt.

Uyttenhoven: Es sind jetzt zwei starke, negative Effekte zusammengekommen. Die Automärkte brechen zusammen, und zum ersten Mal geschieht das weltweit gleichzeitig. Das trifft alle in der Industrie. Auch wir können jetzt nicht erst Autos produzieren und dann einfach hoffen, dass Kunden sie kaufen werden.

SZ: Der zweite Effekt?

Uyttenhoven: Toyota verkauft zwar 1,6 Millionen Autos in Japan, aber Nordamerika ist mit rund 2,5 Millionen Autos für uns am wichtigsten. Hier lief bekanntlich viel über Leasingverträge. Sogar die Raten wurden teilweise über Kredite finanziert. Das funktioniert nun nicht mehr.

SZ: Ein weiteres Problem ist der Kursanstieg der japanischen Währung, der dafür sorgt, dass Toyota an den in Japan hergestellten und dann exportierten Autos weniger verdient.

Uyttenhoven: Ja, das ist ein dritter wichtiger Punkt. Vom schwachen Yen der Vergangenheit hat Toyota sicher profitiert, nun wird Toyota aber überproportional belastet durch über 40 Prozent Nachteil allein durch die Währung.

SZ: Für Toyota sieht es auch in Europa nicht gut aus.

Uyttenhoven: Unser relativ schlechtes Ergebnis hatte auch damit zu tun, dass wir im letzten Jahr kaum Neueinführungen hatten. Erst in diesem Jahr ändert sich das mit sechs neuen und sechs überarbeiteten Modellen sowie neuen, verbrauchsarmen Motoren.

SZ: In Deutschland ist der Marktanteil mit 3,1 Prozent doch sehr gering?

Uyttenhoven: Das letzte Aufschwungjahr war 2006. Da hatten wir 4,2 Prozent Marktanteil erreicht. Dann kam die Erhöhung der Mehrwertsteuer und die Nachfrage sank, trotzdem konnten wir den Marktanteil halten. Im vorigen Jahr erwarteten wir auch schon vor dem Zusammenbruch von Lehman Brothers, dass der Automarkt in Europa um drei bis vier Prozent schrumpfen würde und wir das Jahr zur Vorbereitung auf das Premierenjahr nutzen würden. Das heißt, Platz schaffen für die neuen Autos. Jetzt haben wir eine saubere Situation für die sechs neuen Modelle, die wir in diesem Jahr in Deutschland herausbringen.

SZ: Was verstehen Sie unter einer sauberen Situation?

Uyttenhoven: Unsere Händler haben alle Tageszulassungen abgebaut. Sie haben alle Vorführwagen verkauft und nicht durch neue ersetzt. Wir haben keine Geschäfte mit Autovermietern gemacht.

SZ: Das erklärt den enormen Rückgang 2008 bei den Neuzulassungen um 25 Prozent?

Uyttenhoven: 25 Prozent sagt die Zulassungsstatistik. Tatsächlich ist der Umsatz der Händler nur um zehn Prozent geschrumpft.

Lesen Sie auf der zweiten Seite, warum nach Meinung Uyttenhovens bislang verhältnismäßig wenige Toyota-Hybrid-Modelle in Deutschland abgesetzt wurden.

"Der Markt kommt irgendwann zurück"

SZ: Braucht Toyota Hilfe vom deutschen Staat?

Uyttenhoven: Wir haben keinen Antrag auf Staatshilfe in Form von Bürgschaften gestellt, auch nicht für unsere Toyota Kreditbank. Aber wir profitieren von den 2500 Euro Abwrackprämie.

SZ: Profitiert Toyota mehr als andere von der Prämie?

Uyttenhoven: Unsere Kunden sind überproportional im Privatmarkt zu finden. Da nur Privatkunden die Prämie in Anspruch nehmen können, profitieren wir vielleicht mehr als andere davon. Die Menschen, die jetzt zu uns kommen, orientieren sich vor allem an Autos, die relativ sparsam sind. Da sind wir sehr gut aufgestellt. Der Spritpreis ist zwar wieder niedriger, aber seit dem vergangenen Sommer wissen die Autofahrer, dass Benzin auch 1,50 Euro kosten kann. Da gibt es ein neues Bewusstsein.

SZ: Vom Prius und den drei Lexus-Hybrid-Modellen hat Toyota in Deutschland im vorigen Jahr gerade einmal 5400 Stück verkauft. Enttäuscht Sie das angesichts des Wirbels, der um die Kombination aus Verbrennungs- und Elektromotoren gemacht worden ist?

Uyttenhoven: Mit der Technologie im Prius definieren wir den Antrieb der Zukunft. Das Auto verkaufen wir schon seit 1997 in Japan und USA, seit 2000 in Deutschland. Weltweit sind 1,7 Millionen Hybrid-Autos von Toyota unterwegs.

SZ: Offenbar aber nur wenige in Deutschland?

Uyttenhoven: Hier spielt der Diesel-Motor eine starke Rolle, was in Asien und Amerika nicht der Fall ist. Deshalb ist der Prius in diesen Regionen erfolgreicher als in Deutschland. Allerdings: Beim hohen Benzinpreis im Sommer konnten wir unsere Verkäufe verdreifachen. In Europa haben wir 2008 die Anzahl der Hybridautos verdoppelt. Das zeigt: Wir bewegen uns in die richtige Richtung.

SZ: BMW verteilt gerade 500 elektrische Minis in den USA. Wann kann man denn ein Elektroauto von Toyota kaufen?

Uyttenhoven: Toyota hatte schon 1998 den Freizeitwagen RAV als Elektroauto. Es gab eine Flotte mit 500 Fahrzeugen. Sie wurde zu Langzeittests auf drei Kontinenten verleast. Aber die Batterietechnik war noch nicht alltagstauglich. Jetzt haben wir zehn Jahre mehr Erfahrung. Alle Komponenten eines Elektroautos stecken auch in einem Hybridauto. Man darf nicht den Eindruck erwecken, die Probleme rund um das Elektroauto seien rasch zu lösen. Das dauert noch. Wir haben jetzt ein Konzeptauto vorgestellt, das man ab 2012 kaufen kann.

SZ: Das Elektroauto ist also noch keine Lösung für die aktuellen Probleme. Wann hört Ihrer Ansicht nach die Krise auf?

Uyttenhoven: In Amerika gab es viele Menschen, die an neue Autos kamen, obwohl sie das Geld dafür nicht hatten. Sie werden auf Autos verzichten müssen. In Japan hält wie in Deutschland mehr eine Vertrauenskrise die Menschen davon ab, sich ein Auto anzuschaffen.

SZ: Hilft das deutsche Konjunkturpaket?

Uyttenhoven: Die Regierung hat einen richtigen Schritt gemacht mit der Abwrackprämie. Sie hat außerdem Klarheit geschaffen bei der CO2-basierten Kfz-Steuer. Das begrüßen wir. Mit den Maßnahmen könnten es in diesem Jahr nun doch 2,85 Millionen Neuzulassungen in Deutschland werden, woran wir schon nicht mehr geglaubt hatten.

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