Daimler AG:Achleitner steigt aus

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Im Aufsichtsrat des Stuttgarter Autobauers wird ein Platz frei. Das löst neue Spekulationen über die Personalie Dieter Zetsche aus.

Von Stefan Mayr, Stuttgart

Es kommt Bewegung in die Führungsriege des angeschlagenen Daimler-Konzerns. Allerdings nicht, wie von kritischen Analysten erwartet, im Vorstand. Sondern, etwas überraschend, im Aufsichtsrat. Paul Achleitner stellt sich bei der kommenden Hauptversammlung im April nicht zur Wiederwahl. Konzernkreise bestätigen, dass der 63-Jährige nach zehn Jahren im Amt Platz für einen anderen Aufseher macht. Damit löst er sogleich weitere Spekulationen aus. Vor allem zur Personalie Dieter Zetsche.

Eigentlich ist der ehemalige Vorstandschef Zetsche als nächster Oberaufseher vorgesehen, nach einer zweijährigen Abkühlphase soll er den Job übernehmen. So hat es der Aufsichtsrat im Geschäftsbericht 2018 offiziell verkündet. Aber etliche Aktionärsvertreter erachten das als keine gute Idee mehr angesichts der miserablen Geschäftsentwicklung im vergangenen Jahr plus zusätzlicher Rückstellungen wegen der ungeklärten Diesel-Altlasten, die Zetsche hinterlassen hat. "Seine Rückfahrkarte ist abgelaufen", sagt Marc Tüngler von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). Er sieht in Achleitners Verzicht "ganz neue Optionen" für den Aufsichtsrats-Chef Manfred Bischoff, einen neuen Mann oder eine neue Frau als Nachfolger aufzubauen. Tüngler: "Gut möglich, dass sich Herr Bischoff bewusst einen Plan B gestaltet hat: Er hält sich die Option Zetsche offen - und baut parallel jemanden auf, ohne es sich mit seinem Buddy Zetsche zu verscherzen."

Daimler selbst sagt zu all diesen Spekulationen nichts, es gibt nicht mal eine offizielle Bestätigung von Achleitners Verzicht. Sicher ist nur, dass der 77-jährige Bischoff sein Amt 2021 niederlegen wird - und dass er sein Amt bislang gerne an seinen Weggefährten Zetsche übergeben wollte.

Analyst Muders fordert auch einen Umbau im Top-Management

Analyst Michael Muders von Union Investment kritisiert diesen Plan scharf: "Zetsche darf auf keinen Fall Aufsichtsratsvorsitzender werden und meiner Meinung nach auch nicht in den Aufsichtsrat aufrücken." Zetsche sei "der Hauptverantwortliche" für die "katastrophale" Lage des Stuttgarter Autobauers. Er habe es "verpasst, frühzeitig die Restrukturierung anzupacken" und "die Marktentwicklung falsch eingeschätzt". Außerdem gebe es "Zweifel im Markt" an Zetsches Statement nach Bekanntwerden des Dieselskandals bei VW, dass es keine illegalen Abschalt-Einrichtungen bei Daimler gebe.

Auch Aktionärsschützer Marc Tüngler wünscht sich, dass 2021 "ein frisches, unbelastetes, neues Mitglied" den Aufsichtsratsvorsitz übernimmt. "Vielleicht sogar jemanden mit anderen Kompetenzen wie etwa im Software-Bereich." Union-Analyst Muders wünscht sich dagegen jemanden "mit Automobilexpertise und Restrukturierungskompetenz." Weil Daimler mehrere schwere Jahre vor sich habe, brauche der Konzern jemanden, der schon mal eine Restrukturierung gemanagt habe.

Angesichts der schlechten Zahlen und Aussichten fordert Muders auch einen Umbau im Vorstand: Das Management habe die Probleme zwar erkannt, "aber es müsste ganz anders zur Sache gehen und auch einige Positionen im Vorstand selbst in Frage stellen". Danach sehe es bislang aber nicht aus. Zuletzt habe Daimler-Chef Ola Källenius zwar angekündigt, wie bisher könne es nicht weitergehen. "Aber", kritisiert Tüngler, " mit seinen Taten signalisiert er: Weiter so."

© SZ vom 18.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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