Köln:JVA-Mitarbeiter sollen Gefangene fotografiert und beleidigt haben

JVA Köln Ossendorf Gefängnis Mitarbeiter

Ein Sicherheitszaun der JVA Köln-Ossendorf.

(Foto: dpa)
  • Mitarbeiter der JVA Köln-Ossendorf sollen Inhaftierte fotografiert und später in Chatgruppen beleidigt haben.
  • Ermittler von Polizei und Staatsanwaltschaft überprüfen derzeit die knapp 90 Gigabyte Chatverlauf.
  • Einem Mitarbeiter wurde bereits fristlos gekündigt, die beiden anderen haben Aufhebungsverträge unterzeichnet.

Bedienstete der Justizvollzugsanstalt in Köln sollen in einer Chatgruppe heimlich aufgenommene Fotos von Inhaftierten und Kollegen geteilt und beleidigend kommentiert haben. Die Vorwürfe richten sich derzeit gegen drei Bedienstete, wie JVA-Leiterin Angela Wotzlaw am Dienstag sagte. Die Bilder sollen die Beschäftigten mit herabwürdigenden Kommentaren versehen haben.

"Das ist an Menschenverachtung kaum zu überbieten", sagte Wotzlaw der Deutschen Presse-Agentur. Derzeit werde der 90 Gigabyte umfassende Chat mit Fotos, Audiodateien und Kommentaren ausgewertet. Zuvor hatte der Kölner Stadt-Anzeiger über den Fall berichtet. Einem Beschäftigten sei fristlos gekündigt worden, die beiden anderen hätten Aufhebungsverträge unterzeichnet, erklärte Wotzlaw.

Zudem stünden drei weitere Bedienstete im Fokus, die in dem Chat mitgelesen und die diffamierenden Inhalte nicht gemeldet haben sollen. Sie seien weiter im Dienst, sagte Wotzlaw. Es sei nicht ausgeschlossen, dass noch weitere Beschäftigte beteiligt seien. "Wir müssen erst einmal alles auswerten."

Der Fall kam nach Angaben der Anstalt im November durch Polizeiermittlungen gegen einen der JVA-Beschäftigten ins Rollen. Dabei handele es sich um den mittlerweile fristlos gekündigten Ex-Mitarbeiter. Der Vorwurf: Er habe unerlaubt Gegenstände in die Anstalt geschmuggelt. Die Polizei habe das Handy des Mannes beschlagnahmt und ausgewertet. Dabei seien die Ermittler auf den kompromittierenden Chat gestoßen. Die Daten wurden der JVA den Angaben zufolge Ende Januar übergeben, seit etwa einer Woche laufe die Auswertung. Polizei und Staatsanwaltschaft machten zu dem Vorgang zunächst keine Angaben. Das NRW-Justizministerium sei informiert.

An sich sei eine Chatgruppe ja nichts Verwerfliches, betonte Wotzlaw. In diesem Fall sei aber ein Sprachgebrauch gepflegt worden, den sie für "nicht tolerierbar" halte. Auf herabwürdigende Weise sei über Gefangene und Kollegen gesprochen worden. Und: Viele Inhalte mussten in der Anstalt selbst entstanden sein. Privathandys sind hinter den Gefängnismauern aber grundsätzlich verboten - auch für Mitarbeiter. Man habe für ein derartiges Verhalten "überhaupt kein Verständnis", sagte der NRW-Vorsitzende des Bundes der Strafvollzugsbediensteten Deutschlands, Ulrich Biermann.

Das Justizministerium Nordrhein-Westfalens erklärte, die im Raum stehenden Vorwürfe seien "inakzeptabel". Man erwarte nun eine Aufklärung "mit Hochdruck", sagte der Sprecher der Landesjustizvollzugsdirektion, Marcus Strunk. Das Ministerium habe der JVA daher auch einen Mitarbeiter zur Unterstützung geschickt. Er soll bei der Auswertung helfen. Nach Angaben der JVA-Leitung war bis zum Dienstag erst ungefähr die Hälfte des Chats überprüft.

Die JVA Köln-Ossendorf auch bekannt als "Klingelpütz" - ist mit 1200 Haftplätzen nach eigenen Angaben die größte geschlossene Justizvollzugsanstalt in Nordrhein-Westfalen. Sie hat etwa 500 Mitarbeiter. In ihrem Leitbild heißt es: "Die Inhaftierten werden menschenwürdig untergebracht und behandelt. Nähe und Distanz werden von uns beachtet. Ihre Persönlichkeitsrechte werden gewahrt."

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